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Ein Meilenstein: Kollektivvertrag für die Sozialgenossenschaften

„Der neue territoriale Kollektivvertrag für die Sozialgenossenschaften ist ein Meilenstein, nicht das Ziel“, sagt Christian Tanner im Interview. Er saß für den Raiffeisenverband Südtirol am Verhandlungstisch.

Sozialgenossenschaften finden sich derzeit in einer schwierigen Lage. Viele mussten aufgrund des Lockdowns auf Unterstützungsmaßnahmen zurückgreifen. Umso bemerkenswerter ist der, nach langwierigen Verhandlungen, erneuerte Kollektivvertrag für die Sozialgenossenschaften.

Warum war die Einigung so schwierig?

Vier Arbeitgeberverbände und entsprechend viele Gewerkschaftsorganisationen sind viel - da braucht es auch auf dieser Ebene Koordination. Außerdem hängen Sozialgenossenschaften vielfach von öffentlichen Aufträgen ab, die noch mit alten Ausschreibungspreisen erfolgten und eine Anpassung "unter der Zeit" ist schwierig.

Nicht alle Gemeinden schreiben zu den entschiedenen Stunden- und Tagessätzen aus. Die Gehaltstabellen der Sozialgenossenschaften können auch nicht so einfach angehoben werden. Das geht nur schrittweise. Da braucht es eine Anpassung des Landesergänzungsvertrages und des gesamtstaatlichen Vertrages, damit es für die Sozialgenossenschaften - bei denen die Personalkosten einen Hauptanteil der Gesamtkosten ausmachen - erträglich und wirtschaftlich verkraftbar gestaltet werden kann. Hinzu kommen Themen, welche die Sozialpartner gar nicht alleine lösen können, sondern die Politik auf Landes- und Gemeindeebene betreffen. Da gab es bereits mehrere Anläufe, um das zu koordinieren. Ganz einfach ist auch das nicht.

Haben Sie die Verhandlungsziele erreicht?

Ich würde sagen, man hat den Umständen entsprechend, ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis erreicht. Ein Zwischenergebnis. Die Gehälter in diesem Bereich bedurften einer Anpassung. Wir hoffen nun, dass die gestiegenen Gehälter bei den künftigen Ausschreibungen berücksichtigt werden. Durch geänderte Ausschreibebedingungen wiederum, kommt man zu den entsprechenden Deckungsbeiträgen und kann dann einen weiteren Schritt setzen.

Interessant ist, dass der erneuerte Kollektivvertrag auch eine weitere Tranche von Gehaltserhöhungen vorsieht, sobald jeder im System seinen Beitrag dazu leistet. Werden u.a. die Ausschreibungspreise angepasst, können die Erhöhungen ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass die Ausschreibungsbehörden die Richtpreise anwenden müssen. Wir hoffen auch auf einen gerechteren Schlüssel für die Eigenkosten der Gemeinden (z.B. Miete, Verpflegungskosten). Wir haben uns verpflichtet, sollten sich dadurch Spielräume ergeben, diese an die Mitarbeiter weiterzugeben.

Was steht einem wirklichen Durchbruch entgegen?

Man kann nicht von Null auf 100 starten. Der erste Schritt ist eine Erhöhung, die dann bei den nächsten Ausschreibungen berücksichtigt wird. Erst dann hat man wieder so viel Spielraum, dass weitere Erhöhungen angestrebt werden können. Das ist ein Prozess.

Warum wurde in dem Bereich so lange nichts gemacht?

Genau das ist die Problematik. Die laufenden Ausschreibungen werden "unter der Zeit" nicht angepasst. Da gibt es heute noch Gemeinden, die sich nicht an die offiziellen Stundensätze halten, sondern auf das tiefste Angebot setzen. Für Sozialgenossenschaften bleiben da kaum Spielräume. Dabei ist Kleinkindbetreuung ein wesentliches Element für die Gesellschaft und die Voraussetzung dafür, dass andere Systeme überhaupt funktionieren. Unternehmen beispielsweise, stehen weniger MitarbeiterInnen zur Verfügung, wenn die Kleinkindbetreuung nicht flächendeckend funktioniert.

Was genau hat sich im neuen Kollektivvertrag verändert?

Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass in den neuen Ausschreibungen die überarbeiteten Gehaltstabellen berücksichtigt werden. Jetzt geht es darum, dass dies auch umgesetzt und die Umsetzung überwacht wird. Es wurden Berufsbilder im Bereich der Kleinkindbetreuung valorisiert, Einstufungen präzisiert und die Möglichkeit zu höheren Gehältern geschaffen, auch wenn nicht alle Zugangsvoraussetzungen da sind. Man hat die Voraussetzungen geschaffen, dass für den Gesamtsektor ein sogenanntes territoriales Lohnelement verhandelt wird. Innerhalb des Jahresendes könnten dann alle Mitarbeiter, die von diesem Kollektivvertrag betroffen sind, einen Nutzen daraus ziehen.

Man kann sagen: ein erster Meilenstein ist erreicht, das Ziel noch nicht ganz. Es ist gelungen, den Kreislauf zu durchbrechen, um nicht noch weiter im Stillstand zu stehen.

Wie könnte es in fünf oder zehn Jahren aussehen?

Bis dahin könnte man Löhne und Gehälter zahlen, die den Vergleich mit anderen Branchen nicht zu scheuen brauchen. Deshalb ist es notwendig, dass dieser neue Kollektivvertrag als Voraussetzung in die Ausschreibungen aufgenommen wird. Das heißt, wer diese Ausschreibung gewinnen will, muss diesen Kollektivvertrag einhalten. Und dann wird sich dieses Rad langsam nach oben schrauben. Sonst wird es schwierig, da Mitbewerber, die sich nicht an diesen Kollektivvertrag halten, zu niedrigeren Preisen anbieten können.