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Kellerei Bozen: Etwas Neues für zukünftige Generationen

Nach zweijähriger Bauzeit steht sie fertig da: die neue Kellerei Bozen in Moritzing. Mit einem unterirdischen Bau und einer raffinierten Technik setzt die Kellereigenossenschaft neue Akzente in der Südtiroler Weinwirtschaft. Und für die Landeshauptstadt hat sie ein neues Aushängeschild geschaffen.

Obmann Michael Bradlwarter freut sich und ist stolz auf die neue Kellerei. Vor zwei Jahren wurde der Grundstein für den unterirdischen Bau bei Moritzing gelegt. Dafür wurde eine großteils unbewirtschaftete Hangfläche verwendet. In den ersten Septembertagen werden die ersten Trauben an die neue Kellerei geliefert. Damit wird die gesamte Tätigkeit der Kellerei Bozen – von der Anlieferung bis zum Verkauf – erstmals an einem einzigen Standort gebündelt. Mit besten Voraussetzungen für die Weinverarbeitung. „Das ist eine tolle Geschichte und ich glaube, alle haben jetzt eine Freude, dass wir etwas Neues geschaffen haben, auch für zukünftige Generationen“, sagt Bradlwarter.

In den Hang gebaut

Und das Neue kann sich sehen lassen. Auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern wurde eine Kellerei in den Hang gebaut, wie es sie in Südtirol bisher noch nicht gegeben hat. Dabei ist von außen nur das Verwaltungsgebäude voll sichtbar, das mit seiner Fassade in Form eines stilisierten Rebenblattes aus bronzefarbenem, gelochtem Aluminiumblech einen besonderen Blickfang darstellt. Unter dem mit pilzresistenten Rebsorten bepflanzten Hang befinden sich mehrere Stockwerke, wobei der höchste Punkt der Kellerei auf einer Höhe von 30 Metern liegt, wo sich unter anderem die gesamte Technikzentrale und die Heizanlage für das Verwaltungsgebäude befinden. Dabei erlaubt die Architektur einen Blick von weit oben durch die Kellerei hindurch bis ganz hinunter in den Hof, wobei sich dem Betrachter das Bild eines einzigen homogenen und harmonisch wirkenden transparenten Gebäudes bietet.

In der Achterschleife durch die Kellerei

Der gesamte Kellereibau ist ein ausgeklügeltes System, auch für die Bauern, wenn sie die Trauben anliefern. Dann fahren sie zunächst an der rechten Seite der Kellerei in einer Halbkreisbewegung empor bis zu der auf halber Höhe gelegenen Waage, lassen die Trauben wiegen und gradieren und fahren dann durch die Kellerei im entgegen gesetzten Halbkreis auf der linken Seite hinauf in das oberste Stockwerk zur Traubenannahme, das 17,5 Metern höher als der Eingangsbereich der Kellerei liegt.
Hier gibt es u. a. auch Kühlzellen zur Zwischenlagerung von Traubenpartien, eine Kistenwaschanlage und Zellen für die Traubenkisten sowie einen Sammelplatz für die Trestern und Traubengerippe zum Abtransport in Containern.
Nach dem Entleeren der Trauben fahren die Bauern wieder an der rechten Seite herunter zur Waage und fahren dann weiter durch die Kellerei hindurch über die linke Seite hinab in den Hof, um die Kellerei wieder zu verlassen.

Im freien Fall

Mit den Verarbeitungsmöglichkeiten im Neubau bewegt sich die Kellerei noch stärker in Richtung Qualität und Nachhaltigkeit. „Das Wichtigste war für uns immer die Verarbeitung der Trauben, dass wir sie in der Vertikale verarbeiten können“, sagt Obmann Bradlwarter. Die Traubenanlieferung erfolgt also an der höchsten Stelle des Gebäudes. Darunter befinden sich in einem Zwischengeschoss die Rebeln und weiter darunter die Pressen. Der Pressraum ist u. a. mit mehreren Schwenkarmen ausgestattet, über welche die Gärtanks mit verschiedenen Maischequalitäten individuell gefüllt werden können. Im Stockwerk unterhalb der Pressen stehen auf einer Hälfte die Rotweintanks und auf einer Hälfte die Weißweintanks. Rund die Hälfte der Tanks stammt aus den alten Kellereistandorten. Die Kellerei Bozen produziert heute zu 60 Prozent Rot- und zu 40 Prozent Weißweine.
Durch die vertikale Anordnung der einzelnen Verarbeitungsvorgänge nutzt die Kellerei das Gravitationsprinzip und braucht die Maische kaum noch zu pumpen. „Wir haben es so gelöst, dass alles im freien Fall passieren kann, und da erwarten wir uns natürlich eine höhere Qualität als bisher, wir haben zwar bisher auch schon eine sehr gute gehabt, aber es sollte noch besser werden und das ist eigentlich genau das was wir wollten“, freut sich Bradlwarter.
Im Parterre der neuen Kellerei befinden sich schließlich noch die gesamte Füllstraße, der Verpackungs-, Logistik und Versandbereich sowie das Weinlager. Drei absenkbare Rampen erleichtern die Weinverladung auf den LKWs. Im Erdgeschoss liegen auch ein großer Barriquekeller und ein kleiner Schaukeller für Besucher. Seit Anfang August bereits geöffnet ist das neue Weingeschäft der Kellerei im Verwaltungsgebäude.

Natürliche Kühlung

Neben der schonenden, vertikalen Verarbeitungsweise der Trauben weist die unterirdische und nach Klimahaus-Standards errichtete Kellerei noch eine ganz spezielle Besonderheit auf: Ein ausgeklügeltes natürliches Kühlsystem, bei dem die Zugluft durch einen Tunnel unter der Kellerei an den Seiten nach oben zirkuliert und dabei die einzelnen Räume erschließt. Ein großer Vorteil, sagt Obmann Michael Bradlwarter. „Wir nutzen die stabile Bodentemperatur des Hanges, um die unterirdischen Räumlichkeiten auf natürliche Weise zu kühlen. Davon erwarten wir uns Einsparungen im Energieverbrauch“, erklärt Obmann Bradlwarter.

Generationen von Bauern

Die Kellerei Bozen zählt heute 220 Mitglieder mit einer Weinbaufläche von etwa 350 Hektar, was einer Jahresproduktion von 3,5 Millionen Flaschen entspricht. Ausgelegt ist die neue Kellerei in Moritzing auf bis zu 400 Hektar Weinbaufläche. Zu den Leitsorten der Kellerei Bozen gehören vor allem der Lagrein und der St. Magdalena.
Hervorgegangen ist die Kellerei im Jahr 2001 aus der Fusion der beiden Kellereigenossenschaften Gries und St. Magdalena. Die Kellerei Gries wurde 1908 gegründet, jene in St. Magdalena 1930. Die beiden bisherigen Standorte wurden bereits veräußert.
„Auf der einen Seite tut es einem natürlich ein bisschen leid, denn Generationen von Bauern haben dort ihre Trauben abgeliefert. Aber wir denken, dass jetzt die neue Kellerei ein neuer Bezugspunkt wird und das Alte wollen wir nicht vergessen, aber es tritt etwas in den Hintergrund“, sagt Obmann Michael Bradlwarter.
Mit den Verkaufserlösen aus dem Standort Gries und dem Standort Magdalena können rund zwei Drittel der gesamten Baukosten gedeckt werden, die in etwa über 33 Millionen Euro betragen.
Offiziell eröffnet werden soll die neue Kellerei Bozen im kommenden Frühjahr, bis dahin wird dann auch der erste Wein aus der neuen Produktionsstätte trinkfertig sein.

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