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Genossenschaften als Vertrauensanker

„Krieg – Klimakrise – Corona. Genossenschaften als Vertrauensanker“ war das Motto der Jahrestagung des Internationalen Instituts für Genossenschaftsforschung im Alpenraum IGA, die im November in Innsbruck stattfand.

Dabei stand die Rolle der Genossenschaften in einem von Krisen geprägten Umfeld im Mittelpunkt. Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer Arnulf Perkounigg erinnerte daran, dass die Genossenschaftsidee in Krisenzeiten geboren wurde. Es stelle sich daher die Frage, inwieweit der Genossenschaftssektor aktuell zum zentralen Vertrauensanker werden kann.

Stabil und nachhaltig

Gerhard Walther, Vorstandsvorsitzender der deutschen VR-Bank Mittelfranken Mitte eG sprach zum Thema „Krisen als Chance nutzen – Wie Genossenschaftsbanken jetzt Vertrauen aufbauen und den Förderauftrag erfolgreich umsetzen können“. Er betonte, dass gerade in der Krise alles getan werden müsse, um als Genossenschaftsbank der Stabilitätsanker in der Region zu bleiben.
Dass die Zeiten vor allem für Banken auf der Regulierungsebene nicht leichter werden, erläuterte Michael Laminger, Generalrevisor des Österreichischen Raiffeisenverbandes, in seinem Ausblick auf die Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese werde in Zukunft deutlich mehr Unternehmen betreffen. Aktuell definiere die EU in ihrer Taxonomie-Verordnung, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig angesehen werden können und welche nicht, um einheitliche Standards festzulegen. Laminger betonte, dass es für Unternehmen wichtig sei, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen und diese in die Geschäftsstrategie einfließen zu lassen. 

Versorgung der Landwirtschaft

Reinhard Wolf, Generaldirektor der Raiffeisen Ware Austria RWA und Vorstandsmitglied der BayWa, ging auf die Versorgungssituation der Landwirtschaft und die Rolle der Genossenschaften ein. Kurzfristige Herausforderungen über Wochen und Monate seien etwas anderes als eine Krise über ein Jahr oder mehr. Die Versorgung der Landwirtschaft sowie die Versorgung der Menschen mit Grundnahrungsmitteln sieht Wolf derzeit europa- und weltweit aber insgesamt gesichert. Mit Blick auf die Szenarien der Zukunft wirke sich vor allem der Klimawandel auf die landwirtschaftliche Produktion massiv aus. „Langfristig stellt sich die Frage, wie ernähren wir die Menschen weltweit zu leistbaren Preisen“, betonte Wolf. Hier spielten Themen wie u. a. Züchtung und Gentechnik eine wichtige Rolle.
Die Rolle der Genossenschaften sieht Wolf vor allem in zwei Funktionen. Eine Kernaufgabe liege in der Logistik und im Transport, wenn es gilt, Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Produkte zu transportieren, zu verarbeiten und zu lagern. „Eine Aufgabe, die die Genossenschaften in den letzten 120 Jahren in unserem Raum hervorragend gelöst haben“, sagte Wolf. Der zweite Faktor ist die Rolle der Genossenschaften in der Krise als Solidaritätsfaktor. Als heuer plötzlich mehr Diesel nachgefragt wurde, habe man die Mitglieder aliquod nach ihrem Verbrauch in den letzten drei Jahren sehr gut weiter versorgt. „Genau das ist genossenschaftliche Solidarität und das ist in der Krise ein nicht zu unterschätzender Faktor“, betonte Wolf. Er verwies dabei, dass es gerade in Krisen wichtig sei zu wissen, wer welche Verantwortung trägt und welche Entscheidungen trifft. Denn die Tatsache allein, dass es eine Ware vorrätig ist, sagt noch nichts darüber aus, für wen sie dann letztlich auch zur Verfügung stünde. 

IGA-Forschungspreise

Bei der IGA-Tagung wurden drei IGA-Forschungspreise für Master- und Dissertationsarbeiten aus dem Genossenschaftswesen verliehen. Diese beschäftigen sich mit  dem Wertekanon im Genossenschaftssektor, mit dem Wesen der Sozialgenossenschaften und mit kooperativen Lösungsansätzen für die Herausforderungen im ländlichen Raum. 
Die Tagung wurde mit einer Diskussionsrunde der Referenten abgerundet, die von Regina Wenninger, der stellvertretenden IGA-Vorstandsvorsitzenden, geleitet wurde.