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Wein
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„Arbeiten an einer klaren Zukunftsvision“

Vergangenen November wurde Bernhard Leimegger zum neuen Obmann der Kellerei St. Pauls gewählt. Mit einer langfristigen Vision und einer klaren Strategie für die Zukunft möchte er gemeinsam mit dem neuen Verwaltungsrat und den Mitgliedern die Kellerei in die „Oberliga“ der Südtiroler Weinwirtschaft führen.

Herr Leimegger, die Kellerei St. Pauls befindet sich in einer Umbruchphase. Warum haben sie sich für die Obmannschaft entschieden?

Bernhard Leimegger: Der ausschlaggebende Punkt war für mich die Herausforderung, die Genossenschaft mitzugestalten und Impulse zu geben, wie sie sich für die Zukunft gut entwickeln kann. Ich denke, dass ich mit dem starken Vertrauen der Mitglieder im Rücken und mit meiner beruflichen Erfahrung etwa in der Organisationsentwicklung und Managementberatung einen Beitrag zur Entwicklung der Kellerei St. Pauls leisten kann. Die Gesellschaft, die Märkte, die Konsumentenwünsche ändern sich rasant. Es ist wichtig, sich dafür fit zu machen und ein klares, längerfristiges Zukunftsbild für die Genossenschaft zu entwickeln.

In den letzten Jahren waren die Funktionen des Obmannes und Geschäftsführers in einer Person zusammengelegt. Wie sehen Sie Ihre neue Rolle? 

Der Verwaltungsrat hat von der Vollversammlung einen Führungsauftrag erhalten. Ich möchte mich als Obmann gemeinsam mit dem Verwaltungsrat der Führungsarbeit, den Mitgliedern,  der Zukunftsentwicklung und Visionsbildung widmen. Das Tagesgeschäft ist hingegen Aufgabe der Managementebene. Ich begrüße eine klare Trennung der verschiedenen Rollen. Sie bewirkt die Auseinandersetzung und Reflexion mit all unseren Herausforderungen und führt zu besseren Entscheidungen. Die Genossenschaft ist eine Unternehmensform, in der viele Ebenen mitdenken, mitentscheiden und mit Verantwortung übernehmen. Wir erleben derzeit eine intensive Anfangsphase. Wir haben einen Verwaltungsrat mit einigen neuen Gesichtern und haben Veränderungen in der Organisationsstruktur. Meine Aufgabe sehe ich deshalb auch in der Rolle eines „Ermöglichers“, der für ein gutes Umfeld sorgt und darauf achtet, dass unsere Mitarbeitenden ihre Potentiale im Sinne der Genossenschaftsvision entfalten und entsprechende Verantwortung für eine gute Entwicklung übernehmen können.

Wo möchten Sie als neuer Obmann ansetzen? In einer Genossenschaft spielen die Mitglieder eine zentrale Rolle. Hier gab es in der Kellerei St. Pauls in der Vergangenheit auch manche Unstimmigkeiten.

Ich würde von einer gewissen Stimmungsunzufriedenheit sprechen. Ich befasse mich seit über 20 Jahren mit der Entwicklung der Menschen in Organisationen und darüber, wie Veränderungen ermöglicht und gestaltet werden. Mir liegt viel daran, an einer gemeinsamen, tragfähigen Vision und einem klaren Leitbild zu arbeiten. Ich sehe es als Aufgabe des Verwaltungsrates und des Obmannes, die Mitgliederidentifikation zu stärken und eine gemeinsame Ebene zu finden. Diese Gemeinschaftsebene zu erreichen, darin sehe ich eine große Herausforderung. In der Gemeinschaft liegt aber auch die Stärke einer Genossenschaft. Mit klaren Zielen, Werten und Haltungen wird sich Erfolg und Zufriedenheit einstellen. 

Was meinen Sie damit konkret?

Wir haben schon heute, wie andere Mitwettbewerber auch, mit unserer Namensbezeichnung St. Pauls eine starke Identität. Aber wir müssen klar definieren, wofür unsere Kellereigenossenschaft mit ihren Weinen steht und unser Profil weiter schärfen. Die Mitglieder müssen ihre Kellerei und Produkte mit klaren Werten und Haltungen verknüpfen können. Diese Wertehaltung muss nach außen transportiert werden und mit dem, was die Kellerei und die Mitglieder machen, im Einklang stehen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die Genossenschaften die allerbeste Gesellschaftsform bietet, um Veränderungen erfolgreich zu bewältigen, weil das Miteinander und die Gemeinschaft im Mittelpunkt steht und nicht die Einzelkämpfer. Als Kellereigenossenschaft mit rund 200 Mitgliedern sind wir zudem eng mit der Entwicklung des Dorfes verbunden und tragen auch dafür eine bestimmte gesellschaftliche und soziale Verantwortung mit, die wir wahrnehmen wollen. 

Ist die Ausarbeitung einer Vision und eines neuen Leitbildes für die Kellerei die unmittelbare Aufgabe, die sie umsetzen möchten?

An der Entwicklung der Kellerei wurde schon immer konstant gearbeitet, denken wir an die erst kürzlich erfolgte Modernisierung der baulichen Strukturen. Man hat immer schon visionär gedacht und nach vorne geschaut, aber man blieb dabei oftmals in der operativen Tätigkeit haften. Wir brauchen eine mittel- und langfristige Vision, mit der sich die Mitglieder identifizieren können. Daraus wollen wir tragfähige Strategien ableiten, die eine Ausrichtung und Entwicklung für die Zukunft über das Tagesgeschäft hinaus ermöglichen. Wir haben alle Voraussetzungen für den Erfolg, unsere Weinlagen gehören mit zu den besten in Südtirol. Wir haben rund 180 Hektar Rebfläche und erzeugen an die 1,6 Millionen Flaschen Wein. Es geht darum, unsere Genossenschaft als erfolgreiches Modell für die Zukunft zu gestalten, wie sie als Betrieb wirtschaftlich gut arbeitet, für die Mitglieder langfristige Stabilität sichert und ihren sozialen und gesellschaftlichen Auftrag erfüllt. 

Ein langer Entwicklungsweg hin zum Erfolg?

Wenn unser Weg klar ist, dann bin ich überzeugt, dass es ein gewinnbringender Weg sein wird, auch wenn wir Kompromisse eingehen werden müssen. Es wäre unrealistisch, dass wir sofort die erwünschten Ergebnisse erreichen. Es braucht ein bestimmtes Durchhaltevermögen, aber die Erfolge werden sich manifestieren. Wichtig ist, dass wir an unsere Strategie glauben und daran festhalten, weil sie mit einer Vision für die Zukunft verknüpft ist. Unser Ziel muss es sein, in die „Oberliga“ der Südtiroler Weine aufzusteigen und dazu müssen wir die nötige Energie aufbringen. Ich weiß, dass unsere Mitglieder motiviert sind, diesen Weg mitzugehen. 

Was kommt auf die Mitglieder zu?

Es geht mittelfristig darum, sich mit unserer Vision auseinanderzusetzen und nötige Veränderungen im Weinbau, die etwa Menge, Qualität oder Sortiment betreffen, positiv mitzugestalten. Hinzu kommen Themen der Agenda 2030, wie der Pflanzenschutz, die Bewässerung oder die Nachhaltigkeitsaspekte. Unsere Mitgliedsbetriebe sind schon gut aufgestellt und haben bereits viel an Entwicklungen mitgetragen. Nun geht es auch darum, in dieser Kontinuität und Richtung noch weiterzufahren. 

Eine wichtige Funktion ist jene des Kellermeisters. Auch hier stehen in der Kellerei St. Pauls Veränderungen an …

Das ist richtig. Wolfgang Tratter wird mit Ende Jänner nach 17 Jahren Tätigkeit als Kellermeister zur Sektkellerei Arunda nach Mölten wechseln. Er hat für unsere Kellerei vieles erreichen können. Wir haben im Moment mehrere Möglichkeiten ins Auge gefasst und werden in den nächsten Monaten dann zu einer Entscheidung kommen. Dabei nehmen wir uns aber die entsprechende Zeit, denn es handelt sich um eine der führenden Funktionen in der Kellerei. Ein Kellermeister bildet vielfach das Gesicht der Kellerei nach außen. Er muss nicht nicht nur ein erstklassiger Önologe sein, sondern mit seiner Persönlichkeit auch die Werte und Haltung der Kellereigenossenschaft vertreten. 

Wo sehen Sie die Kellerei in einigen Jahren?

Die Kellerei St. Pauls hat ein sehr großes Potential. Dieses Potential müssen wir fokussiert am Markt platzieren und so klar wie möglich den Verbrauchern vermitteln. Wir müssen alles daransetzen, dass sich der Konsument aufgrund unserer klaren Identität für das Produkt Wein und Sekt von St. Pauls entscheidet. Als mittelgroße Kellerei können wir uns in den nächsten Jahren zu einem Selektionstipp innerhalb der Südtiroler Weinwirtschaft entwickeln, und zwar durchaus mit einigen elitären Produkten. Das erfordert seine Zeit in der Ausrichtung und in der Umsetzung. Aber wir sind voll motiviert!
Interview: Thomas Hanni

Bernhard Leimegger

Bernhard Leimegger, Jahrgang 1968, ist seit November Obmann der Kellerei St. Pauls. Er ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen und kennt die Kellereigenossenschaft seit Kindheitstagen. Hauptberuflich ist Leimegger Unternehmensberater und Gesellschafter der SYSTENT GmbH in Algund. Er beschäftigt sich vor allem mit systemischer Organisationsentwicklung, Managementberatung, Teamentwicklung und Produktzertifizierung. Über die Berufsebene hat er die Kellerei St. Pauls in Vergangenheit auf technischer Ebene u. a. im Bereich Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Hygiene begleitet. Leimegger hat eine vielfältige Ausbildung u. a. als Innovationsmanager, Wirtschaftsmediator oder Kommunikations-Coach. Seit 2018 ist er auch Präsident des Wohn- und Pflegeheimes St. Pauls. Bernhard Leimegger wohnt in Missian, ist verheiratet und hat drei Kinder.