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Wie man Apfelwickler-Männchen den Kopf verdreht

Beratungsring testet neue Verwirrungstechnik zur Schädlingsabwehr - mit dem Aussenden eines Sexualpheromons soll verhindert werden, dass sich die Raupen der Wickler in den Apfel fressen und ihn zerstören

Apfelwickler-Weibchen wissen sich zu helfen: Um Männchen zur Befruchtung anzulocken, setzen sie einen eigenen Duftstoff – ein Sexualpheromon – frei. Doch mit vielen Wickler-Nachkommen haben Obstbauern wenig Freude. Die jungen Raupen fressen sich nämlich in die Früchte und zerstören sie so. Diese Schäden werden in Südtirols Obstwiesen mit der Verwirrungsmethode verhindert. Der Beratungsring testet derzeit ein neues Verfahren mit Duftstoffen, die die Männchen des Apfelwicklers und eines weiteren Schädlings auf die falsche Fährte locken.

„Wir sind laufend auf der Suche nach innovativen Verfahren zur Schädlingsbekämpfung und testen sie in den Obstwiesen unter Freiland-Bedingungen, denn es ist seit jeher unser Ziel Pflanzenschutzbehandlungen möglichst gering zu halten“, sagt Robert Wiedmer, Leiter des Südtiroler Beratungsringes für Obst- und Weinbau. „Mit der Verwirrungsmethode – einem biotechnischen Verfahren – haben wir im integrierten Anbau seit Jahrzehnten sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit diesen Methoden wird die Fortpflanzung von Schädlingen verhindert bzw. stark reduziert; unzählige Pflanzenschutz-Behandlungen konnten dadurch vermieden werden.“

So funktioniert die Verwirrung

Ein synthetisch hergestellter Duftstoff, der dem Lockstoff des Wickler-Weibchens nachempfunden wird, wird in Plastikampullen, sogenannte Dispenser, gefüllt und auf die Bäume gehängt. Dadurch entsteht in der Apfelanlage eine gleichmäßige Duftwolke, die es dem Männchen unmöglich macht ein Weibchen zu finden. Die Folge: keine Paarung – keine Nachkommen – keine Fruchtschäden.

Neue-Verwirrungstechnik in der Praxis eingesetzt

Die Verwirrungstechnik  mit den sogenannten Aerosoldispensern wurde in den letzten Jahren auf mehreren Versuchsparzellen getestet. Nach guten Ergebnissen kommt diese Technik heuer bereits auf etwa 4.000 ha zum Einsatz. Bei den Aerosoldispensern werden nicht Ampullen, sondern kleine Behälter mit Duftstoffen, in der Apfelanlage verteilt. Diese sind mit einem Timer versehen und geben in periodischen Abständen in den Abend- und Nachtstunden Duftstoffe ab. Wesentlich für den Erfolg ist nämlich eine gleichmäßige und kontinuierliche Abgabe des Duftstoffes.

Erstmals auch gegen Fruchtschalenwickler-Männchen im Einsatz

Heuer testet der Südtiroler Beratungsring dieses neue Verfahren erstmals auch bei der Verwirrung des Fruchtschalenwicklers. Auf einer etwa 9 Hektar großen Fläche bei Schlanders kommt diese neue  Duftstoffkombination zum Einsatz. Neben dem Apfelwickler-Pheromon enthält der Aerosoldispenser nämlich auch ein Fruchtschalenwickler-Pheromon, sodass die zwei wichtigsten Wickler-Arten gleichzeitig abwehrt werden. „Es gab bereits in Vergangenheit sogenannte kombinierte Dispenser gegen beide Schädlinge. Wir möchten nun erheben, ob diese Kombination auch mit dieser neuen Verwirrungstechnik funktioniert“, sagt Robert Wiedmer.

Umweltfreundliche Bekämpfungsmaßnahme seit Jahrzehnten Standard

„Diese umweltfreundliche Bekämpfungsmaßnahme ist in integriert wirtschaftenden Betrieben seit Jahrzehnten Standard“, sagt Harald Weis, der Obmann der Arbeitsgruppe für den Integrierten Anbau (AGRIOS). „Auf einer Fläche von etwa 16.000 Hektar hängen die Dispenser und wehren einen Frucht-Befall erfolgreich ab. Pheromone hinterlassen keine Rückstände und sind eine wesentliche Hilfe im naturnahen Anbau.“ Mit der Verwirrungsmethode konnten die Behandlungen gegen diesen Schädling auf ein Drittel reduziert werden. In vielen Anlagen sind dadurch auch gar keine Behandlungen mehr notwendig.