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„Südtirol war eine Bereicherung“

Nach über vier Jahren als höchster Vertreter der italienischen Notenbank in Südtirol übernimmt Direktor Maurizio Cannistraro mit 1. September die Direktion am Regionalsitz der Banca d’Italia in Ancona. In einem Gespräch blickt er auf seine Tätigkeit in Bozen zurück.

Als Maurizio Cannistraro im April 2018 als Nachfolger von Luigi Parisotto die Leitung der Banca-d’Italia-Filiale Bozen übernahm, war Südtirol für den aus der Provinz Pisa stammenden 63-jährigen Politikwissenschaftler kein weißes Blatt. Bereits von 2011 bis 2014 war er Vizedirektor der Filiale Bozen. Seine langjährige Laufbahn begann Cannistraro 1988 am wichtigsten Sitz der Banca d’Italia in Mailand, wo er die Tätigkeit der Bankenaufsicht erlernte und ausübte. „Die Wahl Mailands war mein Glück, das war ein wichtiges Lern- und Arbeitsfeld für mich“, sagt Cannistraro. 

Fest verankertes Genossenschaftswesen

Nach zehn Jahren in Mailand und drei Jahren in Arezzo wechselte Cannistraro für weitere zehn Jahre nach Brescia, wo er auch seinen familiären Mittelpunkt hat, und die dortige Abteilung der Bankenaufsicht leitete. Nach den folgenden drei Jahren als Vizedirektor der Filiale Bozen wurde Cannistraro 2014 Vizedirektor der Banca d’Italia in Venedig, ehe er schließlich 2018 als Direktor nach Bozen kam. In Mailand und Brescia erstreckte sich die Aufsichts- und Inspektionstätigkeit auch auf viele kleine und große italienische Kreditgenossenschaften. Damit war Cannistraro mit der Bedeutung der genossenschaftlichen Bankenwelt gut vertraut. „Ich denke, das war ein Glück und eine gute Grundlage für meine Arbeit in Südtirol“, sagt Cannistraro. Dass es hier nicht nur die genossenschaftlichen Raiffeisenkassen gibt, sondern das Raiffeisen-Genossenschaftswesen 360 Grad im heimischen Wirtschaftsgefüge verankert ist, bezeichnet Cannistraro neben der Sprache als eine der Besonderheiten Südtirols. „Das Genossenschaftswesen steckt im Knochenmark und in der Seele der lokalen Wirtschaft“, meint Cannistraro, der auf vier intensive, aber erfolgreiche Jahre in Südtirol zurückblickt. 

Historisches Projekt umgesetzt

Als Herausforderungen in seiner Direktionszeit nennt er unter anderem die Pandemie und die Wirtschaftskrise. Vor allem aber verweist er auf das von der Banca d’Italia in Rom autorisierte institutsbezogene Sicherungssystem IPS für die Raiffeisenkassen, dessen Umsetzung seine Tätigkeit in Bozen maßgeblich geprägt hat. Er spricht von einem historischen Projekt, mit dem es gelungen sei, die Autonomie der einzelnen Raiffeisenkassen in ihrer Geschäftstätigkeit sowie ihre starke lokale Verankerung zu wahren, aber gleichzeitig auch die wechselseitige Unterstützung im Krisenfall und damit eine höhere Risikotragfähigkeit und Stabilität der einzelnen Kassen zu garantieren.

„Der lange Weg hin zum IPS, bei dem es sich um ein Unikat in der italienischen Bankenlandschaft handelt, war nicht einfach“, betont Cannistraro. In einem Klima des persönlichen Vertrauens und im Bewusstsein einer klaren Rollenverteilung zwischen Aufsichtsbehörde und Raiffeisenverband sei es in der gebotenen Dialektik schließlich gelungen, ein Projekt umzusetzen, das zu Beginn aufgrund seiner Außergewöhnlichkeit fast unmöglich schien. „In dieser Hinsicht bin ich auch zufrieden und stolz, mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verwirklichung dieses Projekts beigetragen zu haben“, meint Cannistraro, der die Stärke des Raiffeisen-Systems in Südtirol und die zentrale Rolle des Raiffeisenverbandes in der Umsetzung des IPS hervorhebt. 

Er wünscht sich, und fände es wichtig, dass der gegenseitige, stets enge Dialog zwischen der Zweigstelle der Banca d’Italia in Bozen und dem Verband auch in Zukunft im gleichen Maß fortgesetzt wird – unabhängig von den jeweils agierenden Personen.  

Pandemie gut bewältigt

Wurde das IPS Ende 2020 zu guten wirtschaftlichen Zeiten unter Dach und Fach gebracht, war die zweite Hälfte der „Amtszeit“ von Maurizio Cannistraro vor allem von der Pandemie und den wirtschaftlichen Verwerfungen geprägt. „Die Pandemie war sicherlich eine schwere Zäsur und versetzte vor allem die Wirtschaft zeitweise in einen Schockzustand“, sagt Cannistraro. Er verweist beispielhaft auf die Folgen im Tourismus und aller nachgelagerten Wirtschaftssparten vor allem in der ersten Phase der Pandemie.

Gleichzeitig lobt Cannistraro die starke Reaktion des Landes durch die breiten Corona-Maßnahmen und hebt die Rolle der lokalen Banken hervor, die in der Pandemie verlässliche Partner für Mitglieder und Kunden waren. Die Bewältigung der Pandemie war auch eines der Themen im Rahmen seines Abschiedsbesuches bei Landeshauptmann Arno Kompatscher Mitte August. 

Wechsel als Direktor nach Ancona

Nach knapp viereinhalb Jahren schließt sich für Maurizio Cannistraro das Kapitel Südtirol. Er betont, dass er von Beginn an großen Wert darauf legte, die kulturellen und sprachlichen Besonderheiten im Land zu verinnerlichen. „Es war mir wichtig, gerade in einem Land wie Südtirol den lokalen Befindlichkeiten mit größter Aufmerksamkeit, Wertschätzung und mit Respekt zu begegnen. In dieser Zeit konnte ich auch tiefgehende Freundschaften und Beziehungen zu vielen Menschen im Land knüpfen“, sagt Cannistraro. An Südtirol schätzt er aber auch die Schönheit des Landes, die Berge, die Gastronomie, die Weine und den hohen Lebensstandard. „Die Zeit in Südtirol war für mich eine große Bereicherung sowohl auf menschlicher wie auch auf kultureller Ebene“, meint der scheidende Direktor. 

Mit 1. September übernimmt Maurizio Cannistraro die Direktion am Regionalsitz der Banca d’Italia in Ancona. Sein Nachfolger in Bozen wird Michele Benvenuti, Vizedirektor der Banca d’Italia in Bologna. Er wechselt im September in die Filiale Bozen, die zwischenzeitlich von Vizedirektor Luca Moscadelli geleitet wird. 

Indes freut sich Maurizio Cannistraro über seine neue Aufgabe in Ancona, der Hafenstadt an der Adria, nachdem er selbst 20 Jahre in der Hafenstadt Livorno an der Westküste der Toscana gelebt hat. Von seinem neuen Arbeitsplatz aus kann Cannistraro künftig aufs offene Meer blicken. „Die Nähe zum Meer ist etwas, das ich sehr schätze und das Wasser ist sicher mein Naturelement, aber unabhängig davon werde ich sicherlich ab und an einen Abstecher in die schöne Bergwelt Südtirols machen“, freut sich Cannistraro.