I contenuti di questa pagina sono disponibili solo in lingua tedesca
Menschen | Arbeitskreis für Frauen in Genossenschaften | Finanzen
|

Lena Mulser: „Man sollte stets das Verhalten vorleben, welches man von anderen erwartet.“

Lena Mulser aus St. Ulrich ist Rechtsanwältin und bringt sich als Verwaltungsrätin bei der Raiffeisenkasse Gröden ein. Warum die erfolgreiche Wahl in das Gremium für sie ein Glücksfall war und wie sie sich als Verwaltungsrätin einbringt, erzählt sie im Interview.

Raiffeisen Nachrichten: Wie sind Sie Verwaltungsrätin der Raiffeisenkasse Gröden geworden?
Lena Mulser: 2022 haben mich zwei Mitgliederinnen darauf angesprochen und gemeint, dass ich die Richtige für dieses Gremium wäre. Ich habe mich damals gefragt: Kann ich das überhaupt? Bin ich zu jung? Habe ich die passende Ausbildung für eine solche Position? Frauen stellen sich diese Fragen häufiger als Männer. Da für die Wahl nur wenig Zeit blieb, habe ich spontan entschieden meine Kandidatur einzureichen – und ich bin sehr glücklich darüber, dass es auf Anhieb geklappt hat.

Welche Voraussetzungen brachten Sie mit für die Arbeit im Gremium?

Während meines Studiums habe ich an einer Wirtschaftsfachoberschule u.a. Recht- und Wirtschaftskunde unterrichtet. Außerdem gibt es auch im Studium der Rechtswissenschaften einige Prüfungen aus Wirtschaft. Als Mandatarin hat man dann die Möglichkeit verschiedene Schulungen zu besuchen und ich nutze diese Weiterbildungsangebote, um meine Kenntnisse und Kompetenzen zu vertiefen.

Wie erleben Sie die Arbeit im Gremium?
Es ist eine großartige Erfahrung. Wer das Glück hat, in so eine Position zu kommen – so finde ich - muss das nutzen. Als Verwaltungsrat treffen wir kollektive Entscheidungen zur Führung der Bank und setzen dabei auch Initiativen für das Tal und das Genossenschaftswesen – von kulturellen Veranstaltungen bis hin zu Informationsabenden, etwa zum Thema Wohnen, eines der gefühlt wichtigsten Themen im Tal. Die Raiffeisenkasse Gröden ist Mitglied der vor kurzem gegründeten Stiftung Wohnen Südtirol und wir planen einen Informationsabend, bei dem wir auf die aktuelle Rechtslage und die verschiedenen Wohnbauförderungen eingehen und aufzeigen, wo Unterstützung möglich ist, auch wenn wir das Problem nicht allein lösen können.

Welchen Herausforderungen sind Sie bisher begegnet?
Die erste Herausforderung war die Wahl in den Verwaltungsrat im Jahr 2022. Ich habe mich natürlich schon gefragt, ob ich als junge Frau die Zustimmung für solch eine Position bekomme. Auch heuer habe ich mich sehr darüber gefreut, dass ich bestätigt wurde.

In der Tätigkeit als Verwaltungsrätin sehe ich die Herausforderung vor allem darin praxisnahe und tragfähige Lösungen für die Anliegen der Mitglieder und Kunden zu finden. Wir im Verwaltungsrat möchten Brücken schlagen zwischen Bank und Bevölkerung, da braucht es eine gewisse Balance zwischen Fachkompetenz und Menschlichkeit.

Welche Initiativen verfolgen Sie derzeit?
Im Oktober haben wir eine Veranstaltung für unsere Mitglieder geplant. Viele Frauen überlassen finanzielle Entscheidungen ausschließlich ihren Partnern. Wir wollen aufzeigen, dass es wichtig ist finanzielle Entscheidungen selbst in die Hand zu nehmen, aber auch die Investitionsfreude wecken, Themen wie Mutterschaft und Pensionsvorsorge anschneiden und zeigen, was man mit dem Erspartem machen kann. Wobei ich schon finde, dass sich inzwischen immer mehr Frauen, vor allem meiner Generation, für das Thema interessieren. Auch wenn die Finanzwelt, der Bankensektor generell - heute wie heute noch ein bisschen männlich geprägt ist.

Haben Sie persönlich jemals Benachteiligung als Frau erlebt?
Ich empfinde die Chancen für die Ausbildung und den Einstieg in die Berufswelt für Frauen und Männer mittlerweile grundsätzlich als gleich. Ein Ungleichgewicht ergibt sich dann, wenn es um Familienplanung geht, da muss einer von beiden beruflich zurückstecken, und das ist heute oft noch die Frau. Persönlich habe ich mich als Frau nie benachteiligt gefühlt. Was mir jedoch auffällt als Rechtsanwältin – ist, dass viele bei Anwalt an einen Mann denken. Obwohl in Italien mittlerweile fast die Hälfte unserer Berufskategorie Frauen sind. So wurde ich einmal bei einem Treffen gefragt: „Signorina, dov’è l’avvocato?“. Aber diese Dinge nehme ich nicht persönlich. Es ist zwar nicht sehr korrekt und respektvoll, aber ich glaube, man kann diese kleinen Hürden schnell überbrücken, indem man sich vorstellt, die Situation entschlossen in die Hand nimmt und durch Professionalität und Kompetenz überzeugt. Dann sind solche Dinge beim zweiten Treffen kein Thema mehr.

Was bedeutet Führung für Sie?
Management heißt Strukturen organisieren und operativ am Laufen zu halten. Führung ist mehr: vorausschauend handeln, langfristig planen, Richtungen und Schwerpunkte vorgeben und Verantwortung übernehmen. Das wird bei uns in der Bank in den verschiedenen Bereichen gemacht. Beispielsweise im Personalwesen, da ist es wichtig die Personalsituation langfristig zu überwachen und zu verstehen, wo zusätzlich Mitarbeitende benötigt werden bzw. welche Positionen aufgrund von Mutterschaft oder Pensionierungen neu besetzt werden müssen. Die Genossenschaft gehört den Mitgliedern und daher ist man es den Mitgliedern schuldig, dafür zu sorgen, dass die Bank langfristig stabil und nachhaltig weitergeführt wird. Und zu guter Letzt bedeutet Führung für mich auch Vorbild sein, egal in welchem Gremium, Unternehmen, oder Verein. Man sollte stets das Verhalten vorleben, welches man von anderen auch erwartet.

Was begeistert Sie an der Arbeit im Gremium?

Was mich wirklich fasziniert und begeistert ist der Austausch mit Menschen aus anderen Branchen und Altersklassen. Als junge Frau ist die Arbeit im Gremium eine großartige und bereichernde Erfahrung, weil man interessante Menschen kennen lernt, die viel Erfahrung und Wissen mitbringen und weitergeben. Jeder sieht die Themen und Problematiken anders. Und trotz verschiedener Ansätze und Perspektiven, gelingt es uns auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Wie stehen Sie zur Frauenförderung und Quote?
Frauenförderung ist wichtig, aber die Quote wird oft missverstanden. Es sollte nicht um eine Frau um der Quote willen gehen, sondern um Kompetenz. Ich finde es wichtig, dass sich Netzwerke bilden und Frauen in Führungspositionen sichtbarer werden. Wobei meine Generation es bereits vorgelebt bekommen und verinnerlicht hat, dass natürlich auch Frauen Führungspositionen haben. Frauen in Führungsposition sollte noch mehr Normalität sein.

Wo finden Sie Ausgleich?
In vielen Dingen, nicht nur in der Freizeit. Da ich in meiner Arbeit als Rechtsanwältin und meiner Funktion in der Raiffeisenkasse relativ ausgelastet bin, genieße ich die Zeit mit Familie und Freunden umso mehr und bin gerne in der Natur – am liebsten auf der Alm.

Ihr Lebensmotto?
Do what you love, and love what you do.

Wer inspiriert Sie?
Viele. Vor allem Menschen, speziell Frauen, aus meinem Umfeld – meine Familie, Freundinnen und Kolleginnen. Aber auch Fremde, deren Ausstrahlung mich beeindruckt.

Wie beschreiben Sie sich selbst?
Zielstrebig, effizient und fleißig. Und mit einem sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, ich würde am liebsten immer gleich die Welt retten.

Ihre abschließende Botschaft an andere Frauen?
Natürlich sollte man sich fragen, ob man für eine Position oder ein Amt geeignet ist. So ehrlich muss man mit sich selbst schon sein. Aber wenn man etwas gerne machen oder erreichen möchte, sollte man sich nicht selbst im Weg stehen und von Zweifeln bremsen lassen. Mut zahlt sich aus! Führung wächst mit der Erfahrung, niemand wird als Manager geboren. Frauen haben oft den Vorteil nicht nur das Offensichtliche zu sehen, sondern auch das Ungesagte wahrzunehmen, die Stimmung bei einem Treffen oder unter den Mitarbeitern zu registrieren, und sind dadurch oft in der Lage nicht nur fachlich korrekte Entscheidungen zu treffen, sondern auch solche, die das Umfeld mit einbeziehen und eine breite Zustimmung unter den Beteiligten finden. Und wer Frauen in Führungsrollen sieht, erkennt leichter: Das kann ich auch.“

Vielen Dank für das Gespräch!