Die dritte Herausforderung ist die verstärkte Regulierung, die als Reaktion auf die Bankenkrise zu sehen ist und durchaus auch notwendig war. Diese Regulierung verlangt höhere Kapitalverfügbarkeit, höhere Liquidität und rigidere interne Kontrollsysteme. Dies alles hat die Komplexität ungemein erweitert. Und damit sind wir wieder bei den Fintec-Unternehmen, weil es nicht immer eine ganz ausgeglichene Situation ist in Bezug auf die Reglementierung. Auf der einen Seite steht ein extrem stark reglementierter Bankensektor und auf der anderen Seite ein Bereich - ganz außerhalb von Reglementierung - ähnliche bzw. fast identische Tätigkeiten durchführt. Welche Entwicklung erwarten Sie sich hinsichtlich der nun zurückgenommenen expansiven Geldpolitik vonseiten der europäischen Zentralbank.
Welche Auswirkungen erwarten sie sich da in Hinblick auf Liquidität und Rentabilität.
Giovanni Sabatini: Auf einer Seite sehen wir, dass die Rückkehr zur traditionellen Geldpolitik graduell und langsam erfolgt, daher wird es auch keine sofortigen Auswirkungen haben. Diese allmähliche Rückkehr ermöglicht auch eine Rückkehr zu Rentabilität, die durch die Geldpolitik mit sehr niederen und auch Negativzinsen, den Banken kaum oder extrem eingeschränkt Spielraum für Gewinn ließ. Unter diesem Aspekt erwarte ich mir einen positiven Effekt. Wichtig erscheint mir, dass es auf der ganzen Welt eine abgestimmte und kohärente Geldpolitik geben wird, um übertriebene Turbulenzen auf dem Finanzmarkt und im speziellen auf dem Markt der Wechselkurse auszulösen.
Wie schaut es für die kleinen Banken aus, wird es für sie ein eigenes Reglement geben?
Giovanni Sabatini: Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich bin davon überzeugt, dass es für einen integrierten Markt kohärente, transparente und abgestimmte Richtlinien geben soll. Ein sogenanntes Role-Book bringt Vorteile, weil es ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen garantiert. Das Problem dabei ist, dass dieses Regelwerk auch die Prinzipien der Proportionalität berücksichtigen und die Besonderheiten der verschiedenen Bankenmodelle mit ihren jeweiligen Risikoniveaus und Komplexität anerkennen muss, also auch die Charakteristik der kleineren Banken. Die kleineren, regionalen Banken in Europa sind extrem wichtig, weil Europas Wirtschaft aus Millionen von kleineren und mittleren Unternehmen gemacht ist. Diese Klein- und Kleinstunternehmen werden weiterhin mit lokalen Banken arbeiten - die gut geführt sind, sich ebenfalls an die neuen Technologien anpassen und Rentabilität wiedergewinnen. Diese lokalen Banken können die sogenannte "Softinformation" ausnützen, diese qualitative Information, die notwendig ist kleinere Betriebe in ihrer Entwicklung und bei Wachstumsprozessen zu begleiten im Interesse der lokalen Wirtschaft.
Das Role-Book für kleinere Banken kommt also?
Giovanni Sabatini: Ich gehe davon aus, vorausgesetzt, dass der Gesetzgeber auf europäischer Ebene die Bedeutung dieser Banken durch die Anwendung des Proportionalitätsprinzips anerkennt.