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„Energiegemeinschaften sind Chance für Südtirol“

Die Preise für Strom und Wärme steigen und steigen. Zugleich ist die Versorgungssicherheit nicht garantiert. Ein Ausweg aus Energiekrisen könnten in Zukunft Energiegemeinschaften sein. Sie sollen für moderate Preise und mehr Versorgungssicherheit sorgen. Auf einer Tagung der Plattform Land wurden nicht nur Vorteile und Herausforderungen beleuchtet, sondern auch erfolgreiche Modelle vorgestellt.

Die stark gestiegenen Preise für Strom und Wärme bereiten immer mehr Menschen Sorgen. Daher sei es richtig, sich Gedanken über neue Modelle der Energieerzeugung und -verteilung zu machen. „Ein interessantes Modell, das sich auch für Südtirol anbietet und eine Chance darstellt, sind Energiegemeinschaften“, sagte Andreas Schatzer, der Präsident der Plattform Land, den knapp hundert Interessierten bei einem Webinar zu den Chancen für Energiegemeinschaften. Das Prinzip dahinter sei recht einfach: „Jemand produziert Strom oder Wärme oder beides, die Energie wird an Kunden meist in der näheren Umgebung verteilt“, so Schatzer. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärkten, die länger anhalten dürften, werden Energiegemeinschaften zu einem großen Thema werden, prophezeite Schatzer. Derzeit gebe es aber noch viele offene Fragen, da einige Durchführungsverordnungen fehlen. „Die Regierung muss dieses Thema dringend angehen, damit Interessierte starten können“, forderte Schatzer. Zudem gebe es noch weitere Hürden, wie die SUAP-Meldung, ergänzte Thomas Patzleiner vom Unternehmen ELPO aus Bruneck. „Eine Entbürokratisierung ist hier dringend nötig, wenn wir in Südtirol die Energiegemeinschaften forcieren wollen.“ Für Monica Devilli, Präsidentin von CoopBund, sei es an der Zeit, neue Wege zu gehen. Energiegemeinschaften seien eine Chance für die Produzenten, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger.
Südtirol besitze gute Voraussetzungen für Energiegemeinschaften, war Rupert Rosanelli, Direktor vom Beratungs- und Energieunternehmen „Inewa, überzeugt. Zudem habe man bereits erste Erfahrungen gesammelt: „Fernheizwerke und einige Genossenschaften im Bereich Energie funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip.“ Das Interesse an Energiegemeinschaften sei hierzulande groß. Hinzu komme noch, dass gleich mehrere interessante Energieträger zur Verfügung stünden, wie Photovoltaik, Biomasse oder Wasserkraft. Für Pascal Vullo vom Südtiroler Bauernbund sind Energiegemeinschaften auch für die Bäuerinnen und Bauern interessant. Sie hätten oft große Dachflächen für Photovoltaikanlagen. Aber auch die Biomasse könnte interessant sein. Barbara Passarella vom Raiffeisenverband Südtirol sieht eine große Chance für Energiegemeinschaften durch das funktionierende Genossenschaftswesen. Gerade Genossenschaften seien als Modell für Energiegemeinschaften die erste Wahl.

Gute Erfahrungen mit Energiegemeinschaften habe man in Wien gemacht, erklärte Michaela Turetschek von Power Solution, die Projektleiterin der „Grätzl Energiegemeinschaft“ ist. „Vier Stromproduzenten beliefern unter dem Motto ‚Miteinander füreinander‘ 30 private und betriebliche Annehmer mit Strom von Photovoltaikanlagen auf Dächern. Dadurch sind die Projektpartner unabhängig von großen Energieversorgern. Zudem ist der Strompreis stabiler und auch etwas günstiger“, so Turetschek. Hinzu komme, dass sich alle Beteiligten intensiv mit der Energiegemeinschaft und der Stromerzeugung auseinandersetzen würden. Natürlich gebe es aber auch Herausforderungen: „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene und in Österreich sind komplex. Zudem ist der Verwaltungsaufwand gerade für eine kleine Energiegemeinschaft nicht zu unterschätzen. Und gerade zu Beginn würden Energiegemeinschaften oft nicht wirtschaftlich arbeiten.“

Dreh- und Angelpunkt vieler Energiegemeinschaften seien die Gemeinden, erinnerte Energiemanagerin Daniela Patrucco. Eine große Herausforderung sei, ein lokales Energiesystem zu entwickeln und das Wissen um das Thema Energie an die Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln. „Energiegemeinschaften schaffen vor Ort einen Mehrwert für die Menschen – Arbeitsplätze, Wohlstand und Wertschöpfung.“ Zudem habe Patrucco die Erfahrung gemacht, dass sich die Mitglieder der Energiegemeinschaften intensiv mit dem Energiesparen auseinandersetzen.
Dass es auch in Südtirol großes Interesse gerade von Seiten der Gemeinden gebe, bestätigte auch der Bürgermeister von Rasen-Antholz, Thomas Schuster

Wie gemeindeübergreifende Energiegemeinschaften funktionieren können, hat Emiliano Mian, Direktor der CCF „Comunità Collinare del Friuli“, erklärt. In 15 Gemeinden, die sich zusammengeschlossen haben, liefern 40 Photovoltaikanlagen, die z. T. auf öffentlichen Gebäuden installiert wurden, Strom. Daneben setzen die Gemeinden auf Elektromobilität, Radwege usw. Ziel sei es auch hier, die Wertschöpfung vor Ort zu belassen, die Lebensqualität zu verbessern, der Abwanderung vorzubeugen und damit insgesamt das Territorium zu stärken.