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Einlagensicherung im Diskurs

Soll der Spareinlagenschutz in der Eurozone durch eine einheitliche europäische Einlagensicherung erfolgen, wie dies die EU-Kommission plant? Diese Frage wird derzeit nicht nur im EU-Parlament heftig diskutiert.

Die Europäische Einlagensicherung stand auch im Mittelpunkt der 20. Genossenschaftstagung des Internationalen Instituts für Genossenschaftsforschung im Alpenraum (IGA), die Mitte November im Hotel Therme in Meran unter dem Motto „Die neue Einlagensicherung – Fluch oder Segen?“ stattfand.

IGA-Vorsitzender Arnulf Perkounigg konnte Genossenschaftsvertreter aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol begrüßen und meinte: „Die Europäische Einlagensicherung ist nicht aufzuhalten, die Frage ist aber, wie sie letztlich ausgestaltet wird“.

Zum Auftakt beleuchteten Claus Königs (Abteilungsleiter für Politische Interessenvertretung, Genossenschaftsverband Bayern), Andreas Gmünder (Universität Luzern), Robert Nicolussi (Revisionsdirektor im Raiffeisenverband Südtirol) und Arnulf Perkounigg die bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme, bevor Kommissionsvertreter Andreas Schneider die Eckpunkte des Verordnungsentwurfs der EU-Kommission für eine Europäische Einlagensicherung skizzierte.

Schrittweise Europäisierung bis 2024

Als Reaktion auf die 2008 ausgebrochene Finanzkrise hatte die Europäische Kommission  Maßnahmen ergriffen, um einen sicheren und soliden Finanzsektor im Binnenmarkt zu schaffen. Dieses Regelwerk bildet die Grundlage der Europäischen Bankenunion, die aus drei Säulen besteht: die einheitliche Bankenaufsicht, die einheitliche Abwicklung von Banken in Schwierigkeiten und die Europäische Einlagensicherung.

Am 24. November 2015 hatte die EU-Kommission schließlich den erwähnten Verordnungsentwurf zur Schaffung einer solchen europäischen Einlagensicherung (European Deposit Insurance Scheme, EDIS) vorgelegt. Damit möchte die EU-Kommission die nationalen Systeme der Einlagensicherung – sie schützen Einlagen bis 100.000 Euro – bis zum Jahr 2024 schrittweise auf die europäische Ebene heben.

So solle ab 2017 ein Rückversicherungssystem geschaffen werden, das in einem zweiten Schritt zu einem Mitversicherungssystem ausgestaltet werden und dann in die einheitliche Europäische Einlagensicherung münden soll. Diese dritte Säule der Bankenunion trage durch die Größe des gemeinsamen Sicherungsfonds zur Krisenfestigkeit bei, warb Kommissionsvertreter Andreas Schneider für das Vorhaben.

Zeit noch nicht reif

Dem hielt Prof. Theresia Theurl von der Universität Münster die Gefahren einer solchen „Transferunion“ entgegen. Theurl äußerte zwar Verständnis für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung, jedoch seien die Voraussetzungen für die Vergemeinschaftung derzeit nicht gegeben, vielmehr würden falsche Anreize geschaffen.

Theurl verwies auch auf die unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme und Wirtschaftspolitiken wie auch auf die vielen Banken ohne hinreichende Kapitalisierung. Theurl forderte mehr Zeit, eine stärkere Berücksichtigung der bewährten nationalen Sicherungssysteme, weniger Zentralismus und mehr subsidiäre Alternativen.

Skepsis herrschte auch bei den Bankenvertretern auf dem Podium. Auch sie traten für mehr Subsidiarität unter Berücksichtigung regionaler Genossenschaftsbanken mit ihrem risikoarmen Geschäftsmodell ein. Primäres Ziel der gewachsenen Einlagensicherungssysteme und freiwilligen Einlagensicherungsfonds sei es, die angeschlossenen Banken präventiv vor Insolvenzen zu schützen.

Claus Königs vom Genossenschaftsverband Bayern sprach u. a. von der Gefahr einer Aushebelung dieser gewachsenen Sicherungssysteme durch eine europäische Vergemeinschaftung. Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes Südtirol, der auch als Podiumsdiskussionsleiter fungierte, verwies u. a. auf das Problem der fehlenden Rentabilität der Banken, auf die steigende Belastungsgrenze gut arbeitender Banken und in diesem Zusammenhang generell auf die Frage nach der Finanzierbarkeit der geplanten Europäischen Einlagensicherung.

EU-Staaten bisher uneinig

Bislang gibt es für die Europäische Einlagensicherung keine Einigkeit unter den EU-Staaten. Vor allem nördliche Staaten wie auch Deutschland seien sehr reserviert, während südliche Länder wie etwa Italien einer Vergemeinschaftung der Einlagensicherung unterstützend gegenüberstünden, meinte Kommissionsvertreter Andreas Schneider bei der IGA-Tagung. Derzeit ist die Europäische Einlagensicherung (EDIS) Thema im Europäischen Rat und im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments.

Ob die Europäische Einlagensicherung, die den Einlegern einen einheitlichen Schutz unabhängig von ihrem Mitgliedsstaat bieten und die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Banken und Staaten verringern soll, pünktlich bis zum Jahr 2024 umgesetzt wird, bleibt damit offen.