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Unternehmensform mit Potential

Die Genossenschaft ist eine starke und zukunftsfähige Unternehmensform. Das wurde am Samstag, 3. Oktober, bei einer überregionalen Tagung in der Raiffeisenkasse Wipptal in Sterzing betont.

Bei der Tagung, die unter dem Motto "Die Genossenschaften im alpinen Raum: tief verwurzelt und stabil in die Zukunft“ stand und von der Raiffeisenkasse Wipptal im Rahmen ihres 125-jährigen Gründungsjubiläums veranstaltet wurde, zeigten Experten aus Nord- und Südtirol und dem Trentino Anwendungsmöglichkeiten des Genossenschaftsmodells auf.

Aufstrebende Genossenschaften
Die Genossenschaften seien gestärkt aus den Krisenjahren hervorgegangen, betonte etwa Carlo Borzaga. Der Professor an der Universität Trient bezeichnete die Genossenschaft als  aufstrebende Unternehmensform, die in unterschiedlichsten Ausprägungen erfolgreich agiere und weltweit einen Jahresumsatz von ca. 3.000 Mrd. Euro erwirtschafte. Die Genossenschaften bilden einen jener wenigen Sektoren, die in den letzten Jahren neue Arbeitsplätze geschaffen hätten. Allein in Italien seien 10% der privat Beschäftigten in Genossenschaften tätig. Borzaga trat auch dem Vorurteil entgegen, wonach Genossenschaften nur aufgrund steuerlicher Vorteile erfolgreich seien. In Summe würden sie mehr Abgaben an den Staat entrichten als andere Wirtschaftssektoren und Unternehmensformen.
Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes, beleuchtete den heutigen Nutzen genossenschaftlicher Werte und betonte, dass die Genossenschaften weltweit wesentlich zur Lösung kollektiver Herausforderungen beitragen würden. In Südtirol sichern die Raiffeisen-Genossenschaften rund 100.000 Existenzen.

Regionale Kreisläufe fördern
Anton Steixner, Obmann der Milchgenossenschaft Wipptal-Stubai und langjähriger Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreter, gab Einblick ins Tiroler Genossenschaftswesen, lobte die "professionell funktionierende" genossenschaftliche Landwirtschaft in Südtirol und hob die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Milchsektor hervorhob. In Richtung Brüssel forderte er eine stärkere Unterstützung etwa für die Regionalbanken. "Entscheidend sei es, regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern und dazu eignet sich das Genossenschaftsmodell“, meinte Steixner.
Heinz Gstir, Obmann der 2002 gegründeten Genossenschaft Bioalpin eGen, erläuterte das Erfolgsprojekt "Bio vom Berg". Über diese unabhängige Erzeugermarke werden nach anfänglich acht heute mittlerweile 120 Produkte von Tiroler Biobauern erfolgreich vertrieben, nicht zuletzt auch über die Lebensmittelkette MPreis. Gstir forderte angesichts der TTIP-Verhandlungen positive Rahmenbedingungen für die Genossenschaften als regionale Problemlöser und keine Propagierung der industriellen Landwirtschaft.

Als krisensicher bewährt
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann skizzierte die Möglichkeiten der Genossenschaft als Unternehmensform aus europäischer Sicht. Die Krisenjahre hätten der rein kapitalistischen  Marktwirtschaft Grenzen aufgezeigt, während sich die Unternehmensform der Genossenschaft als durchwegs krisensicher bewährt hätte. Die Genossenschaftsform berge noch Potential und verdiene sich von der Europäischen Union eine stärkere Förderung, meinte Dorfmann. Eine bessere Verankerung der Genossenschaftsform in europäisches Recht bezeichnete Dorfmann indes als schwierig, nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Facetten, Ausprägungen und Größen der Genossenschaften in Europa.

Alberto Inas, Leiter des "Centro sulla Storia dell'economia Cooperativa", eine Sektion der Trentiner Museumsstiftung, beleuchtete die Ursprünge der Raiffeisen-Genossenschaften im historischen Wirtschaftsraum von Kufstein bis Ala.

In einem Expertendialog mit Obmann Günther Seidner (Raiffeisenkasse Wipptal), Raiffeisenverband-Obmann Herbert Von Leon, Obfrau Petra Brand (Sozialgenossenschaft Betreuungsteam Wipptal) und Obmann Peter Trenkwalder (GRW Wipptal) wurde  u. a. die verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit aber auch jene zwischen den einzelnen Genossenschaften hervorgehoben. Zudem präsentierten bei der Tagung Genossenschaften ihre Produkte und Dienstleistungen, darunter die Eisacktaler Kellerei, die Wipplamb, der Milchhof Sterzing, die Bioalpin aus Innsbruck sowie die Start-UP-Beratung des Raiffeisenverbandes.