Raiffeisenverband
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Rückblick auf 2021: „Interessen wirksam vertreten“

Im vergangenen Jahr konnten weitreichende Projekte umgesetzt und die Interessen der Mitgliedsgenossenschaften wirksam vertreten werden, sagen Obmann Herbert Von Leon und Generaldirektor Paul Gasser im Interview mit Blick auf das vergangene Arbeitsjahr.

Wie haben sich der Raiffeisenverband und seine Mitgliedsgenossenschaften entwickelt?

Von Leon: Die Raiffeisenorganisation kann auf ein zufriedenstellendes Geschäftsjahr zurückblicken. Die Raiffeisenkassen haben sich solide entwickelt und wir rechnen mit einem angemessenen Überschuss. Auch die Obst- und Kellereigenossenschaften können auf eine durchwegs positive Entwicklung verweisen. Die Milchwirtschaft sah sich hingegen mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert und blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Vermehrt waren die landwirtschaftlichen Genossenschaften aber mit pandemiebedingten Kostensteigerungen etwa im Transport- und Verpackungsbereich konfrontiert. Von einem zufriedenstellenden Jahr können wir auch bei den Energie- und Sozialgenossenschaften sowie in den weiteren Segmenten sprechen.

Inwieweit hat Covid-19 die Arbeit im Raiffeisenverband beeinträchtigt?

Gasser: Trotz Pandemie bedingter Einschränkungen konnten wir den Mitgliedern die gewohnte Betreuung und Beratung gewährleisten. Leider konnten Sitzungen und Tagungen vorwiegend nur per Video stattfinden. Der direkte Austausch und persönliche Kontakt haben vielfach gefehlt. Insgesamt war 2021 für den Raiffeisenverband ein intensives Arbeitsjahr, in dem wir viele Projekte voranbringen konnten; es war aber auch ein Jahr mit großen emotionalen Momenten. Ich erinnere an das Lawinenunglück des langjährigen Präsidenten der Raiffeisen Landesbank Michael Grüner und seiner Frau Monika zu Jahresbeginn, an die Vollversammlung zur Jahresmitte als erste Präsenzveranstaltung nach der Coronawelle und an die zum Jahresende erfolgte Nachfolgebestimmung in der Generaldirektion. 

Welche Projekte konnte der Raiffeisenverband umsetzen?

Gasser: Da gibt es viele. Beispielhaft nennen möchte ich die Initiativen zur Neuauflage des Regionalgesetzes Nr. 1-2000, welches die Zugangsvoraussetzungen für Mandatare der Raiffeisenkassen regelt; die Auflage eines Einbringungsfonds für notleidende Kredite der Raiffeisenkassen, der Schuldnern eine Umschuldung oder Restrukturierung ermöglicht; das abgeschlossene Projekt „Zukunftsbild der Raiffeisenkassen“, welches die Zielsetzungen der Raiffeisenkassen vor Ort und in ihrer Beziehung zu den Verbundpartnern regelt, und nicht zuletzt das Projekt „Raiffeisen Welfare“, mit dem wir ein interessantes Wohlfahrts-Angebot bieten. Hierbei können Mitarbeitende von Raiffeisen – und nicht nur – einen Teil ihrer Entlohnung in Form von Sachleistungen brutto für netto, also steuerfrei, beanspruchen. Dafür haben wir eine Welfare-Plattform eingerichtet, über welche lokale Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten können. Lokale Kreisläufe und regionale Wertschöpfung werden dadurch gestärkt.

Welche besonderen Akzente konnte der Verband in der Interessenvertretung setzen?

Von Leon: Wir konnten einiges bewegen. Ich erinnere an die Änderungen am oben erwähnten Regionalgesetz, die richtungsweisende Auswirkungen über die alltägliche Arbeit hinaus haben. Es ist uns gelungen, im Rahmen der vom Staat verschärften Zugangsvoraussetzungen für Exponenten von Banken eine den Verhältnissen entsprechende Regelung für die Raiffeisenkassen im Regionalgesetz zu verankern und damit unsere Aufgabe als Interessenvertreter nachhaltig zu erfüllen. Damit ist sichergestellt, dass in den Raiffeisenkassen weiterhin Personen aus der Breite der Bevölkerung die Aufgabe als Mandatar wahrnehmen können. Erwähnen möchte ich auch den neu eingerichteten Koordinierungsausschuss Energie, um den berechtigten Interessen unserer Energiegenossenschaften noch besser Rechnung zu tragen. Wie im Koordinierungsausschuss Landwirtschaft und jenem im Sozialbereich wird sich zeigen, dass wir zusammen mehr bewegen können.

Verbandsintern wurde intensiv an der Digitalisierung der Kundenprozesse gearbeitet. Worum geht es dabei?

Gasser: Wir möchten den Raiffeisenverband als modernen Dienstleister weiterentwickeln. Dazu gehört vor allem eine verstärkte digitale Interaktion mit unseren Mitgliedern und Kunden, wofür ein möglichst vollständiger digitaler Ablauf der Prozesse im Hintergrund notwendig ist. Ziel ist ein einheitliches und sicheres Kundenportal, über welches die Mitglieder und Kunden sehr einfach alle unsere Services interaktiv nutzen können.

Mit der Einrichtung von „Runden Tischen“ hat der Verband weitere Akzente in der Digitalisierung gesetzt. Mit welchem Ziel?

Gasser: Der Anfang 2021 eingerichtete „Runde Tisch IT Raiffeisen IPS Verbund“ dient der Koordination und Abstimmung der Dienstleister auf zentraler Ebene. So kann die Nutzung unterschiedlicher Technologien vermieden und damit Medienbrüche in der Kommunikation unterbunden werden; dies erweist sich nicht nur kostenmäßig, sondern auch strategisch als sinnvoll. Mit ähnlicher Zielsetzung haben wir im Sommer den beratenden „Runden Tisch Digitalisierung Landwirtschaft“ eingerichtet. Nur durch gemeinsame Strategien und das Zusammenspiel aller Akteure der Südtiroler Landwirtschaft auf IT-Ebene kann die Digitalisierung gelingen.  

Bei der Vollversammlung im Juni wurden die Gremien neu bestellt und Sie zum dritten Mal zum Obmann gewählt. Was ist Ihnen in dieser Funktion besonders wichtig?

Von Leon: Der Raiffeisenverband ist aus der Intention entstanden, genossenschaftliche Anliegen mit vereinten Kräften voranzubringen. Es ist mir wichtig, dass wir unsere Stärke und unsere führende Rolle im Genossenschaftswesen behaupten und ausbauen. Wir wollen unsere über 360 Mitgliedsgenossenschaften gut beraten, betreuen und unterstützen, damit sie bestmöglich ihre jeweilige Tätigkeit vor Ort ausüben können. Diesbezüglich ist es mir ein Anliegen für die gute Zusammenarbeit mit den Mitgliedsgenossenschaften, Mandataren und der Mitarbeiterschaft zu danken.

Welche besonderen Schwerpunkte will der Raiffeisenverband im neuen Jahr setzen?

Von Leon: Neben laufenden Projekten, die wir voranbringen wollen, bilden für uns als Genossenschaftsverband die Nachhaltigkeitsstrategie und die Förderung lokaler Kreisläufe zukunftsweisende Themenfelder. Hier verweise ich konkret auf die geplante Vorteilskarte für die Mitglieder der Raiffeisen-Genossenschaften, mit welcher diese künftig über eine digitale Plattform lokale Produkte und Dienstleistungen beziehen und damit gleichzeitig die lokalen Wirtschaftskreisläufe stärken. Ebenso möchten wir das Projekt zur Positionierung des Raiffeisen-Giebelzeichens als Genossenschaftsmarke vorantreiben. Das Giebelzeichen mit den gekreuzten Pferdeköpfen soll künftig nicht nur für die Raiffeisenkassen stehen, sondern auch von den übrigen Sparten als Genossenschaftsmarke verwendet werden können. Damit wollen wir die Kraft der Raiffeisen-Genossenschaften in ihrer Gesamtheit für unser Land visuell stärker hervorheben. Außerdem freuen wir uns wieder auf gemeinschaftsfördernde Veranstaltungen in Präsenz, um das genossenschaftliche „Wir-Gefühl“ weiter zu stärken.

INTERVIEW: THOMAS HANNI