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Plattform Land: „Nicht weiter wie bisher“

Bestehende Bauflächen intelligent nutzen, statt unnötig Grünflächen verbrauchen, ist das Ziel der „Plattform Land“ für Südtirols Raum- und Landschaftsplanung. Die Tagung „Raum+“ zeigte, dass es einen langen Atem braucht.

In Südtirol gibt es immer weniger unverbauten Boden. Die Tagung "Raum+", die kürzlich in der Kellerei Meran Burggräfler stattfand, kam zum Schluss: Ein "Weiter wie bisher" ist unverantwortlich.

In Zukunft muss „bei der künftigen Planung und Entwicklung des Südtiroler Siedlungsgebietes viel mehr bestehende Bauflächen genützt und verdichtet werden, um möglichst viel wertvolle Grünfläche zu schonen" unterstreicht Leo Tiefenthaler, der Sprecher der Plattform Land gleich zu Beginn seiner Rede.

Für Landeshauptmann Arno Kompatscher, Mitbegründer der Plattform Land, geht es in erster Linie um die Überarbeitung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen: „Das Raumordnungsgesetz muss immer Schutz und Entwicklung unter einen Hut bringen. In der ersten Phase war es mehr Schutz, in den jüngsten Jahrzehnten stand immer mehr die Entwicklung im Vordergrund.“ Statt getrennten Landschafts- und Bauleitplänen soll es künftig einen einzigen Gemeindeplan geben.

„Sanierung und Verdichtung im Ortskern soll mehr Freiheit erhalten, die Verbauung neuer Flächen im Grünen hingeger strengeren Regeln unterliegen“, erklärte Kompatscher und stellte gleichzeitig klar: „Entwicklung für die Wirtschaft muss weiterhin möglich sein und das werden wir nicht verhindern.“

"Eigentlich bräuchten wir immer mehr Landwirtschaftsflächen, statt immer weniger“

Prof. Gerlind Weber von der Universität für Bodenkultur Wien erklärte, wie wertvoll Landwirtschaftsflächen im Alpenraum sind: „Weite Teile der Gesellschaft übersehen bereits die Hauptbedeutung: Die Sicherheit, dass sie die regionale Bevölkerung im Ernstfall ernähren kann.“ Dabei braucht es die Flächen noch für viele weitere Zwecke, z.B. als Speicher von Treibhausgasen und Wasser, als Teil der Energiewende, als Produktionsfläche für künftige Medizinalpflanzen oder natürliche Wertstoffe. Landwirtschaftsflächen müssen die Artenvielfalt erhalten und zum Naturschutz beitragen, sie sind Erholungsflächen und Grundlage für den Tourismus in den Alpen. „Eigentlich bräuchten wir immer mehr Landwirtschaftsflächen, statt immer weniger“, fasste Weber zusammen.

Die wohl wichtigste Erkenntnis aus der Tagung ist, dass intelligente Innenentwicklung nicht dem Zufall überlassen werden soll, sondern vielmehr eine langfristige, geplante Strategie und Teil der politischen und wirtschaftlichen Raum- und Landschaftsplanung sein muss. Darauf wiesen zum Beispiel Alexander Leitz und Peter Rainer aus Baden-Württemberg hin. Als ehemaliger Bürgermeister von Ertingen und amtierender Bürgermeister von Hohentengen kämpfen beide für lebendige Orte in strukturschwachem Gebiet. „Innenentwicklung muss in alle Köpfe rein“, sagte Rainer. Der Dialog mit den Bürger sei wichtig: "Sie müssen selbst hinter der Entwicklung stehen“, erklärte Leitz. Ähnlich sieht dies Wolfgang Borst aus Bayern, der dort die Gemeinde-Allianz Hofheimer Land initiiert hat: „An jedem Stammtisch und in jeder Gemeinde soll es Gesprächsthema sein, wie man leer stehende Gebäude wieder nutzen kann.“

Die Anzahl der leerstehenden Gebäude erheben

Langfristig planen kann man nur, wenn man genau weiß, wie viel leer stehende Gebäude es gibt und in Zukunft geben wird. Grundlage dafür ist eine eingehende „Dorfanalyse“. Sie erfasst die Ist-Situation aller Daten.

Frank Weber, von der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung, ist einer der führenden Köpfe bei der Entwicklung des neuen Raumordnungsgesetzes. Aus seiner Sicht ist Südtirol noch in einer komfortablen Situation, weil es hier weniger leer stehende Bausubstanz gibt als in anderen Ländern. Dennoch muss man auch hier zum einen den sich ändernden gesetzlichen Vorgaben aus Rom und zum anderen dem demographischen Wandel Rechnung tragen.

Gegenüber Rom gelte es vor allem, mit Hilfe der Autonomie das „schlanke, schnelle Entscheidungssystem in Südtirol“ zu erhalten. Beim demographischen Wandel müsse man sich bewusst sein, dass die urbanen Gebiete tendenziell wachsen, einige ländliche Gebiete dagegen Bewohner verlieren. Um dem gegenzusteuern, will das neue Gesetz neuen Freiraum geben, z.B. durch Mischzonen, in denen Wohnen gleichzeitig mit Dienstleistung oder Gewerbe möglich wird: Wichtig ist nur, dass alle weiteren Nutzungen mit Wohnen vereinbar sein müssen. Wenn nicht, müssen sie in Zonen stattfinden, die nicht für Wohnen zugelassen sind.

In Zukunft will man demnach einerseits die Landwirtschaft stärken und andererseits per Gesetz mehr Eigenverantwortung den Gemeinden und Bauherren überlassen.