Sonstige Landwirtschaft
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Bäuerliche Direktvermarktung als Chance für landwirtschaftliche Betriebe

In einer neuen Studie hat das WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen erstmals die bäuerliche Direktvermarktung in Südtirol unter die Lupe genommen. Die Direktvermarktung von hofeigenen Produkten bietet Landwirten und Landwirtinnen eine Möglichkeit, den Hof in Vollerwerb zu bewirtschaften und die betriebliche Wertschöpfung zu erhöhen.

Südtirol zählt 455 landwirtschaftliche Betriebe, die eine große Palette verschiedenster Lebensmittel produzieren, verarbeiten und direkt vermarkten. Dabei halten sich die Produzenten, die vorwiegend Produkte aus der Haltung von Tieren (Käse und Milchprodukte, Fleisch und Fleischprodukte, Eier und Honig) vermarkten und jene, die vorwiegend Produkte aus pflanzlichem Anbau (Wein und andere alkoholische Getränke, frisches Obst und Gemüse, Eingelegtes/Eingemachtes usw.) vermarkten, in etwa die Waage.

Diese erwirtschafteten im Jahr 2019 einen Umsatz in Höhe von 44,7 Mio. Euro aus der Direktvermarktung, was durchschnittlich 98.400 Euro je Betrieb entspricht. Fast die Hälfte (20,6 Mio. Euro) entfielen auf Wein und andere alkoholische Getränke. Es folgten Käse und Milchprodukte mit 7,2 Mio. Euro und verschiedene Produkte aus pflanzlichem Anbau mit 6,1 Mio. Euro. Die Umsatzentwicklung der letzten fünf Jahre war bei allen Produktgruppen durchwegs positiv und zwei Drittel der Direktvermarkter konnten ihren Umsatz in diesem Zeitraum, bzw. seit Beginn der Tätigkeit, steigern.

Bei den Absatzkanälen setzten die meisten landwirtschaftlichen Betriebe auf den Ab-Hof-Verkauf. Zudem waren viele auf Bauernmärkten vertreten und boten Hauszustellungen an. Zwei Drittel des Umsatzes (29,9 Mio. Euro) entfielen auf den Verkauf an andere Betriebe (Gastronomiebetriebe, Einzel- und Zwischenhändler).

Die wichtigsten Gründe für den Einstieg in die Direktvermarktung sind die Erhöhung der Wertschöpfung am Hof, die Freude an der Verarbeitung von Produkten und die betriebliche Unabhängigkeit. Außerdem spielen die Möglichkeit, den Hof in Vollerwerb zu bewirtschaften und der direkte Kundenkontakt eine wichtige Rolle. Herausfordernd sind jedoch vor allem der sehr hohe Arbeitsaufwand, die gesetzlichen Vorschriften, die aufwändige Vermarktung der Produkte und die hohen Investitionskosten. Dazu kommt, dass sich die Kund*innen nicht nur eine konstant hohe Produktqualität, sondern auch schnelle Lieferzeiten erwarten.

Von der Politik und den Verbänden wünschen sich die Direktvermarkter vor allem mehr Unterstützung für die Sensibilisierung der Konsument*innen zum Kauf von regionalen Produkten und verstärkte Beratungsangebote in den Bereichen Vermarktung und rechtliche Regelungen.

54,2 Prozent der Produzierenden planen zukünftig den Ausbau der Direktvermarktung, vorwiegend durch Erhöhung der Produktionsmenge. Zudem würden zwei Drittel der Direktvermarkter anderen Landwirten und Landwirtinnen den Einstieg in die Direktvermarktung empfehlen.

Die WIFO-Studie 4.22 „Chance bäuerliche Direktvermarktung – Struktur, Herausforderungen und Ausblick“ liegt in der Handelskammer Bozen in gedruckter Form auf und steht auf der WIFO-Website zum Download bereit.