Siglinde Pircher Unterkofler: „Eine Frau kann alles.“

Als einzige Frau im 14köpfigem Gremium, stimmt Siglinde Pircher Unterkofler im Verwaltungsrat von Mila Bergmilch Südtirol mit, seit drei Amtsperioden. Im Hauptberuf Bäuerin, betreibt sie zusammen mit ihren Mann und ihren Eltern den Kreuzweger-Hof in Jenesien. Als die zweite von drei Töchtern hat sie den Bauernhof übernommen. Warum sie im Verwaltungsrat mitarbeitet, erzählt sie im Interview mit Raiffeisen Nachrichten.

Raiffeisen Nachrichten: Was hat Sie dazu bewogen im Verwaltungsrat bei Mila Bergmilch Südtirol mitzuarbeiten?

Siglinde Pircher Unterkofler: „Ein sehr netter Mensch aus der Führungsmannschaft der Bergmilch hat mich gefragt und aufgefordert dieses Amt zu übernehmen. Anfänglich hatte ich Angst unterzugehen zwischen all den Männern. Ich habe jedoch die Gelegenheit genutzt und das Amt übergenommen.

Wie schaut die Arbeit im Gremium aus?

Siglinde Pircher Unterkofler: Wir treffen uns meist einmal im Monat zu einer Sitzung, tauschen uns aus, sprechen über anstehende Probleme im Betrieb, über die Geschäftssituation und wenn Dinge zu beschließen sind, stimmen wir als Vorstände ab. Jeder kann seine Meinung abgeben. Und wenn es sinnvoll ist, kommt man auch durch. Die Bauern in diesem Gremium sind alles Individuen, jeder macht die Arbeit zu Hause anders und hat andere Anschauungen. Für alle geht es nie gut.

Wie bringen Sie sich ein?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ich bin eher zurückhaltend, nicht so aufbrausend. In den drei Perioden, in denen ich jetzt dabei bin, ging mir das meiste gut, muss ich sagen. Auch das Projekt Tierwohl, das gerade läuft. Wir haben erst vor drei Jahren den Stall umgebaut. Ich bin eine Bäuerin, die auf Nachhaltigkeit schaut und komme deshalb gut zurecht.

Was fällt Ihnen besonders leicht?

Siglinde Pircher Unterkofler: Die Arbeit im Gremium fällt mir leicht. Hinzugehen, mitzuhören, ich bekomme mit, was alles läuft und wie komplex der ganze Betrieb ist. Viele Bauern fragen sich, wieso wir für unsere Milch nicht mehr bekommen, aber wenn man Einblick in den Betrieb hat, dann versteht man besser, warum alles so ist, wie es ist.

Was war für Sie die bisher größte Herausforderung?

Siglinde Pircher Unterkofler: Am ehesten noch der Umbau zu Hause, sich für einen Laufstall zu entscheiden, ohne zu wissen, wie das sein wird mit Grauvieh, das noch Hörner hat. Aber wenn man Geduld hat und das Ziel im Auge behält, dann passt es. Zusammen mit der Familie und einen starken Partner, den ich wirklich habe, geht es gut. Der Umbau hat sich bezahlt gemacht.

Woher nehmen sie die Kraft und Begeisterung für den doch harten Alltag?

Siglinde Pircher Unterkofler: Der Alltag ist nicht so hart, wie das oft klingt. Die positiven Seiten überwiegen. Auf einem Hof hängt man halt sehr. Ich kann nicht einfach in den Urlaub fahren. Das fehlt mir ab und zu, ansonsten bin ich mein eigener Chef und arbeite in der Natur. Wir haben es uns am Hof so eingerichtet, dass wir es fein haben. Heute halten wir 45 Großvieh Einheiten von den Kälbern bis zu den Kühen. Es ist einfach schön in der Natur mit Tieren zu arbeiten, das beruhigt.

Sie finden noch Zeit im Gremium mitzuarbeiten?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ja leicht. Das ist kein Thema, für das was man will, hat man immer Zeit. Das ist nur Einteilung.

Mit welchen drei Eigenschaften würden Sie Ihre Persönlichkeit beschreiben?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ich bin sehr genau, oft fast pingelig, sei es im Haushalt und im Stall sowieso, das ist vorrangig. Ich bin auch zielstrebig und ich bin ein lebensfroher Mensch.

Was bedeutet Macht für sie?

Siglinde Pircher Unterkofler: Wenn jemand imstande ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Wenn das jemand im Alleingang kann, dann hat er Macht.

Beziehen Sie das auch auf sich selbst?

Siglinde Pircher Unterkofler: Nein.

Wollen Sie damit sagen, dass Sie nicht mächtig sind?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ja, nicht im Alleingang. Bei wichtigen Entscheidungen bin ich froh, wenn mir jemand zur Seite steht. Vielleicht, weil ich es gewohnt bin, immer jemand zu haben, den ich um Rat fragen kann.

Was gibt Ihnen das Gefühl stark zu sein?

Siglinde Pircher Unterkofler: Wenn man ein Ziel erreicht hat, das gut funktioniert und der Betrieb gut läuft und man sieht, dass man etwas erreicht hat. Davon kann man zehren. Zum Beispiel die Investition in den Laufstall oder für die Bewässerung: In Zukunft haben wir ein eigenes Wasser über eine Wasserleitung aus dem Sarntal. Das ist etwas ungeheuer Wertvolles. Ich bin bereit Geld in die Hand zu nehmen und zu sparen, wenn ich weiß, davon profitiert auch die nachfolgenden Generation, das macht stark.

Hatten sie das Gefühl, dass Frausein Ihnen bisher im Leben im Wege stand?

Siglinde Pircher Unterkofler: Nein nie, ich war von klein auf immer diejenige, die alles gemacht hat und vor nichts zurückgeschreckt ist. Wir sind drei Mädchen, es gab keine Buben. Frauen dürfen nur nicht denken, das kann ich nicht. Eine Frau kann alles.

Von welchen Menschen fühlen Sie sich inspiriert?

Siglinde Pircher Unterkofler: Von Menschen, die viel geleistet haben, eine hohe Position haben und doch mit beiden Füssen auf dem Boden geblieben sind.

Machen sie aktiv etwas, um andere Frauen ins Boot zu holen?

Siglinde Pircher Unterkofler: Eigentlich nicht.

Weil…

Siglinde Pircher Unterkofler: Weil mir spontan niemand einfällt. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.

Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die sich überlegen in solchen Gremien mitzuarbeiten?

Siglinde Pircher Unterkofler: Unbedingt dabei sein, denn es ist interessant. Frauen sollen unbedingt die Schneid haben, mitzumachen und sich anzuhören, wie das alles läuft.

Und wenn sich Frau das nicht zutraut?

Siglinde Pircher Unterkofler: Tja, man muss es einfach probieren, Mut zeigen, hingehen. Man bekommt einen anderen Einblick und versteht viele Dinge besser. Ich empfehle das jeder.

Was macht Sie glücklich?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ich bin glücklich, dass ich auf so einem schönen Platz wohnen darf mit meiner Familie, meine Eltern sind auf dem Hof, wir wohnen aber auf dem Hof meines Mannes und das ist superfein. Wir leben in Frieden, sind gesund und können alle zusammen auf einem wunderschönen Hof arbeiten. Ein größeres Glück kann man fast nicht haben. Da macht es mir auch nichts aus, wenn ich jetzt 3 Jahre nicht im Urlaub war, ich habe ein Paradies zu Hause, ich brauche das nicht unbedingt.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Siglinde Pircher Unterkofler: „Hab Sonne im Herzen!“ Dann geht alles leichter in jeder Hinsicht. Man kann jeden Menschen, der noch so zornig ist, zum Nachdenken bringen, wenn man lacht und ein nettes Wort für ihn hat.

Gibt es zum Abschluss noch eine Botschaft, die Sie anderen Frauen mitgeben möchten?

Siglinde Pircher Unterkofler: Frauen sollen sich einfach trauen. Es wäre angenehm, wenn noch eine Frau im Gremium wäre. Die müsste man suchen und ansprechen. Ich habe mich überreden lassen, es war ein harter Schritt und ich habe mich auch nicht so leichtgetan. Man darf nicht immer zaghaft sein und muss oft einfach auch die Gelegenheit beim Schopf fassen. Mir hat das viel gebracht.

Sie würden die Entscheidung noch einmal treffen?

Siglinde Pircher Unterkofler: Ja. Ganz sicher.

Vielen Dank für das Gespräch!