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Studie OECD: Genossenschaften und ihre Produktivität

Eine Studie zur Produktivität von Genossenschaften stellte das OECD - Centre for Local Development vor kurzem im Rahmen einer Tagung vor. Darin geht es auch um die besondere Rolle der Genossenschaften bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in Krisenzeiten.

Das OECD ist ein Forschungszentrum, das in über 250 Fachausschüssen und Arbeitsgruppen Wissen erarbeitet, Best Practice-Beispiele analysiert und Vorschläge für PolitikerInnen ausarbeitet. Das Ziel ist es Regierungen dabei zu unterstützen, gemeinsam eine stärkere, sauberere und gerechtere Weltwirtschaft zu fördern.

Unter der Leitung von Alessandra Proto, Leiterin des OECD Trento Centre for Local Development, haben die AutorInnen der Studie, Mattia Corbetta, Alexandra Tsvetkova und Wessel Vermeulen, die Situation der Genossenschaften in Italien analysiert und konkrete Vorschläge für politische Verantwortliche erarbeitet. Euricse trug ebenso zur Studie bei wie die Fördereinheiten und Studienzentren von Legacoop, Confcooperative und AGCI.

Die Studie selbst trägt den Titel “La dimensione territoriale della produttività nelle cooperative italiane” ("Die territoriale Dimension der Produktivität in italienischen Genossenschaften"). Sie wurde im Rahmen des Programms "Beschäftigung und lokale Wirtschaftsentwicklung" (LEED) des OECD-Zentrums für Unternehmertum, KMU, Regionen und Städte (CFE) durchgeführt.

Genossenschaften spielen in Italien eine wichtige Rolle

Die in der Studie angeführten Zahlen zeigen, dass in Italien viele Beschäftigte in Genossenschaften arbeiten:

  • Rund 59.000 aktive Genossenschaften (= 1,3 Prozent der Unternehmen) beschäftigten durchschnittlich mehr als 1,2 Millionen Menschen (Arbeitnehmer und Selbstständige), 33.000 externe Mitarbeiter und 10.000 befristet Beschäftigte. Dies entspricht rund 7,1 Prozent der gesamten privaten Beschäftigung.
  • Ohne den Finanz- und Versicherungssektor erzielten Genossenschaften eine Wertschöpfung von 28,6 Milliarden Euro, etwa 4 Prozent der Wertschöpfung des privaten Sektors (ISTAT, 2019).
  • Die meisten Genossenschaften und Sozialgenossenschaften (77 Prozent bzw. 60 Prozent) sind Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte). Wenige große Genossenschaften mit mehr als 250 Mitarbeiter machen fast 37 Prozent der genossenschaftlichen Beschäftigung im Land sowie 2,4 Prozent der gesamten nationalen Beschäftigung aus.

Eine Besonderheit der Genossenschaften ist, dass jede größere Unternehmensklasse einem größeren Anteil an der Gesamtbeschäftigung entspricht, während für andere italienische Unternehmen ein umgekehrtes Verhältnis zu beobachten ist (der Großteil der Beschäftigung entfällt auf die kleineren Größenklassen).

Genossenschaften spielen eine wichtige antizyklische Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in Krisenzeiten. Dies war auch in der Autonomen Provinz Bozen im Zeitraum 2012-2017 der Fall, als das Wachstum der genossenschaftlichen Beschäftigung 50 Prozent überstieg.

Im sozialen Bereich übernehmen Genossenschaften eine besonders wichtige Rolle, da sie dringende gesellschaftliche Bedürfnisse erfüllen und sozialen Problemen entgegenwirken. Deshalb könnten Genossenschaften nach der Pandemie wesentlich zu einer Neuausrichtung der Wirtschaft beitragen und eine nachhaltige Entwicklung fördern.

Derzeit kämpfen viele Genossenschaften in Italien mit den Herausforderungen der COVID-19-Krise. Umsatzrückgänge, eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten und Liquiditätsprobleme erfordern rechtzeitige Unterstützungsmaßnahmen, damit die Kontinuität der wirtschaftlichen Tätigkeit von Genossenschaften gewährleistet und Arbeitsplätze gerettet werden können. Langfristig werden viele Genossenschaften neue Wege finden müssen, um ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Die AutorInnen fordern, dass Unterstützungsmaßnahmen, die allgemein auf KMU abzielen, in Zukunft standardmäßig für kleine und mittlere Genossenschaften zugänglich sein sollen. Sozial verantwortliche Unternehmen sollen auch an öffentlichen Ausschreibungsverfahren teilnehmen können - auch auf lokaler Ebene. Die rechtlichen Barrieren oder andere Hindernisse wie Informationsasymmetrien und Segmentierung bei der Verbreitung von Maßnahmen sollen beseitigt werden. Auf diese Weise wird die genossenschaftliche Wirtschaft angekurbelt, ihre sektorale Diversifizierung gefördert und die Methoden und Werte von Genossenschaften in der Gesamtwirtschaft verbreitet.

Eine weitere Chance für Genossenschaften sehen die AutorInnen in der Bildung von Zweckkonsortien zwischen Genossenschaften und anderen Unternehmen. Netzwerkverträge könnten beispielsweise kleineren Betrieben helfen, Vermögenswerte und Arbeitskräfte zu bündeln. Dies erleichterte es international tätig zu werden oder die Digitalisierung voranzutreiben.

Den AutorInnen zufolge sei es wichtig, allen politischen VertreterInnen klar zu machen, dass Genossenschaften nicht die Gewinnmaximierung anstreben, sondern die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen für ihre Mitglieder oder die Gemeinschaft. Und schon allein deshalb sollten sie gefördert werden.