Generation Z: Genossenschaften sind gefordert
Eröffnete die 26. IGA-Tagung in Innsbruck: Vorsitzende Arnulf Perkounigg

Die GenZ gilt als Generation, die stark von gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit geprägt ist und sich vor allem in der digitalen Welt bewegt. Gleichzeitig interessiert sich die GenZ besonders für die großen globalen Entwicklungen. Aber nicht nur! Das betonte Sophie Leuenberger, stellvertretende Geschäftsführerin des Schweizer Kompetenzzentrums für Genossenschaften Idée Coopérative. Sie stellte eine Studie über die Generation Z vor.
Überschneidende Werte: Chance für Genossenschaft
„Die Studie hat ergeben, dass die Generation Z nicht nur an globalen Themen interessiert ist, sondern dass auch ein großes Bewusstsein für lokale Werte und lokale Produkte besteht, und dass die jungen Leute dies als Teil ihres Engagement für Nachhaltigkeit sehen. Daraus ergeben sich auch Chancen für die lokal tätigen Genossenschaften, die junge Generation zu erreichen. Weil viele Werte, die der Generation Z wichtig sind, stimmen mit den Werten und Eigenschaften der Genossenschaften überein“, sagte Leuenberger. So erwartet sich die Generation Z von Unternehmen beispielsweise, dass sie nicht nur Gewinne machen, sondern dass sie auch aktiv zur Lösung für gesellschaftliche und soziale Probleme beitragen. Leuenberger: „Die genossenschaftliche DNA umfasst Werte wie Mitbestimmung, Gemeinwohlorientierung, Partizipation. Wir glauben, dass diese Werte auch die Generation Z sucht und dass Genossenschaften das Potential haben, diese Werte auch authentisch zu leben und zu kommunizieren. Wir denken, dass die Generation Ehrlichkeit und klare Informationen schätzt, gerade wenn es um ökologische und soziale Themen geht und sie sind kritisch gegenüber oberflächlicher grüner Werbung in Anführungszeichen, die sie nicht nachvollziehen können. Sie wollen nachvollziehen können, ob und wie Unternehmen wirklich einen positiven zu lokalen und globalen Herausforderungen leisten.“ Die Herausforderung gerade für Genossenschaften besteht laut Leuenberger darin, dass sie diese Themen in ihren Kommunikationsstrategien stärker einbeziehen und auch einen emotionalen Bezug zu lokalen Themen schaffen.
Emotionale Verbindung über die digitale Schiene
Allerdings tun sich viele Genossenschaften schwer, die junge Generation überhaupt zu erreichen oder erfolgreich einzubinden. Nicht zuletzt auch, weil Genossenschaften oft noch ein verstaubtes Image haben und die jüngere Bevölkerung mit ihnen träge Strukturen assoziiert. Um das zu ändern, müssen Genossenschaften gezielt daran arbeiten, wie sie bei der jungen Generation Z besser wahrgenommen werden können. Daher sollten Genossenschaften noch viel stärker die konkrete Wirkung und Leistung der genossenschaftlichen Arbeit aufzeigen, erklärte Leuenberger. „Gerade hier besteht eine große Chance für Genossenschaften, sich ein frisches Image aufzubauen und sich zukunftsorientiert zu positionieren, hier empfehlen wir die Nutzung von digitalen Kanälen, die ideale Plattformen sind, um junge Menschen zu erreichen, weil laut unserer Studie ist das Mediennutzungsverhalten der jungen Generation Z stark auf visuelle und interaktive Inhalte fokussiert und somit kann durch eine verstärkte Präsenz auf Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok eine direkte und emotionale Verbindung zur Generation Z hergestellt werden. Und hier würden wir sagen, aus den Erkenntnissen unserer Studie zeigt sich, dass man die Werte der Genossenschaft besonders gut transportieren kann und dann halt auch auf diesen digitalen Kanälen setzen sollte.“

Attraktive Arbeitgeber für die GenZ?
Auch in der Arbeitswelt setzt die Generation Z heute neue Standards, indem sie oftmals nicht nur nach Arbeit, sondern einer Berufung sucht. Für viele Unternehmen stellt die GenZ heute schon einen wesentlichen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar. Günter Dreher, Vorstandsvorsitzender der bayerischen genossenschaftlichen Raiffeisenbank Kirchweihtal, erläuterte bei der Tagung in Innsbruck unter anderem, wie sich die Genossenschaftsbank für die junge Generation Z attraktiv macht. „Da geht es eben drum, für diese Arbeitnehmerkohorte auch attraktive Arbeitsplätze, attraktive Arbeitsinhalte und ein attraktives Arbeitsumfeld zur Verfügung zu stellen. Letztendlich geht es um Authentizität. Sie müssen die Generation Z wirklich direkt ansprechen können. Die muss sich wiedererkennen in ihren Werten, in ihren Sinnfindungen und in einem attraktiven Arbeitsumfeld. Und dann können Sie auch die Arbeitnehmer aus der GenZ fürs Unternehmen gewinnen.“
Die Generation Z hat eine andere Vorstellung von Arbeit als noch die Vorgängergenerationen, wobei vor allem auch Wertschätzung und die aktive Einbindung in die Unternehmensentwicklung wichtig sind, und dass die Arbeit mit den eigenen persönlichen Werten übereinstimmt. Und, was Dreher bestätigt, ist, dass genossenschaftliche Werte für die Generation z eine große Rolle spielen: „Sowohl für die Angestellten wie auch für die Kunden. Denn das, was wir bieten, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit, Mitgliederorientierung, Menschenorientierung, gemeinschaftliche Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg, das soziale Engagement, das alles bildet die Genossenschaft ab, und das können wir bieten. Insofern haben wir hier ein wirklich guten Vorsprung auch vor anderen Rechtsformen, nur den müssen wir natürlich nutzen.“
Sich um die Generation Z bemühen
Dreher unterstrich, dass man sich als attraktiver und familienfreundlicher Arbeitgeber um die Generation Z und um neue Mitarbeiter bewusst kümmern und bemühen muss. Und man muss sich auch einstellen auf ihre Bedürfnisse, wie sie arbeiten will und geführt werden will. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch Arten von Zusatzleistungen. So greift die Bank beispielsweise Mitarbeitern in schwierigen Situationen unter die Arme, unterstützt Azubi-Sozialprojekte und weitere soziale Anliegen. Dreher: „Wir stellen beispielsweise unsere Mitarbeiter für „Social-Days“ frei, also für soziale Tätigkeiten, wo sie dann vor Ort in sozialen Einrichtungen tätig sein können und Engagement zeigen können, die Gesellschaft weiterbringen können, wir pflanzen Bäume für jedes neue Mitglied, das wir in unserer Genossenschaft aufnehmen, spenden wir einen zusätzlichen Baum an die Gemeinde, sorgen so auch für die Nachhaltigkeit in der Gemeinde. Und so gibt es viele Beispiele, wie man das als Genossenschaft auch weiter umsetzen.“

Genossenschaft neu gedacht: Die HausWirtschaft
Nicht nur unter einem Dach arbeiten, sondern auch wohnen – dieses Konzept ermöglicht die Genossenschaft „Die HausWirtschaft“. Wie hier Genossenschaft „neu gedacht“ wird, erklärte bei der Tagung Angela Kohl, Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der HausWirtschaft e.Gen.: „Die Hauswirtschaft ist ein städtebauliches Projekt im zweiten Wiener Gemeindebezirk, wo wir den ursprünglichen Begriff der Hauswirtschaft und Hauswirtschaftslehre neu interpretieren. Wir wollten ein Haus schaffen, in dem Wohnen und Arbeiten sich auf Augenhöhe begegnen, wo wir durch die Nutzung von Synergien ressourcenschonend und nachhaltig agieren. Wir setzen auf ökologische Nachhaltigkeit, auf soziale Aspekte und vor allem auf viele Kooperationen, die sich in unserem Haus ergeben.“
Das Haus mit insgesamt 7000 Quadratmeter hat eine sogenannte radikale Nutzungsmischung. Es ist 50:50 geteilt in Wohnflächen und Gewerbeflächen, insgesamt gibt es 48 Wohneinheiten, vom Ein-Zimmer bis zur Fünf-Zimmerwohnung. Bei den Gewerbeflächen gibt es u.a. einen großen Coworking Space, Gesundheitspraxen und viele kleine Büroräume. „Zusätzlich betreiben wir als Genossenschaft drei Eigenbetriebe. Wir haben ein kleines Hotel im Haus mit neuen Zimmern, einen Veranstaltungssaal und den Coworking Space und sogenannte Flex-Räume, die flexibel gemietet werden können“, sagt Kohl.
„Die HausWirtschaft“ hat eigentlich als Verein begonnen, Selbständige haben sich zusammengetan mit der Idee, dass man gemeinsam mehr erreichen kann, die Arbeitsflächen so gestalten kann, wie man sie braucht und dass man auch wirtschaftlich mehr Spielraum hat“, sagte Kohl. 2019 wurde aus dem Verein dann eine Genossenschaft gegründet mit heute ungefähr 130 Genossenschaftsmitgliedern. „Weil uns die Genossenschaft mehr wirtschaftlichen Spielraum ermöglicht, so können wir beispielsweise Überschüsse generieren mit unseren Eigenbetrieben, die wir wiederum auch in die Genossenschaft investieren können. Wir haben auch eine Dachmarke als Hauswirtschaft und wir können gezielt auf Kooperationen und Synergien setzen, die sich unter den vielen Selbstständigen bei uns ergeben. Und als Genossenschaft haben wir natürlich auch eine viel größere Außenwirkung als jeder einzelne allein.“
Ein kleines Dorf, aber keine „bubble“
Das Haus der Genossenschaft wurde von den Genossenschaftsmitgliedern partizipativ mit einem Architekturbüro gestaltet und ist damit maßgeschneidert auf die Bedürfnisse von Selbständigen. „Wir haben sehr kurze Wege im Haus, alle, die im Haus wohnen, arbeiten auch im Haus, das heißt, wir haben keine Fronten zwischen den Bewohnenden und den Arbeitenden im Haus, es ist sehr familienfreundlich und wir sind auch sehr, sehr ökologisch und ressourcenschonend im Sinne der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet“, sagt Angela Kohl.
Ist „Die HausWirtschaft“ also fast wie ein kleines Dorf? Kohl bejaht, aber weist auch gleich darauf hin, dass sie keine in sich geschlossene bubble bilden wollen. „Vielmehr ist es allen wichtig, dass wir eine große Strahlkraft haben in unser Viertel hinaus, dass wir so ein Hotspot sind, wo man gerne hinkommt, wo es ein interessantes Angebot gibt und dass wir einfach das Nordbahnviertel in Wien bereichern wollen.“
Heute ist „Die HausWirtschaft“ in Österreich das einzige Projekt in dieser Art und in dieser Größe von 7000 Quadratmetern. Mittlerweile kommen viele Besucher aus verschiedenen Ländern, die in der Stadtentwicklung tätig sind, um sich über das Projekt informieren. Ein Jahr nach der Inbetriebnahme freut sich Angela Kohl, dass das Konzept aufgegangen ist und dass diese neue Vision von Genossenschaft auch auf so viel Anklang gestoßen ist. „Aber es hat auch sehr viel Mut erfordert, unser Projekt zu initiieren und umzusetzen“, sagt Kohl.
An der 26. IGA-Tagung, die vom Vorsitzenden Arnulf Perkounigg eröffnet wurde, nahmen zahlreiche Genossenschaftsvertreter aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol und weiteren Ländern teil: Ein Fazit der Tagung: Man muss sich gerade als Genossenschaft aktiv um die jungen Menschen der Generation Z bemühen und ihre Bedürfnisse ernst nehmen, will man sie als Mitarbeiter oder auch als Mitglieder gewinnen.



