Sonja Abrate - authentisch, direkt und ehrlich

Sonja Abrate führt seit Kurzem das Ökoinstituts als neue Geschäftsführerin. Im Interview verrät sie, was ihr dabei wichtig ist.

Raiffeisen Nachrichten: Sie arbeiten bereits seit 15 Jahren beim Ökoinstitut und stehen dem Betrieb nun als Leiterin vor. Was wird sich unter Ihrer Führung ändern?

Sonja Abrate: In erster Linie möchte ich weiterführen, was wir bisher gemacht haben. Wir sind auf einem guten Weg. Das heißt also konsolidieren, uns gut aufstellen, vielleicht auch ein bisschen größer werden, damit wir die zahlreichen Projekte gut abwickeln können.

Seit der Energiekrise ist die Nachfrage im Bereich Klimaschutz und Energie deutlich gestiegen. Auch im Bereich zukunftsfähiges Wirtschaften arbeiten wir sehr gut. Diesen Bereich haben wir, auch zusammen mit dem Raiffeisenverband, in den letzten Jahren stark ausgebaut. Da geht es um Nachhaltigkeitsberichte und Nachhaltigkeitsstrategien für Tourismusdestinationen oder Betriebe, die sich für die Zertifizierung vorbereiten oder die Berechnung des CO2-Fußabdruckes. Der Bereich Mobilität hingegen läuft im Moment eher bei anderen Themen mit als Unterthema von Klimaschutz oder nachhaltigem Lebensstil.

Auch die Umweltbildung wird eines unserer Schwerpunktthemen bleiben, weil die Transformation der Gesellschaft, die Veränderung der Einstellungen schon bei Kindern passieren muss. Das Schöne daran ist, dass man mit Kindern Umweltthemen spielerisch und auf emotionaler Ebene mit Spaß und Freude erarbeiten kann.

Welche Themen sind Ihnen persönlich wichtig?

Sonja Abrate: Den Bereich nachhaltige Lebensstile habe ich zusammen mit den Kolleginnen gut aufgebaut und daher liegt er mir sehr am Herzen. Daneben finde ich Netzwerken wichtig. Mit der Umwandlung des Ökoinstituts in eine Genossenschaft hat meine Vorgängerin, Irene Senfter, eine gute Vision gehabt. Die Genossenschaft ist eine Form, die sehr gut zu uns passt. Und die möchte ich nun breiter aufstellen. Dazu gehört auch, dass wir gerne einen Fachbeirat einrichten möchten, damit das Ökoinstitut auch in Zukunft seiner bisherigen Rolle gerecht wird: nämlich Innovation und neue Ideen nach Südtirol zu holen - vor allem aus dem deutschsprachigen Ausland. Der Aufbau eines Beirates braucht sicher Zeit und Energie, aber das wird uns auf eine neue Ebene bringen.

Worin sehen Sie die Hauptaufgabe des Ökoinstitutes?

Sonja Abrate: Grundsätzlich sehen wir uns als Ansprechpartner für alle. Unsere Hauptaufgaben und gleichzeitig unser Erfolgsrezept ist, dass wir komplexe und schwierige Themen, so kommunizieren, dass alle etwas damit anfangen können. Wir übersetzen wissenschaftliche Erkenntnisse in Maßnahmen, die auch akzeptiert und angenommen werden. In zahlreichen Workshops, beispielsweise mit den Gemeinden, überlegen wir gemeinsam, wie man Menschen sensibilisieren und sie in einem positiven Sinne motivieren kann. Unser Ziel ist es, Veränderung, die es braucht, positiv zu vermitteln. Eine Veränderung im Lebensstil muss nicht immer etwas Schlechtes sein, sie bedeutet oft nur, Dinge anders zu sehen oder anders anzugehen.

Wo fällt Veränderung besonders schwer?

Sonja Abrate: Mobilität ist immer ein schwieriges Thema auch bei den motiviertesten Menschen. Wenn wir vorschlagen, das Auto wäre stehen zu lassen, ernten wir oft skeptische Blicke. Das ist auch nachvollziehbar, weil man das Gefühl hat, etwas von der persönlichen Freiheit zu verlieren und gerade im ländlichen Bereich sind die öffentlichen Verkehrsmittel nicht immer eine praktikable Alternative. Ich kanns verstehen: in der Stadt fahre ich mit dem Fahrrad, wann und wohin ich möchte, das klappt aber für größere Distanzen nicht so leicht. Wir vom Ökoinstitut fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu unseren Außenterminen, sofern das möglich ist und sonst mit einem Carsharing-Auto. Denn man kann nicht von etwas reden und es nicht selbst vorleben.

Ihr seid ein sehr weibliches Team, da ist Vereinbarkeit Familie und Beruf sicher ein Thema?

Sonja Abrate: Das gehört zu unserer Philosophie. Wenn wir rausgehen und über Nachhaltigkeit sprechen, gehört auch der soziale Aspekt dazu. Insgesamt sind wir schon kreativ, damit alle ihre Arbeit machen können und es schaffen Familie und Beruf zu vereinbaren. Das ist wichtig und muss möglich sein, aber klar, es ist nicht immer ganz einfach, wenn eine Kollegin, die schon gut eingearbeitet ist, schwanger wird und in Mutterschaft geht: dann fehlt sie einfach.

Was heißt Führung für Sie?

Sonja Abrate: Gemeinsam einen Plan zu haben und zu wissen, wohin es geht. Führung heißt auch alle auf dem Weg gut mitzunehmen und sie so einzubinden, dass sie den Plan akzeptieren oder auch sagen können, wieso nicht. Und dann eine Entscheidung treffen und in diese Richtung weitergehen. Das ist nicht ganz einfach, aber so würde ich das gerne machen.

Was bedeutet Macht für Sie?

Sonja Abrate: Mit Macht muss man gut umgehen. Man darf nicht Augen und Ohren verschließen und meinen, nur der eigene Weg sei richtig und dass man alles entscheiden kann. Man sollte nie vergessen, dass man auch Fehler machen kann.

Welches war Ihre bisher größte Herausforderung im Leben?

Sonja Abrate: Hm… ich mache viel Sport, ich laufe und fahre Rad, da habe ich immer Ziele, die ich mir setze. Einen Marathon zu laufen, war schon eine große Herausforderung, inzwischen laufe ich mehrere im Jahr. Doch auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war eine echte Herausforderung. Alle Frauen, die Part time arbeiten und Kinder haben wissen, was das bedeutet: Viele Stunden Arbeit, dann kommt man nach Hause, kocht und organsiert am Nachmittag noch den ganzen Haushalt. Das ist die Spitze an Arbeitspensum, die man haben kann. Gleichzeitig muss man geduldig sein und stößt recht schnell an Grenzen. Eigentlich ist mein derzeitiges Arbeitspensum gar nicht mehr so hoch wie damals. (lacht).

Wie würden Sie sich mit drei Eigenschaften beschreiben?

Sonja Abrate: Authentisch, direkt und ehrlich. Klar muss man mit diesen Eigenschaften gut umgehen können.

Was macht Sie glücklich?

Sonja Abrate: In der Natur draußen sein. Allein oder mit Menschen, das tut mir besonders gut. Auch das Laufen ist ein guter Ausgleich zur Arbeit. Da kommen die Gedanken in Fluss und danach ist der Kopf wieder frei.

Welches ist Ihr Lebensmotto?

Sonja Abrate: Hoffnung heißt nicht, dass eine Sache gut ausgehen muss, sondern, dass man weiß, man hat das Richtige getan.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Ökoinstitut

Im Jahr 1989 begründete der Visionär Hans Glauber das Ökoinstitut. Mit seinen innovativen Ideen und Konzepten überzeugte er Menschen in Politik und Gesellschaft von der Wichtigkeit der Themen „Klimaschutz“ und „Nachhaltigkeit“, in Südtirol und weit darüber hinaus.

Nach dem frühen Tod von Hans Glauber führte sein Freundeskreis dessen Lebenswerk weiter, bis hin zur erfolgreichen Umwandlung des Instituts in eine Genossenschaft und zur Mitgliedschaft beim Südtiroler Raiffeisenverband im Sommer 2018.