Obst
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„Das Genossenschaftssystem bewährt sich“

Die Pandemiewelle flaut ab, mit den Lockerungen entspannen sich auch die Märkte. Im Interview blickt Georg Kössler, Obmann Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften VOG, auf die vergangenen Wochen der Krise zurück und betont, wie wichtig eine Dachorganisation für die Genossenschaften ist.

Raiffeisen Nachrichten: Wie geht es dem Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften VOG und wie haben Sie, als Obmann, die letzten Wochen und Monate erlebt?

Georg Kössler: Der Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften hat die Krisenzeit relativ unbeschadet überstanden, da die Vermarktung auf der Ebene des Lebensmittel-Einzelhandels weitergegangen ist. Lediglich der Bereich des Großhandels ist zunächst stillgestanden.

Haben sich die Preise verändert?

Georg Kössler: Anfänglich nicht. Durch die steigende Nachfrage kam es in den letzten eineinhalb Monaten jedoch zu einer Verknappung und daher haben wir die Preise leicht angehoben. Das war notwendig, weil wir vom vorigen Vermarktungsjahr ein niedriges Preisniveau übernommen hatten. Wir haben also versucht, die Preise für uns und unsere Produzenten wieder auf ein normales Niveau zu bringen. Übertriebene Preise kann man mit Sicherheit nicht feststellen.

Hat sich das Genossenschaftswesen aus Ihrer Sicht in der Zeit der Krise bewährt?

Georg Kössler: Ja sicher, das Genossenschaftssystem hat für die Produzenten und die Mitglieder einen Mehrwert: Wir sorgen für eine stabile Vermarktungssituation, ohne Spekulationen, und betreiben eine vernünftige Marktaufbereitung. Das ist für Produzenten ein großer Sicherheitsfaktor. Auf der anderen Seite ist eine Genossenschaft auch für ihre Mitarbeiter da. Wir sind ein zuverlässiger Arbeitgeber und entlassen Mitarbeiter nicht beim ersten Gegenwind. In der Summe muss man sagen, dass sich das Genossenschaftssystem in schwierigen Umständen bewährt, wenn es mit Verantwortung und Weitsicht geführt wird.

Wie hat sich die Coronakrise auf die Beziehung zu den Mitgliedern ausgewirkt?

Georg Kössler: Wir beraten unsere Mitglieder in vielerlei Belangen wie bei Zertifizierungsprozessen, die heute für die Vermarktung notwendig sind, bei Neuanlagen und im Bereich Pflanzenschutz, es gibt auch Änderungen in Mitgliederpositionen. Mitgliederbetreuung ist wesentlich. Und plötzlich konnten wir niemanden mehr in unsere Büros lassen und mussten alles digital oder übers Telefon handhaben. Das hat dann besser funktioniert, als wir befürchtet haben. Allerdings habe ich schon das Gefühl, dass unsere Bauern gern wieder einmal eine Versammlung hätten, Fragen stellen möchten oder zwischenmenschliche Kontakte zu den Mitarbeitern der Genossenschaften pflegen möchten. Sobald das möglich ist - unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmaßnahmen – werden wir das wieder organisieren.

Kundenkontakte mussten wir ebenfalls einstellen. Qualitätsaudits und Kontrollen haben wir gezwungenermaßen in Eigenverantwortung erledigt und geschaut, dass die Qualität passt, um nicht eine Menge an Reklamationen zu haben. Im Bereich der Logistik gab es auch große Umstellungen, aber auch das hat schlussendlich ganz gut funktioniert. Hier wird man auch in Zukunft versuchen müssen vorsichtiger zu sein, aber das wird schon funktionieren.

Was erwarten sie sich vom Raiffeisenverband, wie wichtig ist eine Dachorganisation in dieser Krise?

Georg Kössler: Ich glaube, dass dieses große Genossenschaftswesen in Südtirol mit Genossenschaften aus allen Bereichen schon eine Dachorganisation braucht, für die fachspezifische Beratung und für die Interessenvertretung. Die fachspezifische Beratung braucht es in Rechts- und Steuerfragen, aber auch bei anderen organisatorischen Dingen. Dies hat der Raiffeisenverband in den letzten Jahren und Jahrzehnten gut bewältigt. Die Beratung in den Abteilungen und Bereichen funktioniert sehr gut. Wenn man über genossenschaftliche Beratung und Fachkompetenz spricht, ist der Raiffeisenverband die richtige Adresse.

Hat die Krise gezeigt, dass es Dinge gibt, die dringend zu ändern sind?

Georg Kössler: In den letzten Wochen mussten wir miterleben, dass sich gewisse Dinge verlangsamen, und manche noch schneller werden. Die Digitalisierung hat jetzt Hochkonjunktur. Es ist notwendig, dass, in Bezug auf die neuen Technologien, Informationsaustausch und Datenaufbereitung, eine gewisse Kompetenz beim Verband zu Hause sein muss, im Interesse des gesamten Genossenschaftswesens. Nicht jede einzelne Genossenschaft kann den Entwicklungen folgen und die notwendige Ausrüstung und Vorbereitung umsetzen. Da ist ein Verband gefragt, der in die Zukunft schaut, gewisse Entwicklungen vorab beobachtet und mitverfolgt.