Wein
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Tagung: Noch mehr auf Export und ideelle Werte setzen

Wie entwickelt sich die internationale Weinwelt und welche Zukunft hat der Wein in der Gesellschaft? Welche Strategien braucht ein Hochpreis-Weinland wie Südtirol in Zukunft? Diese und andere Themen standen im Mittelpunkt der 58. Südtiroler Weinbautagung, die Ende Jänner in Eppan stattfand und wie jedes Jahr auf eine rege Beteiligung stieß.

Hermann Pilz, Chefredakteur des renommierten Magazins „Weinwirtschaft“ beleuchtete Entwicklung und Zukunftstrends der internationalen Weinwirtschaft. Wichtigster Einflussfaktor auf den Weinkonsum bilde die Bevölkerungsentwicklung. Während in den nächsten Jahren der weltweite Weinkonsum insgesamt stabil bleibe und sogar leicht ansteige, werde der demografische Wandel – sprich die veraltete Bevölkerung – in der Folge zu einem Absinken des Konsums führen. Auch die Alkohol- und Gesundheitspolitik führten laut Pilz zu einer tendenziellen Verringerung des Weinkonsums. Zudem gebe es etwa in Europa eine massive Anti-Alkoholbewegung. Tragend für den Weinkonsum seien auf absehbare Zeit die traditionellen Konsumentenländer wie Europa oder Nordamerika. In neuen Märkten wie etwa in Teilen Asiens, müsse sich der Weinverkauf erst noch entwickeln.

Handelsketten diktieren den Markt

Was die Absatzkanäle betrifft, so würden in Deutschland etwa 70 Prozent des Weines allein über die Handelsketten Lidl, Rewe, Aldi und Edeka verkauft. Hier diene der Wein als Aktionsartikel, wobei die Wertschöpfung und die Wertschätzung für das Produkt Wein untergraben würden. Hermann Pilz: „Wir erleben insgesamt in Europa eine gewaltige Angebotskonzentration, der Handel macht den Preis und bestimmt, was angeboten wird“. Und zwar mit einer aggressiven Preispolitik.

Ideelle Werte als Marketinginstrument

Hermann Pilz nannte vor allem zwei Erfolgswege für den Wein: entweder die Massenproduktion, die nur auf technische Weinwerte wie etwa das Mostgewicht setze, oder aber die kleine, handwerkliche Produktion, die vor allem auf ideelle Werte setze. Vor allem der Weg über die ideellen Werte, werdein Zukunft die entscheidende Rolle spielen. Dabei zog Pilz den Vergleich mit der Kunstwelt. „Kunst und Wein sind sehr ähnlich, Wein und Kunst sind ästhetische Produkte, die es dem Verbraucher schwer machen, einen Wert zuzumessen“. Ideelle Werte wie beispielsweise das Terroir, der Name des Winzers, die Geschichte des Weinguts, aber auch die Bewertungen durch renommierte Weinführer, machten für den Kunden den Wert des Weines aus. Daher würden derlei ideelle Werte zum zentralen Marketinginstrument, die soziale Anerkennung schaffen. Hermann Pilz: „Wein hat einen Wert, der über den Wert der Inhaltsstoffe hinausgeht und das schafft kein anderes Produkt, daher hat Wein auch weiterhin eine gute Zukunft“.

Hohes Qualitäts- und Preisniveau erreicht

Unter dem Motto „Südtirol Wine - Quo vadis?“ skizzierte Klaus Gasser, Direktor Verkauf und Marketing in der Kellerei Terlan, die aktuelle Situation der Südtiroler Weinwirtschaft. Dabei ging er besonders auf die Bedeutung des Terroirs, der Sortendynamik, der Positionierung auf den Märkten und auf die Preis- und Kostenpolitik ein. Die Südtiroler Weinwirtschaft habe in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen extremen Aufschwung genommen und ein sehr hohes Qualitäts- und Preisniveau erreicht. „Wir haben äußerst gute Auszahlungspreise im EU-Vergleich“, sagte Gasser. Auch sei es gelungen, die internationale Positionierung etwas zu stärken und durch Kultweine auch ins Ultra-Premium-Segment vorzudringen.

Strategische Veränderung notwendig

Das erreichte hohe Qualitäts- und Preisniveau erfordere aber auch eine strategische Veränderung. Was Südtirol fehle, sei etwa eine klare Leitsorte, mit der das Land identifiziert wird, so wie es sie in den renommierten Weinbaugebieten wie Toskana, Burgund oder Bordeaux gebe. Diese könnte etwa der Weißburgunder sein, weil es eine international unbesetzte Sorte sei.

Exportanteil deutlich erhöhen

Um die positive Stimmung und das hohe Preisniveau zu halten, brauche die heimische Weinwirtschaft auch eine größere Streuung an den Märkten, sprich einen höheren Exportanteil. Der Export sei ausbaufähig und berge noch ein hohes Potential. Dieser liege heute bei 27 Prozent (38 Prozent des Weines werden in Südtirol vermarktet, wobei vor allem der Tourismus eine große Rolle spielt, 35 Prozent im restlichen Italien) und sollte jedoch auf 40 bis 50 Prozent erhöht werden, meinte Gasser. Daher sei es notwendig, neue Märkte zu erschließen.

Mehr Mittel fürs Marketing

Dazu brauche es qualifizierte Markenbotschafter, eine intensive Marktbetreuung, eine Stärkung der Marke Südtirol Alto Adige, eine Leitsorte zur Identifikation der Region, vermehrte Investitionen in Vertrieb und Marketing und nicht zuletzt – ganz konkret – auch eine Aufstockung der finanziellen Mittel für "Südtirol Wein Marketing". Wichtig für den Erfolg der Weinwirtschaft seien auch Weine im Hochpreissegment, Kultweine, die dem Weingebiet ein exklusives Image geben. Ebenso notwendig seien die stärkere Positionierung der Südtiroler Weine in der Top-Gastronomie sowie die stärkere konkrete Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien wie beispielsweise der Verzicht auf den Einsatz von Herbiziden und chemischer mineralischer Dünger, meinte Gasser in seinem Vortrag.

Die Weinbautagung wurde vom Verein der Absolventen Landwirtschaftlicher Schulen in Zusammenarbeit mit der Abteilung Landwirtschaft, der Autonomen Provinz Bozen, der Laimburg und dem Beratungsring veranstaltet. Eröffnet wurde die Tagung von Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler, der den hervorragenden Ruf der Südtiroler Weinwirtschaft im internationalen Geschäft betonte und auf aktuelle Themen wie beispielsweise die Pflanzrechte und Neupflanzungen einging.
Bei der Tagung wurden zudem eine Reihe von Fachthemen behandelt wie die Problematik der goldgelben Vergilbung, die geländeklimatische Standortbewertung von Weinbauflächen, Lösungsansätze für die Applikationstechnik und die Erfahrungen mit dem Mehltau im vergangenen Weinbaujahr.

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