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In der Krise geht’s um Vertrauen

„Krisenschutz vor und in schwierigen Situationen“ lautete ein zweitägiges Seminar für Mitgliedsgenossenschaften des Raiffeisenverbandes, das Ende September im Verwaltungsgebäude der Mila in Bozen stattfand.

"In jeder Krisensituation geht es um das Thema Vertrauen", meinte Referentin Dr. Gerlinde Manz-Christ. Die langjährige Diplomatin berät Unternehmen in den Bereichen Kommunikation und Krisenprävention. Ziel jeder Krisenkommunikation ist es, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu schaffen, zu stärken und zu erhalten. Ein Unternehmen schafft dies am besten durch eine kontinuierliche Kommunikation, die nicht erst im Krisenfall beginnt, sondern schon in guten Zeiten. Dazu zählt auch die Pflege von Beziehungen zu den eigenen Interessensgruppen genauso wie konstante Medienarbeit und "storytelling".

Kompetenz nach innen und außen

"Krise" bedeutet Zuspitzung und meint einen Höhe- oder Wendepunkt, an dem sich entscheidet, ob eine Entwicklung gut oder schlecht endet. Nicht alles ist gleich eine Krise, aber wenn der Faktor Angst hinzukommt und die Medien aufspringen, kann sich eine Situation zur Krise entwickeln. "Oft kommt es zu einer Krise, wenn die Reputation eines Unternehmens auf dem Spiel steht oder dem Betrieb Schaden zugefügt wird", meinte Manz-Christ. Ein Unternehmen muss deshalb besonders im Krisenfall Kompetenz nach innen und außen zeigen.

Krisenmatrix erstellen

Unternehmen sind gut beraten, sich präventiv mit möglichen Krisenszenarien auseinanderzusetzen. Hier hilft die Erstellung einer sogenannten Krisenmatrix. Krisenszenarien, die eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und eine große Auswirkung auf das Unternehmen haben könnten, sollten als potentielle Krisen ernst genommen werden. Krisenrichtlinien und Krisenhandbücher zählen ebenfalls zur Krisenprävention. Doch wie lassen sich echte Krisen überhaupt erkennen? Gerlinde Manz-Christ: "Man muss mit der Zeit ein Sensorium entwickeln, was das Potential für eine echte Krise hat und sich dann darum kümmern".

Die eigene Botschaft lancieren

Krise bedeutet immer Chance und Gefahr zugleich, meinte Manz-Christ. Die Chance liegt etwa darin, von den Medien wahrgenommen zu werden und die eigene Botschaft zu lancieren, um verlorenes Vertrauen wieder herzustellen. Eine wirksame Krisenkommunikation bleibt zwar auf der Sachebene, muss durch Offenheit, Sympathie und Empathie aber auch die emotionale Klaviatur bedienen, weil in der Öffentlichkeit vor allem Bilder und Emotionen haften bleiben.

Die Deutungshoheit behalten

Die Berichterstattung über eine Krise kann kaum verhindert werden, daher zählt es, die eigene Botschaft zu vermitteln und Situationen möglichst zu "deeskalieren". Häufig entsteht der echte Schaden erst durch falsche und zu späte Kommunikation. Im Zweifelsfall gewinnen immer Schnelligkeit und Fakten. Deshalb ist es im Krisenfall wichtig, die sogenannte Deutungshoheit zu behalten. Das bedeutet, dass man in der Regel die eigene Version der Geschichte möglichst schnell kommunizieren sollte und sagen, was Sache ist. Die Informationen an die Presse müssen kompakt und in den jeweiligen Kontext gepackt sein. Keine zwei- oder mehrdeutigen Aussagen, sondern eine klare Kernbotschaft formulieren, die für jeden eindeutig und verständlich ist.

Kommunikationskanäle nutzen

Keinesfalls vergessen werden sollte im Krisenfall die rechtzeitige und kontinuierliche Information der Mitarbeiter, sie sollten die Krise nicht erst aus dem Fernsehen erfahren. Zudem sollten die eigenen Kommunikationskanäle über Web und Social Media als Multiplikatoren für die eigene Botschaft gut genutzt werden. Auch die Diskussion über Recht oder Unrecht führen nicht weiter, deshalb sollten Schuldzuweisungen unterlassen werden. Vielmehr geht es um den Grad der Wahrheit. "Das Matterhorn ist auf der einen Seite die bekannte und erhabene Bergspitze, aber von der anderen Seite auch nur ein flacher Berg", meinte Manz-Christ. Es gibt also immer verschiedene Perspektiven von Wahrheit.

Praxisbeispiel aufgezeigt

Generaldirektor Paul Gasser skizzierte am Beispiel des Verfahrens der Wettbewerbsbehörde gegen Raiffeisen, wie aktives Krisenmanagement in der Praxis gehandhabt werden kann. Er zeigte die Herausforderungen - vom möglichen Imageschaden bis zum finanziellen Schaden - auf und wie der Raiffeisenverband in der Krise konkret agiert hat. Als wichtige Punkte nannte Gasser dabei u. a. Entschlossenheit, Sachlichkeit und den Erhalt der Glaubwürdigkeit.

Das zweitägige Seminar zeigte die gesamte Spannweite von Krisenkommunikation auf - von der Krisenprävention und -vorbereitung über den Krisenschutz bis zur Krisenbewältigung. Arten, Ursachen und Eigenschaften von Krisen wurden ebenso beleuchtet wie die interne und externe Kommunikation sowie jene mit Presse und Medien im Krisenfall.

Organisiert wurde das Seminar, an dem Vertreter verschiedener Mitgliedersparten des Raiffeisenverbandes teilgenommen hatten, von der Abteilung Bildungswesen.

Sofortmaßnahmen der Krisenkommunikation

Ein Krisenfall in einem Unternehmen erfordert von der ersten Minute an volle Aufmerksamkeit.

Die folgenden sieben Sofortmaßnahmen können dabei nützlich sein:

  1. Ruhe bewahren
  2. Überblick verschaffen
  3. Ereignisse dokumentieren
  4. Berichterstattung verfolgen
  5. Sprachregelung aufsetzen
  6. Intern kommunizieren
  7. Anfragen kanalisieren