I contenuti di questa pagina sono disponibili solo in lingua tedesca

Annares Auer: „Es gibt viele mutige und ehrgeizige Frauen.“

Annares Auer ist jung, motiviert und mutig. Mit diesen Eigenschaften bringt die Natz-Schabserin frischen Wind in die Südtiroler Tourismusbranche, seit 2024 als Obfrau der Genossenschaft Tourismusverein Natz-Schabs. Was ihr in dieser Rolle wichtig ist und was sie an Genossenschaften fasziniert, erzählt sie im Interview.

Raiffeisen Nachrichten: Sie sind als Kind in einem Tourismusbetrieb aufgewachsen und noch heute in dieser Branche tätig….

Annares Auer: Ja, das stimmt ich habe schon früh zu Hause mitgeholfen, bin mit Gästen aufgewachsen und wollte auch später immer in diese Richtung gehen. Daher habe ich auch meine Ausbildung entsprechend ausgerichtet und nach der Matura einen Abschluss in Unternehmensführung in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft an der „MCI The Entrepreneurial School®“ Innsbruck inklusive eines fünfmonatigen Praktikums in Montevideo, Uruguay gemacht.

Warum haben Sie die Leitung des Tourismusvereins Natz-Schabs übernommen?

Das kam für mich sehr überraschend. Zu jener Zeit gab es keinen Präsidenten – und so habe ich mich gemeldet und zugesagt, den Tourismusverein übergangsweise zu übernehmen. Im April dieses Jahres fanden Neuwahlen statt, bei denen ich für die kommenden drei Jahre in meinem Amt bestätigt wurde.

In landwirtschaftlichen Genossenschaften oder im Bereich Energie gibt es kaum Frauen in Leitung oder Gremien. Wie sieht es in der Tourismusbranche aus?

In der Tourismusbranche sind im Moment noch mehr Männer in den Gremien, allerdings ist der Anteil der Frauen in den letzten Jahren stetig gewachsen. Ich würde sagen, in diesem Bereich herrscht annähernd Gleichberechtigung. Uns Frauen wird zugehört. In den meisten Tourismusbetrieben bei uns stehen ganz vorne und decken viele Themenbereiche ab: sie bringen Gemütlichkeit ins Haus oder sind der Erstkontakt für Gäste an den Rezeptionen. Das gilt besonders für die zahlreichen „Urlaub auf dem Bauernhof“- Betrieben“ bei uns. In diesen Mischbetrieben sind die Rollen meist vorgegeben: Frauen leiten den Beherbergungsbetrieb, während Männer in der Obstplantage arbeiten.

Wie würden Sie ihre Arbeit als Obfrau der Tourismusgenossenschaft Natz-Schabs beschreiben?

Ich bin für das Strategische zuständig, binde Mitglieder ein, halte regelmäßig Absprachen mit der Geschäftsführung. Das Operative übernimmt dann mehr das Büro mit Karin Suen, als Geschäftsführerin.

Und welches ist ihr wichtigstes Anliegen als Obfrau?

Es ist wichtig am Ball zu bleiben, und dafür zu sorgen, dass sich die Entwicklung unserer Destination in die richtige Richtung bewegt, dafür muss man auch etwas tun. Deshalb organisieren wir Dinge, für die sich niemand angesprochen fühlt. Wir sorgen beispielsweise dafür, dass Spielplätze und Wanderwege gepflegt sind, Busverbindungen funktionieren und Gästekarten genutzt werden können. Auch organisieren wir Veranstaltungen. Gäste nehmen ihren Urlaub nämlich als Gesamterlebnis wahr und sehen nicht nur die vier Wände im Betrieb. Uns ist es wichtig, dass sich Einheimische und Touristen wohlfühlen und touristischen Betriebe sich leichter tun beim Zimmer verkaufen. Genau dafür braucht es die Genossenschaft.

Was würden Sie als größte Herausforderung dabei beschreiben?

Intern ist es sicherlich das Personal. Dies bestätigt auch unsere Geschäftsführerin Karin Suen. Darüber hinaus ist es herausfordernd alle auf den gleichen Informationsstand zu bringen. Für mich persönlich liegt die Herausforderung mehr im zeitlichen Aspekt zwischen der Arbeit zu Hause im Hotelbetrieb und meinem Engagement für die Tourismusgenossenschaft Natz-Schabs.

Was begeistert Sie an der Arbeit als Obfrau der Tourismusgenossenschaft?

Dass man gemeinsam an den gleichen Zielen arbeitet. Man ist nie allein – das Personal, die Verwaltungsräte und die Mitglieder der Genossenschaft unterstützen einen. Es ist schön diesen Rückhalt zu spüren, das motiviert und gibt Kraft.

Wie empfinden Sie „Macht“ in ihrer Rolle?

Ich blicke auf das große Ganze, versuche so transparent wie möglich zu sein und Themen weiterzubringen, und zwar immer in Rücksprache mit dem Verwaltungsrat. Wir arbeiten eng mit den umliegenden Destinationen zusammen, wie Gitschberg-Jochtal, Brixen und Klausen. Wenn man zusammenarbeitet, kann man größere Themen angehen und viel voneinander lernen. Das ist schön zu erleben.

Wir beschäftigen uns beispielsweise mit Themen wie der künftigen Erreichbarkeit, Brennerbasistunnel und der Internationalisierung der Gäste. Dabei denken wir vor allem an europäische Länder wie Skandinavien, Belgien, den Niederlanden und weniger an Gäste aus Saudi-Arabien. Wir wollen authentisch bleiben und Produkte und übergreifende Themen wie Skifahren, Biken oder Wandern voranbringen. Auch mit dem Thema einer gemeinsamen Gästekarte beschäftigen wir uns oder einem gebündelten Servicedesk zur besseren Betreuung unserer Mitglieder. Es geht auch darum, Synergien zu schaffen. In dieser Hinsicht sind wir beispielsweise gerade dabei eine Ausbildung für Vermieter-Coachs zu realisieren, zur Betreuung der Kleinbetriebe und ein Konsortium zur Betreuung unserer Webseiten inklusive Fotoservice und Contentpflege.

Hat es im Laufe ihres beruflichen Lebens jemals eine Rolle gespielt, dass Sie eine Frau sind?

Ich bin schon jung zu Hause eingestiegen und bin es gewöhnt, dass man sich den Respekt erst erarbeiten muss, wenn man irgendwo neu hinzukommt. Auch bei den langjährigen Mitarbeitern musste ich mich erst beweisen. Da muss man etwas dafür tun, einfach herkommen und Chefin spielen, geht nicht. Als Frau bin ich jedoch nie schief angeschaut worden. Da hat sich die Zeit gewandelt. Ansonsten bin ich einfach meinen Weg weitergegangen und habe es ignoriert, wenn jemand nicht mit mir reden wollte, weil ich eine Frau bin.

Wie wünschen Sie sich Vereinbarkeit Familie-Beruf?

Das sehe ich schwierig, aber machbar. Auch zu Hause versuche ich das alles neu zu strukturieren. Mit Familie könnte ich das derzeitige Arbeitspensum jedenfalls nicht erfüllen und müsste etwas abgeben oder anders organisieren. Ich setze mich sehr ein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist heute sehr wichtig und wird immer wichtiger auch um Personal zu halten.

Wie stehen Sie zu Frauenförderung?

Es gibt viele mutige und ehrgeizige Frauen, die weiterkommen möchten, sie gehören unbedingt gefördert.

Wo finden Sie Ausgleich zu Ihrer Arbeit?

Beim Sport draußen in der Natur, beim Bergesteigen, Radfahren oder bei Skitouren. Ich habe lange Jahre Handball gespielt. Das hat mich sehr geprägt. Ich habe immer in neuen Mannschaften gespielt und gelernt zusammenzuspielen, gemeinsam zu gewinnen und zu verlieren. In der Mannschaft weiß man, dass es irgendwie immer weitergeht. 

Heuer haben die Vereinten Nationen das Jahr der Genossenschaften ausgerufen unter dem Motto: Genossenschaften schaffen eine bessere Welt. Was halten Sie davon?

An der Unternehmensform Genossenschaft fasziniert mich der Gemeinschaftssinn. Man entscheidet Dinge nie allein, hält Rücksprache und erkennt Dinge, die man allein nicht gesehen hätte und es gilt das Mehraugenprinzip. Mir gefällt der Austausch unter Gleichgesinnten, die alle dieselben Ziele verfolgen.

Wie würden Sie sich in drei Begriffen charakterisieren?

Ehrgeizig, authentisch und selbstständig.

Folgen Sie einem Lebensmotto?

„…wo ein Wille, dort ein Weg.“

Was würden Sie Frauen raten, die sich überlegen sich in einem Gremium zu engagieren, sich aber nicht trauen?

Es einfach ausprobieren, kleine Schritte machen, mutig und selbstbewusst bleiben. Denn wir Frauen können alles, nicht schlechter als Männer. Wichtig ist auch, sich nicht von einem selbstbewussten Auftreten einschüchtern zu lassen. Dranbleiben und Kontinuität zeigen und seinen Weg einfach weitergehen, irgendwie geht es dann schon.

Würden Sie sich noch einmal als Obfrau aufstellen lassen?

Wenn es sich zeitlich vereinbaren lässt, schon, sonst ist es schwierig. Mal schauen, was die Zukunft bringt. Zeitlich gesehen ist es jedenfalls eine Herausforderung für mich.

Vielen Dank für dieses Gespräch!