Obst
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Podiumsdiskussion: Kommunikation mit den Mitgliedern verstärken

​​​​​​​Was kann Genossenschaft und wie passt sich dieses bewährte Modell in Zeiten großer Veränderung an? Darüber wurde beim Obstbauseminar des Absolventenvereins landwirtschaftlicher Schulen ALS im Rahmen einer Podiumsdiskussion viel diskutiert. Dabei zeigte sich besonders, dass vor allem die Kommunikation zwischen den Mitgliedern und den Genossenschaften weiter verstärkt werden muss.

Südtirols Äpfel werden zu 95 Prozent genossenschaftlich verarbeitet und vermarktet. Seit den 2000er-Jahren haben sich die Obstgenossenschaften mit heute 17 an der Zahl mehr als halbiert. Die Vermarktung läuft im Wesentlichen über die Erzeugerorganisationen VOG und VIP, um der steigenden Marktkonzentration ein starkes Angebot entgegenzusetzen. In den letzten Jahrzehnten sind nicht nur die Strukturen in der Obstwirtschaft stark gewachsen, sondern parallel dazu hat sich auch die Distanz zu den Genossenschaftsmitgliedern, den Obstbauern, vergrößert. „Wir sind überzeugt von der Genossenschaft, aber nicht jeder Bauer hat mehr den nötigen Überblick, deshalb wollten wir mit hochkarätigen Referenten darüber diskutieren“, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Obstbauseminar Klaus Kapauer.

Mitglieder wollen ernst genommen werden

Dass das einfache Mitglied oft weit weg von den Entscheidungen der Genossenschaft ist, bemängelte der Obstbauer Andreas Ludwig aus Montan im Unterland teil. „Wir fühlen uns oft nur mehr als Dienstleister des Systems, wobei wir im Grunde eigentlich die Eigentümer sind“, sagte Ludwig. Er möchte als Mitglied wieder mehr ernst genommen werden und die Sicherheit spüren, dass er über die Genossenschaft seine Existenz sichern kann. Daher deponierte er auch den Wunsch, dass die genossenschaftliche Obstwirtschaft künftig noch mehr Sicherheit und Kalkulierbarkeit garantieren sollte, was die Auszahlung an die Obstbauern betrifft. „Es wäre hilfreich, wenn man ungefähr wüsste, was man Ende des Jahres bekommt“. Auch ist Ludwig überzeugt, dass der Bauer von der Genossenschaft für hochwertige Ware auch einen hochwertigen Preis erhalten müsse. „Leider war man in den letzten Jahren häufig nicht einmal imstande, die Spesen zu decken“, meinte Ludwig.

Mitglieder verstärkt einbinden

Hansjörg Mantinger, Obmann der Obstgenossenschaft Mivor und Obmannstellvertreter der VI.P Vinschgau, erinnerte daran, dass die gewählten Mandatare vorwiegend aus den Reihen der Mitglieder kommen, selbst Bauern seien und daher die Anliegen der Mitglieder und die Erfordernisse der Genossenschaften gut kennen würden. Man habe die Vermarktung umstrukturiert, um die Märkte noch professioneller bearbeiten zu können, man habe mehrere Sortenprojekte initiiert mit dem Ziel, das Sortiment zu optimieren und letztendlich die Auszahlung für das Mitglied zu steigern. Unbestritten sei aber, dass man die Mitglieder verstärkt in die Entscheidungen einbinden und vielfältig informieren müsse. „Wir setzen da bereits viele Maßnahmen, etwa den Tag der offenen Tür, wo die Mitglieder vor Ort sich auch ein Bild machen können über die Prozesse, Abläufe und die Bemühungen der Genossenschaft – immer mit dem Ziel, dass man das bestmögliche Ergebnis für die Mitglieder herausholt“, sagte Mantinger.

Identifikation mit den Mitgliedern stärken

Robert Zampieri, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes, unterstrich, dass es die Obstwirtschaft mit einem sehr komplexen Markt zu tun hat, den man nur zentral mit schlagkräftigen und großen Strukturen erfolgreich bearbeiten kann. Unabhängig davon darf man aber die kapillare Organisation in den Genossenschaften nicht aufgeben. Wichtig ist dabei, dass die Mitglieder einen verständlichen Einblick in das Geschehen und die Situation der Genossenschaft erhalten. Zampieri: „Was die Genossenschaften tun können – und da können wir unterstützen und helfen, ist die Kommunikation zu stärken. Wir müssen wieder die Identifikation mit der Genossenschaft auch bei den Mitgliedern festigen. Das geht nur mit Information, mit Nähe, mit neuen Kommunikationswegen, Formaten im Austausch. Die Mitglieder müssen ihre Sorgen deponieren können, sie müssen das Gefühl haben, dass jemand Rechenschaft abgibt, dass sie auch wissen, was hinter den Kulissen läuft, und wer die Entscheidungen trifft. Wenn diese Distanz verkleinert wird, dann fühlen sich auch die Mitglieder wohler in ihrer Genossenschaft und identifizieren sich auch mit den Beschlüssen ihrer Organe.“

Zampieri betonte auch, dass die Qualifikation und Professionalität der gewählten Mandatare immer wichtiger werde und für den Erfolg der Genossenschaft maßgeblich sei. Hier biete der Raiffeisenverband verschiedene Möglichkeiten.

Genossenschaft ist Basisdemokratie

Die Genossenschaft sei das einzige Wirtschaftsmodell, das effektiv basisdemokratisch organisiert ist und daher auch viel Diskussionsbedarf brauche. Der Erfolg oder Misserfolg hänge aber wesentlich von einer professionellen Führung und vom engen Zusammenhalt ab. Das betonte Reinhard Wolf, der Vorstandsvorsitzende und Generaldirektor der RWA Raiffeisen Ware Austria AG: „Genossenschaften sind Teil der gesamten Marktwirtschaft, es gibt für sie kein wirtschaftliches Biotop oder einen Artenschutz, sondern sie müssen sich jeden Tag dem Markt stellen, der ist manchmal für sie und manchmal gegen sie ist, das ist eine ganz normale Entwicklung“. Er bestärkte die Mitglieder darin, sich in einer immer schnellen drehenden Welt mit immer mehr Einflüssen, die man nicht verändern könne, eng zusammenzuhalten und die Schultern dicht zu machen. „Sie sind es, die die Menschen in unserer Welt ernähren, und die wir so dringend brauchen – und dazu brauchen sie die Solidarität und halten Sie in ihrer Genossenschaft eng zusammen“, sagte Wolf.

An der Podiumsdiskussion teilgenommen hatte auch der Unternehmensberater und langjährige Dr.-Schär-Geschäftsführer Richard Stampfl, der vor allem die Unternehmenssicht in die Diskussion mit einbrachte. Er betonte unter anderem, dass für den Erfolg der Genossenschaften wie für jedes andere Unternehmen vor allem die Qualität entscheidend sei, aber auch eine klare Budgetierung, klare Zielvorgaben, ein starkes Marketing und die Auseinandersetzung mit Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit. Insgesamt sei die Genossenschaft aber ein Erfolgsmodell, das fortgeführt werden muss, weil es wesentlich zum breiten Wohlstand und auch zum sozialen Frieden im Land beitrage.