Ein Bauprojekt über den Wolken
Das Becherhaus, Südtirols höchstgelegene Schutzhütte, thront auf 3.195 Metern in den Stubaier Alpen. Die 1894 errichtete Hütte wurde zwischen Sommer 2020 und Oktober 2021 unter extremen Bedingungen generalsaniert – ein Projekt, das Peter Trenkwalder und sein Team an körperliche, logistische und mentale Grenzen führte.
Die Herausforderung begann bereits bei der Erreichbarkeit: Nur zu Fuß oder per Helikopter war der Bauort zugänglich. Starke Winde, eisige Temperaturen bis zu -30 Grad, Lawinengefahr und mangelnde Infrastruktur machten das Projekt zu einer „Expedition“, wie Trenkwalder es selbst bezeichnete.
Strategie, Team und Leadership
Im Zentrum des Erfolgs stand für Trenkwalder nicht allein technische Expertise, sondern ein sorgfältig zusammengestelltes Kernteam: 12 Männer und Frauen, die fast ein Jahr lang auf dem Berg arbeiteten – unfallfrei. Dabei war soziale Kompetenz mindestens so wichtig wie handwerkliches Können.
„Männer UND Frauen“, so Trenkwalder, „bringen Balance, neue Perspektiven und eine gesunde Gruppendynamik.“ Auch in über 3.000 Metern Höhe sei das Team beständig extremen Belastungen ausgesetzt gewesen – von Sauerstoffmangel über mangelndes fließendes Wasser bis hin zur mentalen Belastung durch Isolation und Naturgewalten.
Planung unter Extrembedingungen
Die Bauarbeiten wurden bewusst im Winter gestartet, um stabile Wetterbedingungen zu nutzen – eine strategische Entscheidung. Materialtransporte per Helikopter wurden im Tal geübt und später über 1.000 Mal zum Becherhaus geflogen. Die Logistik war hochkomplex, von der Energieversorgung über Wasseraufbereitung bis zur Vorratshaltung.
Wasserreserven wurden im Herbst gesammelt und eingefroren, das WC stammte noch aus dem Jahr 1894, Strom kam aus Dieselaggregaten und Photovoltaik, alte Dachschindeln dienten als Brennmaterial. Selbst kleinste Details mussten minutiös geplant werden – ein „Rechenspiel“, wie Trenkwalder sagte.
Wenn Natur die Regeln vorgibt
Ein Höhepunkt des Vortrags war die Evakuierung des gesamten Teams am 2. Mai 2021 – eine eilige Entscheidung binnen weniger als einer Stunde aufgrund einer herannahenden Kaltfront. „Leadership bedeutet auch, in Extremsituationen rasch und entschlossen zu handeln“, so Trenkwalder.
Er betonte: „Wahres Leadership zeigt sich dort, wo Körper und Geist gleichermaßen gefordert sind. In den Bergen bestimmt Mutter Natur die Regeln – und wir müssen mit Demut darauf reagieren.“
Ein Meilenstein in der Alpingeschichte
Die Generalsanierung des Becherhauses war nicht nur ein technisches Projekt, sondern eine Pionierleistung. Das „Becherteam“ schrieb Alpingeschichte unter Bedingungen, die kaum vorstellbar sind – mit einem Ergebnis, das beeindruckt: ein saniertes Becherhaus, das als Symbol für Ausdauer, Mut und Teamgeist steht.
Peter Trenkwalder ist ein erfahrener Unternehmer mit Expertise im hochalpinen Bauwesen. Der gelernte Spengler absolvierte ein Masterstudium mit Schwerpunkt Management im Handwerk in Salzburg und eine Ausbildung in Managementkybernetik. Heute koordiniert er als Geschäftsführer zahlreiche Handwerker und Partnerunternehmen, wobei das Team auf anspruchsvolle Bauprojekte in extremem Gelände spezialisiert ist.
Im Anschluss an den Vortrag im Raiffeisenhaus wurde beim Umtrunk noch lange über die Grenzerfahrungen am Becherhaus diskutiert – ein Abend, der inspiriert und nachhallt.