Menschen | Arbeitskreis für Frauen in Genossenschaften
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„Ich würde mich immer wieder dafür entscheiden!“

Bäuerin Alexandra Stuefer ist Mitglied im Kontrollausschuss der Genossenschaft Heizwerk Sarnthein. Sie zählt damit zu den wenigen Frauen, die im Gremium einer Energiegenossenschaft arbeiten. Im Interview erzählt sie, wie alles kam und warum sie diese Entscheidung immer wieder treffen würde.

Raiffeisen Nachrichten: Wie kommt es, dass Sie sich als Bäuerin im Kontrollausschuss einer Energiegenossenschaft engagieren?

Alexandra Stuefer: Ein scheidender Verwaltungsrat hat mich persönlich angesprochen, als er jemanden für die Nachfolge suchte. Da wir selbst ein Wasserwerk für den Eigengebrauch betreiben, kenne ich mich in diesem Bereich aus. Schon mein Vater war ein starker Befürworter des Heizwerks, auch wenn er selbst nie in einem Gremium aktiv mitwirkte.

Wie bringen Sie sich im Gremium ein?

Ich bin inzwischen in meiner dritten Amtsperiode und brauchte anfangs etwas Zeit, um mich einzuarbeiten und zu verstehen, was und wie alles läuft. Doch mit der Zeit lernt man mitzureden, seine eigene Meinung zu äußern und auch mal gegen etwas zu stimmen.

Wie kann man sich die Arbeit als Verwaltungsrätin der Energiegenossenschaft Sarnthein vorstellen?

Zu Beginn ist es wichtig, gut zuzuhören und sich alles erklären zu lassen, um in die Thematik einzusteigen. Das war bisher jedoch keine große Herausforderung. Wir haben eine Sekretärin, welche die Entscheidungen gut vorbereitet, und auch unser Obmann ist bereits seit vielen Jahren im Amt – trotz der Tatsache, dass es ein undankbarer Job ist: Er erhält kein üppiges Gehalt und steht ständig unter Kritik, sei es von Abnehmer*innen oder Lieferant*innen. Aktuell zum Beispiel haben wir ein Überangebot an Lieferanten und zu viel Holz auf Lager. Dies sorgt führt zu Diskussionen. Ansonsten gibt es viele Themen zu besprechen, wie etwa Preisangebote für Computer oder neue Software, die mittlerweile zu den teuersten Anschaffungen des Heizwerks gehören. Auch müssen die Zähler alle zehn Jahre getauscht, bzw. geeicht werden. Als Ausschuss prüfen wir die eingehenden Angebote, genehmigen sie und halten alles im Protokoll fest.

Wie schaut es bei Ihnen mit Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?

In Bezug auf mein Engagement im Heizwerk ist das kein großes Problem. Im Durchschnitt gibt es acht bis zehn Sitzungen pro Jahr, die abends um 20:00 Uhr stattfinden. Wenn jemand wirklich will, dann findet man Zeit dafür, unabhängig davon, ob man Kinder hat oder nicht. Zu 99 Prozent sind die Sitzungen gegen 22:00 oder 22:30 Uhr beendet, sodass man relativ schnell wieder zu Hause ist.  

Was war die bisher größte Herausforderung Ihres Lebens?

Vielleicht die Zeit, als mein erster Lebensgefährte verstarb. Damals lebte ich in Nals und habe den Minigolf in Bozen, den wir bereits sieben Jahre gemeinsam geführt hatten, noch zwei weitere Jahre allein weiterbetrieben. Schließlich musste ich aufhören, weil die Kinder in einem schwierigen Alter waren - wären sie älter oder jünger gewesen, hätte es besser funktioniert. Aber so war es ein ständiges Hin- und Herbringen: Der eine musste zur Schule, der andere in den Kindergarten, und das zu unterschiedlichen Zeiten. Ich war allein und musste zusätzlich Menschen finden, die all die Aufgaben übernehmen konnten, die mein Lebensgefährte früher erledigt hatte. Dennoch habe ich es geschafft.

Dann haben Sie den Hof der Eltern übernommen?

Ja, das war unter uns Schwestern abgesprochen. Ursprünglich wollte meine jüngste Schwester den Hof übernehmen, doch sie heiratete dann nach Pens. Meine andere Schwester führte mit ihrem Mann ein erfolgreiches Restaurant und hatte kein Interesse. Als mein Ältester in die Mittelschule kam, sind wir schließlich umgezogen, damit er nicht aus der Klasse gerissen wurde.

Der Umzug hierher war eine Umstellung, aber die Kinder waren von Anfang an begeistert, weil sie so viel ausprobieren konnten. Mein Sohn bekam beispielsweise schon mit zehn eine kleine Motorsäge und durfte früh allein mit dem Traktor und Anhänger den Berg hinauffahren, um Bäume zu fällen. Heute arbeitet er im Sarntal bei einer Tiefbaufirma.

Gibt es etwas, worauf Sie stolz sind?

Ich habe eine große Vorliebe für unsere Schafe. Besonders beim Almabtrieb war es schön zu beobachten, wie sie mir alle folgen, sobald ich sie rufe. Das habe ich ihnen beigebracht. Derzeit haben wir 14 ältere Schafe und viele junge Tiere, insgesamt über 30 Stück. Die Lämmer verkaufe ich oder tausche gelegentlich das eine oder andere Schaf aus.

Wie stehen Sie zum Thema Frauenförderung?

Im Heizwerk gibt es nur wenige Frauen unter den Lieferanten, die sich wirklich mit Wald und Holz auskennen. Meistens haben nur jene Frauen, die sich mit dieser Arbeit befassen, das nötige Fachwissen. Und das sind wenige, auch wenn hier in der Gegend viele Bäuerinnen Höfe führen. Ich unterstütze in erster Linie Menschen, die sich auskennen – wenn eine junge Frau Interesse zeigt und ich weiß, dass sie vom Fach ist, dann absolut.

Wie sind Sie zur Arbeit im Wald gekommen?

Schon als Kind bin ich mit meinem Vater auf den Berg gegangen. Ich war die älteste von drei Mädchen, und eine von uns musste immer mitkommen, um ihm bei der Seilwinde zu helfen. Damals gab es noch keine ferngesteuerten Seilwinden. Auch beim „Anlatzen“ musste man immer zu zweit sein. Heute ist das alles viel einfacher: Man hat das „Bahnl“, einen Kranwagen, einen Bagger, und einen Traktor mit Seilwinde. Außerdem noch einen zweiten Traktor, um das Tragseil zu spannen – da sieht es manchmal aus, als wäre man auf einer Maschinenmesse (lacht).

Welchen Rat würden Sie Frauen geben, die sich überlegen in einem Genossenschaftsgremium mitzuarbeiten?

Wenn sie Interesse haben, würde ich sagen: Probiert es einfach aus! Aber wenn für ein Gremium kein echtes Interesse besteht, ist das nicht ideal.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

„Lei net lugg lossen, eppes geaht olm!“ (Nur nicht lockerlassen, etwas geht immer!)

Was macht Sie privat und beruflich glücklich?

Ich bin gerne unter Menschen, vielleicht auch, weil ich früher im Gastgewerbe gearbeitet habe. Privat macht es mich glücklich, wenn meine Kinder zufrieden sind. Sie müssen nicht immer alles haben und es muss auch nicht immer alles perfekt sein. Aber solange sie halbwegs gesund und zufrieden sind, ist das für mich das Wichtigste.

Würden Sie sich erneut entscheiden, für den Verwaltungsrat zu kandidieren?

Ja, auf jeden Fall. Ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt und viel gelernt, daher würde ich mich immer wieder dafür entscheiden.

Vielen Dank für das Gespräch!