Magdalena Springeth: „Gemeinsames Arbeiten zum Wohle der Gesellschaft“

Wie gestaltet man als Frau die Zukunft einer Bank mit? Magdalena Springeth, Verwaltungsrätin der Raiffeisenkasse Bozen, erzählt von ihren Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolgen – und warum es sich lohnt, Verantwortung zu übernehmen und die eigene Stimme einzubringen.

Wie ist es zu Ihrem Engagement im Verwaltungsrat der Raiffeisenkasse Bozen gekommen?
Magdalena Springeth: Der Obmann der Raiffeisenkasse hat mich gefragt. Es hat einen Impuls gebraucht, obwohl mich die Welt der Banken schon vorher angesprochen und interessiert hat.

Vielen Frauen geht es so. Gehen Männer das selbstsicherer an?
Kann sein, aber ich weiß es nicht. Ich habe mir jedenfalls viele Gedanken gemacht, ob ich geeignet bin und ob ich das schaffe. Doch ich bin froh, dass ich den Schritt gewagt habe, denn die Tätigkeit gefällt mir sehr.

Und wie geht es Ihnen in dieser Führungsposition?
Gut, denn auch das Feedback ist positiv. Meine Fragen werden ausführlich und gewissenhaft beantwortet und einige meiner Vorschläge werden angeregt diskutiert. Ich fühle mich ernst genommen. Abgesehen davon gefällt mir die genossenschaftliche Idee, die hinter jeder Raiffeisenkasse steht, und es ist schön, die Zukunft der Bank mitzugestalten und etwas zu bewegen. Trotz sehr guter Fortbildungsangebote ist es aber oft nicht einfach, den Überblick über das komplexe Regelwerk der Banken zu behalten.

Haben Sie das Gefühl, Macht zu haben?
Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Wenn ich mitbestimme, bin ich Teil des Gremiums, gleichberechtigt wie die anderen, und mir meiner Verantwortung bewusst. Ich möchte meine Arbeit gewissenhaft ausüben und alle Entscheidungen gut abwägen. Ich habe nicht das Gefühl, Macht über jemanden oder etwas zu haben. Es ist ein gemeinsames Arbeiten zum Wohle der Genossenschaft.

Was begeistert Sie an der Arbeit im Gremium?
Der Austausch mit den anderen Verwaltungsräten, den Aufsichtsräten, der Direktion oder den Mitarbeitern. Die unterschiedlichen Hintergründe, Erfahrungen und Fachkenntnisse und Ideen sind eine große Bereicherung.

Was bedeutet Führung für Sie?
Führung bedeutet für mich, Verantwortung zu tragen. Das heißt, jede Entscheidung ernst zu nehmen, gut abzuwägen, verschiedene Blickwinkel zu berücksichtigen und gründlich sowie gewissenhaft zu handeln.

Mit dem Ziel…
Die Genossenschaft – gemäß den statutarischen Vorgaben der Raiffeisenkasse – gut zu leiten, damit sie sich auch in Zukunft erfolgreich entwickelt.

Und wenn Sie heute etwas für die Raiffeisenkasse umsetzen könnten?
Mir fällt dabei besonders das Thema finanzielle Bildung ein. Es wäre wichtig, dieses stärker zu fördern und gezielt entsprechende Veranstaltungen zu organisieren. Darüber hinaus halte ich es für sinnvoll, Angebote speziell für Frauen weiter auszubauen, um ihr Interesse an finanziellen Themen zu stärken. Viele Frauen zögern noch, oft aus Unsicherheit oder Angst – dabei bin ich überzeugt, dass Frauen in Finanzfragen über genau die gleichen Fähigkeiten und Stärken verfügen wie Männer.

Sind Sie selbst jemand, der sich für Finanzen interessiert?
Ja, aber ich würde mich nicht als Expertin bezeichnen. Ich kümmere mich selbst um meine eigene finanzielle Situation und treffe bewusst meine eigenen Entscheidungen: Ich informiere mich, wäge meine Schritte sorgfältig ab und versuche mir der Risiken bewusst zu sein.

So werden Sie zum Vorbild für die nachfolgende Generation?
Ich versuche meinen Kindern, auch wenn sie noch klein sind, ein Vorbild zu sein und Werte vorzuleben. Besonders stolz macht es  mich, wenn mir mein Sohn aus der dritten Klasse erklärt, wie eine Bank funktioniert, und ich sehe, dass er die Grundprinzipien bereits verstanden hat. Mein Wunsch ist, dass alle meine Kinder selbstständig werden, mitdenken, ihre Entscheidungen bewusst treffen und nicht von anderen abhängig sind – vor allem auch meine beiden Töchter. Natürlich kann man sich mit einem Bankberater austauschen, aber die Verantwortung sollte man nicht abgeben, schon gar nicht allein dem Partner.

Welche weiteren Ziele sehen Sie gerade in Zeiten von Digitalisierung und alternativen Geldanlagemöglichkeiten?
Die Digitalisierung birgt viele Herausforderungen, aber auch große Chancen. Bankgeschäfte können durch funktionierende Apps und digitale Tools deutlich schneller und mit geringerem Zeit- und Materialaufwand erledigt werden. Gleichzeitig entstehen in der digitalen Welt immer wieder neue Gefahren, etwa durch Hackerangriffe, Datenschutzverletzungen, technische Ausfälle oder Online-Kriminalität. Diesen gilt es bereits im Vorfeld durch gezielte Aufklärung und effektive Prozesse entgegenzuwirken. Für kleine Banken sind die digitalen Herausforderungen aufgrund begrenzter Strukturen und Ressourcen besonders groß. Bei den Geldanlagen sollte unser Ziel sein, den derzeitigen Trend zu ökologischen und ethischen Investments zu nutzen und Menschen zu ermutigen, auch bei Finanzentscheidungen Verantwortung zu übernehmen.

Wie gelingt Ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Ohne die Unterstützung meiner Familie – insbesondere meines Mannes, aber auch meiner Eltern, Schwiegereltern und Geschwister – wäre die Vereinbarkeit von Familie und meiner Tätigkeit als Verwaltungsrätin kaum möglich. Viele Frauen stehen vor denselben Herausforderungen. Mein Engagement für die Raiffeisenkasse wird aber dadurch erleichtert, dass Sitzungen am späten Nachmittag oder abends stattfinden und sich mein freiberuflich tätiger Partner dafür frei nehmen kann und sich in dieser Zeit zu Hause um unsere Kinder kümmert.

War Ihnen Ihr Frausein jemals im Weg?
In beruflicher Hinsicht war mein Frausein sicherlich manchmal ein Hindernis, insbesondere durch die Kinder. Ich habe mich bewusst für eine Familie entschieden, auch wenn mir klar war, dass dies meinen beruflichen Weg beeinflussen würde. Ohne Kinder wäre dieser vermutlich anders verlaufen, aber ich bereue diese Entscheidung nicht. Ich schätze die Balance, die ich heute gefunden habe, sehr.

Sie sehen die Arbeit im Gremium somit als Ausgleich?
Ja, absolut. Die Arbeit im Gremium ist für mich von Beginn an ein bereichernder Ausgleich gewesen. Ich engagiere mich gerne und habe mich auch sehr über meine Wiederwahl gefreut.

Wie stehen Sie zur Frauenförderung?
Frauenförderung halte ich für wichtig. Frauen sollte man aktiv ansprechen und motivieren, denn während Männer oft von sich aus Initiative ergreifen, brauchen Frauen manchmal einen kleinen Anstoß. In der Bank versuche ich mich für Frauen einzusetzen. Ich unterstütze Vereinbarkeit, damit Frauen den Weg in Führungspositionen einschlagen können, wenn es ihren Interessen entspricht und in ihre Lebensplanung passt. Frauen bringen einen Mehrwert ins Gremium. Sie haben oft ein gutes Gespür für Teamdynamiken und soziales Engagement, gute Kommunikations- und Zuhörfähigkeiten und neigen dazu, Entscheidungen unter Berücksichtigung langfristiger Konsequenzen zu treffen. Frauen tragen zusammenfassend dazu bei, dass Gremien ausgewogener, empathischer, innovativer und zukunftsorientierter agieren.

Was würden Sie jemandem sagen, der sich überlegt, für ein Gremium tätig zu werden?
Man sollte es unbedingt probieren, wenn echtes Interesse besteht.

Und was nehmen Sie aus der Arbeit im Gremium mit?
Sehr viel. Ich lerne viele Menschen und neue Perspektiven kennen, erweitere mein Netzwerk und profitiere vom Austausch über verschiedene Meinungen. Es ist auf jeden Fall eine persönliche Bereicherung, die weit über das Fachliche hinausgeht.

Haben Sie ein Vorbild?
Nein, ein einzelnes, besonderes Vorbild hatte ich nicht. Vielmehr durfte ich im Laufe meines Lebens mehrere Menschen kennenlernen, die meines Erachtens Besonderes leisten, sei es im Beruf, im Sport oder im sozialen Engagement. Von ihnen konnte ich mir einzelne Eigenschaften oder Haltungen zum Vorbild nehmen und dadurch haben sie mein Leben geprägt. Besonders hervorheben möchte ich aktuell meine Schwester Angelika, die kürzlich für ihr bemerkenswertes soziales Engagement ausgezeichnet wurde: Ihr Einsatz ist für mich inspirierend.

Folgen Sie einem Lebensmotto?
Ein Spruch, der mir besonders gefällt, lautet: „Der Weg ist das Ziel.“ Er erinnert mich daran, den Moment zu genießen, jeden Tag mein Bestes zu geben und auch schwierige Situationen bewusst zu meistern. Nicht nur das Endergebnis zählt, sondern die Schritte, die man unternimmt, um dorthin zu gelangen. Ein weiteres Motto von mir: „Wer das Kleine nicht ehrt, ist des Großen nicht wert“. Auch ein kleines Blümchen am Waldesrand oder andere Kleinigkeiten verdienen Beachtung – nur so kann das Große geschätzt und gut gemeistert werden. Da sehe ich Parallelen zur Raiffeisenwelt: viele Menschen, die gemeinsam etwas voranbringen.

Und wo finden Sie Kraft?
Sport ist mir sehr wichtig, auch wenn ich aktuell nicht so oft dazu komme, wie ich es gerne würde. Er hilft mir, Energie zu tanken und Kraft zu schöpfen. Außerdem genieße ich es, Zeit in der Natur zu verbringen, da sie mir einen wertvollen Ausgleich zum Alltag bietet.

Gibt es eine Botschaft, die Sie noch loswerden möchten?
Mir ist wichtig zu betonen, wie wertvoll Engagement und Vielfalt in Gremien sind. Jede Person kann etwas einbringen – unterschiedliche Perspektiven bereichern Entscheidungen und stärken die Gemeinschaft. Insbesondere Frauen möchte ich - unabhängig von Quoten - ermutigen, sich einzubringen und ihre Kompetenzen sichtbar zu machen. Gemeinsam können wir viel bewegen und positive Impulse setzen.

Vielen Dank für das Gespräch!