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Energie: Das Ende des geschützten Marktes

Die Liberalisierung des Strommarktes in Italien war Anlass für den Raiffeisenverband Südtirol eine Tagung für Mitgliedsgenossenschaften im Bereich Energie zu organisieren. Der Raiffeisenverband will in Zukunft den Austausch unter den Mitgliedern dieses Sektors intensivieren.

Was das Ende des geschützten Marktes für die Energiegenossenschaften im Raiffeisenverband bedeutet, erörterten Expertinnen und Experten bei einer Online-Informationsveranstaltung des Raiffeisenverbandes Südtirol.

Herbert Von Leon, Obmann des Raiffeisenverbandes Südtirol, unterstrich gleich zu Beginn der Veranstaltung die Bedeutung einer engeren Zusammenarbeit mit den Mitgliedsgenossenschaften im Energiesektor: „Die Bündelung der Kräfte im Energiebereich für unsere Mitgliedsgenossenschaften ist schon länger geplant. Die Entwicklungen am Markt beschleunigen diesen Schritt.“

Das Markt- und Wettbewerbsgesetz Nr. 124 vom 4. August 2017 leitete den schrittweisen Übergang vom geschützten zum freien Markt ein. Das Gesetz legt fest, ab wann und für wen die Preisgestaltung und Stromverteilung im geschützten Markt nicht mehr möglich sein werden. Für alle kleinen Unternehmen und einige Kleinstunternehmen war dies bereits ab dem 1. Januar 2021 der Fall. Haushalte und die meisten Kleinstunternehmen haben hingegen noch bis zum 1. Januar 2023 Zeit, sich an die neuen Bedingungen anzupassen. In diese Kategorie fallen auch E-Werkgenossenschaften. Für sie bedeutet das Ende des geschützten Marktes nicht nur einen großen Verlust an Kunden und Endnutzer, sondern beträchtliche Gewinneinbußen. Über eine Vorstudie wurden inzwischen drei mögliche Szenarien entwickelt, wie sich Energie-Genossenschaften künftig organisieren können:

  1. Sie nehmen Kunden im geschützten Markt als Mitglieder der Genossenschaft auf;
  2. Sie schaffen einen separaten freien Markt für Nichtmitgliedskunden;
  3. Oder sie überlassen die Kunden im geschützten Markt dem freien Markt und ergreifen keine weiteren Maßnahmen.

Die Details dazu lieferten Gisella Novelli, die Geschäftsführerin vonInfosyn 4.0 und Michael Obrist, Raiffeisenverband Südtirol. Sie informierten über die Lösungsmöglichkeiten für E-Werkgenossenschaften in Hinblick auf das Ende des geschützten Marktes.

Das Dienstleistungsunternehmen Infosyn 4.0 GmbH, ein Partnerunternehmen des Verbandes, hat sich der Raiffeisenverband zur Unterstützung in dieser komplexen Übergangsphase ins Boot geholt. Infosyn 4.0 verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen elektrische Energie, Gas, Fernwärme, Wasser und Müllentsorgung. Der beauftragte Verwalter, Peter Werth, stellte das Unternehmen vor und präsentierte den rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Online-Tagung die technischen und normativen Beratungs- und Servicedienstleistungen. Über eine langfristig angelegte Zusammenarbeit sollen die Mitgliedsgenossenschaften des Verbandes auch künftig von der Expertise des Unternehmens profitieren.

Welche Fördermöglichkeiten es für Energiegenossenschaften gibt, führte Barbara Passarella vom Raiffeisenverband Südtirolaus. In ganz Italien sei in diesem Bereich ein Aufschwung zu spüren. Sie verwies auf die EU-Richtlinie Clean Energy Package, auf die verschiedenen, nationalen Pläne (PNIEC 2030 - Piano Energia e Clima 2030 und PNRR (Piano Nazionale Ripresa Resilienza), auf die neuen Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen und die insgesamt 23,78 Mrd. Euro, die für Investitionen in diesem Bereich vorgesehen sind.

Generaldirektor Paul Gasser kündigte an, dass im Juni der geplante Koordinierungsausschuss für Energiegenossenschaften ins Leben gerufen werden soll: „Wir möchten den Mitgliedern dieser Sparte ein stärkeres Heimatgefühl im Raiffeisenverband geben und ihnen über eine Art Plattform Austausch und Zugang zu Fachwissen bieten.“ Erste Schritte in diese Richtung hat der Raiffeisenverband bereits im Rahmen der Umsetzung des Zukunftsbildes gesetzt. Seit rund einem Jahr finden die Energie- und Wassergenossenschaften in Elisa Brunner, Mitgliedsbetreuerin, eine direkte Ansprechpartnerin für ihre Anliegen.