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"Noch kein Grund zur Panik": Sennereiverbandschef Joachim Reinalter zum Aus der Milchquoten

Ende März ist Schluss: Die EU hebt die Mengen-Beschränkungen für die Milchproduktion auf. Auch in Südtirol fürchtet man eine regelrechte Milchschwemme und den Preisverfall. Im Interview mit Raiffeisen Nachrichten spricht Sennereiverbandsobmann Reinalter über Risiken, aber auch über Chancen. Und rät zu pragmatischen Wegen.

Herr Reinalter, wenn man kurz vor dem Auslaufen der Milchquoten in die Südtiroler Landwirtschaft hineinhört, nimmt man bisweilen deutliche Verunsicherung, oft auch auch ein wenig Panik wahr. Hat sich die heimische Milchwirtschaft nicht entsprechend auf die Umstellung vorbereitet?

Joachim Reinalter: „Es gibt keinen Grund zur Panik. Die Südtiroler Molkereien haben sich sehr gut vorbereitet. Vor 10 Jahren haben wir noch bis zu 70 oder 80 Tankzüge an Versandmilch in der Woche verschickt, mittlerweile sind es nur mehr 3 bis 4 Tankzüge pro Woche. Deswegen sind wir uns sicher, dass die Preisstabilität nicht leiden wird. Südtirol hat hier sehr wohl „vorgearbeitet“: mit Gebietsverschiebungen, dem Austausch unter den Milchhöfen und durch mehr Verarbeitung sprich Veredelung.“

Aus Ihren Worten spricht viel Optimismus...

Joachim Reinalter: „Optimismus ist da, aber er ist nicht grenzenlos. Jedenfalls nicht so groß wie in Deutschland, wo man das Auflassen der Milchquoten wesentlich vorangetrieben hat. Dort glaubt man, dass das Ende der Quoten auch auf Dauer keine Änderungen in der gesamteuropäischen Milchwirtschaft bringen wird. Doch dieser Blick geht zu kurz und nur auf die eigenen Betriebe. Diese haben in den letzten Jahren stark aufgerüstet, manche Betriebe haben sich größenmäßig verdoppelt, ähnlich wie in Österreich. Viele Betriebe haben sogar Strafzahlungen in Kauf genommen. Nun steht viel mehr Produktionskapazität da, auch in anderen Ländern Europas. England wird über 10 Prozent mehr Milch liefern, genauso wie Holland und Polen.“

Und in Südtirol? Ist das Risiko kalkulierbar oder muss sich im Moment ein Jungbauer, der eine Viehwirtschaft übernimmt, noch gründlicher überlegen, ob er in Zukunft mit der Viehwirtschaft seine Familie ernähren kann?

Joachim Reinalter: „Die Südtiroler Milch fließt in die Verarbeitung und die Jahresverträge mit den Abnehmern werden mit Anfang April bis zu 100 % abgeschlossen sein. Das heißt: die Abnahme der Milch ist vorerst einmal zu einem festen Marktpreis garantiert, wobei Preissteigerungen schon eingerechnet sind.“

... und über das erste Jahr nach dem Ende der Milchquoten hinaus gedacht?

Joachim Reinalter: „Da ist es in der Tat noch nicht absehbar, wie sich die Preispolitik innerhalb der EU entwickeln wird. Die derzeitige Euroschwäche sowie die langsam in Fahrt kommende Konjunkturlage sind günstig für Milch-Exporte der EU.“

Hat Südtirol zu viele Kleinbetriebe für den großen europäischen Markt?

Joachim Reinalter: „Fakt ist, dass wir in Punkto Effizienz und Kostenreduktion mit den großen Produzenten, wie etwa jenen in Ostdeutschland, nicht mithalten können. Dort gibt es Betriebe mit rund 1.400 Stück Vieh.  Wir müssen auf unsere Qualität setzen, auf den Verkauf unserer veredelten Produkte in einem Markt, der unsere Besonderheit schätzt. Eine Möglichkeit für unsere Betriebe ist sicher die verstärkte Zusammenarbeit, um die Kosten für die einzelnen Höfe zu reduzieren.“

Wie ist das zu verstehen? Ein großer Bauer statt zwei kleine Produzenten?

Joachim Reinalter: „Nein, aber beim Maschineneinsatz müssen wir schauen, diesen vermehrt gemeinsam zu nutzen, weil dieser einen großen Kostenfaktor darstellt. Vielleicht wird die Zeit kommen, in der Gemeinschaftsställe wieder aktuell werden. Das ist in Europa ein recht verbreitetes Modell, das Vorteile hat. Die Kosten für Strukturen, die bisweilen immens sind, können so aufgeteilt werden.“

Viele meinen, dass vom Ende der Milchquoten die Bio-Milch weiter profitieren wird, sehen Sie das auch so?

Joachim Reinalter: „Im Wandel liegt sicher auch die Chance für den Neustart der Bio-Milch,  vor allem auf dem italienischen Markt. Dort liegt noch Potenzial. Andere Länder wie Österreich und Deutschland produzieren Bio-Milch bereits sehr kostengünstig und können dies mit dem Wegfall der Mengenbegrenzung noch billiger tun. Hier muss Südtirol erst einmal mithalten. Insgesamt ist hier die Tendenz für Bio-Milch, die im Moment rund 2 Prozent der Südtiroler Gesamtproduktion ausmacht, eher rückläufig“

Ist es denkbar, dass die EU bei einem Preisverfall die Liberalisierung wieder zurücknimmt und die Milchquoten wieder einführt?

Joachim Reinalter: „Durchaus. Das Beispiel Schweiz zeigt Ähnliches. Dort hatte man bereits 2009 die Milchquoten abgeschafft. Nach einem Preisverfall musste die Politik reagieren. Dort werden die Betriebe verstärkt unterstützt und zugleich hat dort jeder Milchhof eine eigene Mengenbeschränkung eingeführt.“

Wie sieht die Unterstützung für Südtirol aus?

Joachim Reinalter: „Es gibt zwei Strategien: einmal muss die Unterstützung der EU für das Berggebiet weiter gegeben sein. Die Sensibilität in der EU für die Berglandwirtschaft muss weiter ausgebaut werden. Das Memorandum, das die Vertreter aus Alpenländern, darunter auch die Südtiroler um den EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann, dem Europäischen Landwirtschaftskommissar überreicht haben, ist ein erster wichtiger Schritt dazu.
Die zweite Strategie betrifft den Markt, den wir noch besser bearbeiten müssen. Wir müssen es schaffen, mit unseren Produkten auch in Zukunft einen guten Auszahlungspreis für unsere Bergbauern zu erwirtschaften. Besonders für das Ausland sehe ich noch Potential in einer gemeinsamen Vermarktungsschiene.“

Woran denken Sie da? Ist ein gemeinsamer Sennereiverband mit der Fusion aller hiesigen Milchhöfe denkbar?

Joachim Reinalter: „Nein, so weit würde ich nicht gehen.  Aber eine Art Export-Plattform für die Südtiroler Milch und Milchprodukte zur besseren Vermarktung, das würde schon Sinn machen."

Vielen Dank für das Gespräch.