Der Mutualitätsfonds wurde im Zuge der Reform des Genossenschaftsrechts 1992 eingeführt. In Südtirol gibt es den Raiffeisen Mutualitätsfonds, der vom Raiffeisenverband verwaltet wird. Die Gelder, die darin einfließen, stammen etwa zu zwei Drittel von den Raiffeisenkassen und zu einem Drittel von den Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften. Mit diesen Mitteln werden vor allem technologisch innovative Projekte von Genossenschaften unterstützt. "Damit bildet sich ein Kreislauf zur gegenseitigen Förderung der Genossenschaftsform", sagte Nicolussi.
Das Prinzip der Gegenseitigkeit bzw. das Mutualitätsprinzip und der genossenschaftliche Förderauftrag sind zentrale Grundmerkmale einer jeden Genossenschaft. Die begünstigte Gewinnbesteuerung können jedoch nur "echte" Genossenschaften in Anspruch nehmen. Das sind jene, die vorwiegend mit und für die Mitglieder arbeiten. So müssen beispielsweise bei einer Obstgenossenschaft mehr als die Hälfte des Obstes von den Mitgliedern stammen. "Unechte" Genossenschaften müssen hingegen rund 70 Prozent des Jahresüberschusses versteuern.
Aufpreis und Anlieferungspflicht
Als zwei besondere Merkmale speziell der landwirtschaftlichen Genossenschaften in Südtirol nannte Revisionsdirektor Nicolussi den sogenannten Aufpreis und die Anlieferungspflicht. Während der Geschäftsanteil beim Austritt eines Mitgliedes in jedem Fall rückbezahlt wird, wird der Aufpreis, den ein Mitglied beim Eintritt in die Genossenschaft zahlen muss, den unaufteilbaren Rücklagen zugeführt, so wie dies in Südtirol die allermeisten landwirtschaftlichen Genossenschaften in ihren Satzungen festgeschrieben haben. Damit wird die Austrittshürde höher gelegt und verhindert, dass Mitglieder nur aus kurzfristigem wirtschaftlichem Kalkül von einer Genossenschaft zur anderen wechseln. Mitglieder verlieren also beim Austritt aus einer Genossenschaft den Aufpreis und müssen beim Eintritt in eine neue Genossenschaft einen neuerlichen Aufpreis bezahlen.
Bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften in Südtirol gilt zudem auch noch die Anlieferungspflicht. Das bedeutet, dass ein Mitglied sämtliche Produkte an die Genossenschaft anliefern muss, mit Ausnahme des Eigengebrauchs. Damit wird verhindert, dass Mitglieder beispielsweise Äpfel oder Trauben im großen Stil nicht anliefern oder nur die schlechte Ware zur Genossenschaft bringen. Zudem wird damit gewährleistet, dass die eigene Genossenschaft eine gute Qualität und genügend Mengen erhält, um ihre Strukturen auszulasten und gute Qualitätsprodukte vermarkten zu können. "Mitglied einer Genossenschaft zu sein, bedeutet eben Rechte und Pflichten, sicher ist aber, dass ohne die landwirtschaftlichen Genossenschaften heute viele kleinstrukturierte Betriebe nicht überlebensfähig wären", meinte Nicolussi. In einer regen Fragerunde ging es unter anderem um die zunehmend schwindende Mitgliederbeziehung in immer größeren Genossenschaften.
Ein weiteres Thema war auch die Handhabung der fixen und variablen Kosten in den Obstgenossenschaften bei der Ermittlung des Auszahlungspreises, speziell wie im vergangenen Erntejahr mit einem großen Ernteausfall durch Frost und Hagel.