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Banca d’Italia über die wirtschaftliche Lage in Trentino-Südtirol

Im Rahmen der Reihe "Regional Economies" stellen Wirtschaftswissenschaftler und Vertreter der Banca d‘Italia jedes Jahr im Frühsommer den regionalen Wirtschaftsbericht der Banca d’Italia vor. Am 30. Juni stand der Konjunkturbericht von Südtirol und dem Trentino im Fokus, darin auch die Entwicklungen am heimischen Kredit- und Bankenmarkt.

Die für den regionalen Wirtschaftsbericht erhobenen Zahlen zeigen deutlich, dass die Folgen der Corona-Pandemie die Wirtschaft Italiens stark beeinträchtigt haben. Im Rahmen der Veranstaltung an der Universität von Trient sprachen die Expertinnen und Experten von der größten Krise seit den Weltkriegen. Vor allem die beiden Provinzen Trentino und Südtirol hätten unter den Folgen der Krise gelitten. Hier sank das Bruttoinlandsprodukt deutlicher als im gesamtstaatlichen Durchschnitt (minus 8,9 Prozent). In Südtirol ging das BIP um 11 Prozent zurück. Der Grund sei vor allem der Einbruch der Tourismusbranche im Jahr 2020. Aufgrund der vorzeitigen Beendigung der Wintersaison 2019/2020 und der ausgefallenen Wintersaison 2020/21 sanken die Übernachtungszahlen sowohl in Südtirol als auch im benachbarten Trentino im Vorjahr um mehr als ein Drittel.

Insgesamt spürten die einzelnen Wirtschaftssektoren die Folgen der Coronakrise ganz unterschiedlich. Der Bausektor profitierte in beiden Provinzen von der Wiederaufnahme der Tätigkeiten Ende 2020. Auch die Industrie erwies sich als eine stabile Säule der Wirtschaft. Das Investitionsklima blieb, aufgrund der unsicheren Lage, sowohl in Südtirol als auch im Trentino verhalten. Die Ertragskraft der Unternehmen, die 2019 auf einem historisch hohen Niveau lag, verzeichnete 2020 in Südtirol und im Trentino einen deutlichen Rückgang, vor allem bei den Dienstleistungs- und tourismusnahen Betrieben.

Über die Entwicklung im Finanzbereich sprach Antonio Accetturo, Banca d'Italia Zweigstelle Bozen: „Die Bankkredite an Unternehmen in der Provinz Trient sind um 3,9 Prozent und in Südtirol um 2,9 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung wurde durch die öffentlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen begünstigt, durch Zahlungsaufschübe und die Vergabe neuer Kredite mit Absicherung durch die öffentliche Hand", so Acceturo. Zu einem echten Überschuldungsproblem sei es jedoch nicht gekommen.

In den Jahren 2019 und 2020 stieg das Verhältnis zwischen Bankschulden der Unternehmen und BIP in beiden Provinzen um rund 8 Prozentpunkte, auf 63 Prozent im Trentino und 70 Prozent in Südtirol, bleibt aber im internationalen Vergleich weiterhin begrenzt. Was den Anteil notleidender Kreditpositionen betrifft, beobachtete die Notenbank 2020 keine großen Veränderungen. Das könnte sich 2021 noch ändern: Es gebe erste Anzeichen, dass es möglicherweise in den nächsten Quartalen zu einer Verschlechterung der Kreditqualität kommen könnte, so die Einschätzung der Banca d'Italia.

Die anwesenden Fachleute betonten jedoch, dass in jeder Krise auch eine Chance stecke. Besonders Innovator Massimo Andriolo verwies gegen Ende der Veranstaltung auf das große Potential für Südtirol und das Trentino in Bereichen wie Tourismus, Nachhaltigkeit, energieeffizientes Bauen und andere: „Wenn es gelingt diese Vorteile zu nutzen, können wir vertrauensvoll in die Zukunft blicken.“