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Roland Knoll: „Mir gefällt, dass wir keine typische Geschäftsbank sind.“

Roland Knoll ist seit 1.1.2024 Direktor der Raiffeisenkasse Tisens. Wie es ihm in dieser neuen Rolle geht und was es für ihn bedeutet in einer Genossenschaftsbank zu arbeiten, verrät er im Interview.

Raiffeisen Nachrichten: Seit Anfang des Jahres sind Sie Direktor der Raiffeisenkasse Tisens. Wie geht es Ihnen in Ihrer neuen Rolle?

Roland Knoll: Mir geht es gut in meiner neuen Rolle. Da ich schon lange für die Raiffeisenkasse Tisens arbeite, ist das Umfeld nicht so neu für mich (lacht). Ich bin praktisch von einem Büro ins andere gewechselt. Die Tätigkeit ist neu, das stimmt.

Sie wollten immer schon Direktor einer Raiffeisenkasse werden?

Nein, dieses Ziel hatte ich nie vor Augen, wohl wissend, was es bedeutet eine Raiffeisenkasse in dieser Dimension zu führen. Ich war bisher für die Kreditabteilung zuständig mit viel Kundenkontakt und auch Problemlöser für besonders knifflige Fälle. Dabei konnte ich vieles frei gestalten. Direktor unserer Raiffeisenkasse zu werden war eigentlich nie mein Ziel. Im Gegenteil, mein Gedanke war es eigentlich mit 50 Jahren beruflich etwas kürzer zu treten. Aber wie so oft kommt es im Leben anders als erwartet.

Warum?

Mein Weg zum Direktor war ein Prozess, der gut eineinhalb Jahre vor der definitiven Übernahme gestartet ist. Je näher der Zeitpunkt der Übergabe kam, desto mehr Leute baten mich, diese Aufgabe in der Raiffeisenkasse Tisens zu übernehmen. Es gab viel Rückenwind von Mandataren, Mitarbeiterinnen und Mitgliedern. Auch der Verwaltungsrat unter Obmann Hillebrand wollte, dass ich meinem Vorgänger nachfolge. Und deshalb habe ich zugesagt. Ein entscheidender Moment war auch, als jemand meinte, wenn ich es nicht tue und jemand von extern kommt, hätte ich keine Möglichkeit mehr meine Entscheidung rückgängig zu machen. Jetzt hingegen könnte ich immer noch sagen, ich tue es nicht mehr.

Haben Sie den Schritt jemals bereut?

Nein. Ich habe meine Entscheidung bis heute nie bereut.

Welches ist derzeit die größte Herausforderung der Raiffeisenkasse Tisens?

Eine kleine Genossenschaftsbank mit 17 Mitarbeitern zu leiten, bedeutet immer, dass man als Direktor operativ tätig ist. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen motiviert und flexibel sein, da niemand nur einen einzigen Bereich abdeckt. Wir haben Corona, Energie- und Zinskrise gut überstanden, trotzdem spüren wir als kleine Struktur den Druck von höherer Ebene. Große Bankinstitute haben andere Geschäftsphilosophien, aber wir müssen die gleichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfüllen, viele Dokumente liefern und Kennzahlen einhalten. Da sind wir auch auf die Unterstützung von Supportstrukturen wie Landesbank, Verband und RIS angewiesen.

Unser begrenztes Gebiet zu betreuen ist Fluch und Segen zugleich. Unser Hauptziel ist die Akzeptanz der Bank in der Bevölkerung unseres Tätigkeitsgebietes, und diese soll weiterhin so bleiben oder sich sogar noch verbessern.

Eine weitere Herausforderung betrifft die Mandatare. Es ist schön, dass die Raiffeisenkasse von einem Verwaltungsrat geführt wird, deren Mandatarinnen aus den Mitgliedern gewählt werden und die Mitglieder selbst entscheiden, wo die Reise hingeht. Die Voraussetzungen, um Mandatar zu werden, sind jedoch strenger geworden. Und in einem Verwaltungsrat einer Raiffeisenkasse zu sitzen bedeutet, viel Zeit zu investieren, ohne dabei einen großen Profit zu haben. Für uns als kleine Raiffeisenkassen wird es immer schwieriger, hier Personen zu finden, die sich für so ein Amt zur Verfügung stellen. Vor allem ein Obmann hat eine große Verantwortung und wird dafür nicht sonderlich entschädigt. Da braucht es schon viel Idealismus, dass jemand einen erheblichen Teil seiner Freizeit für Ausbildung und Sitzungen opfert. Hut ab vor allen, die das auf sich nehmen.  

Was bedeutet es für Sie in einer Genossenschaftsbank zu arbeiten?

Mir gefällt, dass wir keine typische Geschäftsbank sind. Wir müssen unsere Gewinne nicht erwirtschaften, um Aktionären eine Dividende auszuzahlen oder irgendwelche Investoren zufriedenzustellen, sondern können uns auf Rentabilität und Kennzahlen konzentrieren. Als kleine Genossenschaftsbank im ländlichen Gebiet kommunizieren wir auf Augenhöhe mit unserer Kundschaft und sind Ansprechpartner für verschiedene Belange. Es kommen auch Menschen zu uns, wenn sie rechtliche Probleme haben oder wenn jemand einen Brief bekommt, den er nicht versteht, dann sind wir für sie da.

Das Geld, das wir erwirtschaften, fließt in unser Gebiet zurück, unter anderem auch in Form von Spenden für Vereine. Im kommenden Jahr feiern wir unser 130-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum zeigt, dass die Raiffeisenkasse Tisens tief mit den Menschen in ihrem Tätigkeitsgebiet verwurzelt ist.

Welches sind aus Ihrer Sicht die derzeit vorrangigen Aufgaben und Themen?

Ich möchte meine Vision von einer kleinen Raiffeisenkasse, die für die Menschen im Ort da ist, umsetzen. Ein wichtiges Thema dabei ist die Digitalisierung, die jedoch differenziert betrachtet werden muss. Im ländlichen Gebiet muss der persönliche Kontakt immer erhalten bleiben. Das setzen wir derzeit organisatorisch um. Wir können es uns nicht leisten, Filialen zu schließen. Zudem wollen wir die Beratung durch Mitarbeiterschulungen verbessern und haben Verstärkung ins Team geholt. Die Akzeptanz der Bank im Gebiet ist für uns entscheidend.

Wie soll sich die Raiffeisenkasse Tisens künftig weiterentwickeln?

Eine Traumvorstellung wäre, dass unsere Raiffeisenkasse weiterhin so erfolgreich für unsere Kundinnen und Mitglieder arbeiten kann wie bisher. Es wäre schön, wenn die bürokratischen Auflagen abnehmen würden, damit wir noch stärker für unsere Kunden da sein können. Die Raiffeisenkasse Tisens soll in Zukunft auch ein attraktiver Arbeitgeber bleiben, damit sich unsere Mitarbeiter und unsere Kunden weiterhin bei uns wohlfühlen.

Was bedeutet Führung für Sie?

Es muss vor allem „menschelen“. Die Raiffeisenkasse ist gut und gesund, wenn nicht nur ihre Kundinnen, sondern auch ihre Mitarbeiter zufrieden sind. Motivierte Mitarbeiterinnen sorgen für zufriedene Kunden, da jeder sein Bestes gibt. Meine Philosophie ist eine Führung mit maximaler Transparenz. In unserem überschaubaren Team ist dies gut umsetzbar. Wenn wir unseren Mitarbeitern das Gefühl vermitteln können, die Raiffeisenkasse sei auch ein Stück weit ihr eigener Betrieb, dann haben wir es richtig gemacht. Diese Einstellung ist in unserer Bank gut verankert und ich glaube, das wird von unseren Kunden und unseren Mitarbeiterinnen auch sehr geschätzt.

Gibt es Dinge, die Sie in Ihrer neuen Rolle überrascht haben?

Mich hat es wirklich überrascht, wieviele Menschen mit großer Genugtuung gesehen haben, dass es weitergeht, wie es war. Ich erinnere mich an einen Kunden, der mir gratuliert hat und er wollte unbedingt mit mir einen Kaffee trinken gehen, weil er sich so darüber gefreut hat, dass ich diese neue Aufgabe übernommen habe. Er hatte Angst, die Raiffeisenkasse Tisens könnte sonst in Zukunft nicht mehr alleine bestehen.

Arbeitstechnisch gesehen wusste ich, was für ein Berg an Arbeit auf mich zukommt. Das war weniger überraschend.

Wie gelingt Ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Leider leidet die Familie im Moment darunter, aber ich bin zuversichtlich, dass es langfristig besser wird. Sobald wir die Organisationsstruktur verbessert, Arbeitsabläufe optimiert und große Baustellen, wie die Digitalisierung, abgeschlossen haben, sollte sich die Situation verbessern.

Derzeit ist es ein großer Spagat zwischen Arbeit und Privatleben. Unser großartiges Team arbeitet mit vollem Einsatz und erste Erfolge sind bereits sichtbar. Ich glaube fest daran, dass es uns gelingen wird, die Neuorganisation unserer Raiffeisenkasse innerhalb eines Jahres, spätestens aber bis Ende 2025, abzuschließen.

Wo finden Sie Ausgleich zu Ihrer Arbeit in der Bank?

Hier in der Bank ist es sicher die engagierte Mitarbeiterschaft, die sagt: „Wir wollen gemeinsam Ziele und Visionen erreichen“. Das gibt mir persönlich sehr viel Energie.

Außerhalb der Arbeit ist es meine Familie. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Die Zeit mit ihnen ist wertvoll, auch wenn sie in den letzten Monaten weniger geworden ist. Wir gehen gerne Skifahren und auf den Berg. Ich spiele auch gerne Fußball im Verein und mit meinem Sohn, das hilft mir abzuschalten. Zudem bin ich fasziniert von alten Autos und Vespas und habe einen Freundeskreis, der diese Leidenschaft teilt. Ich kann gut abschalten, wenn ich an einem Oldtimer herumzuschraube und mich mit Problemen befasse, die mit meinem Arbeitsalltag so gar nichts zu tun haben.

Welches Rezept haben Sie für beruflichen Erfolg?

Bescheidenheit, einfach nur Bescheidenheit. Mir ist es wichtig mit unseren Kundinnen und Kunden auf Augenhöhe zu sprechen. Nur so kann Vertrauen entstehen und die Menschen fühlen sich gut aufgehoben. Mehr braucht es nicht. Komplizierte Sachverhalte versuche ich einfach zu erklären, selbst wenn es manchmal bedeutet, dass Träume platzen, weil finanzielle Möglichkeiten für deren Realisierung nicht ausreichen.

Es geht darum, wie sich der Kunde fühlt, denn ohne Kundinnen sind wir nichts. Unsere Raiffeisenkasse gehört den Mitgliedern, nicht mir oder dem Verwaltungsrat. In unserem Haus leben wir den Grundgedanken des Genosssenschaftswesens laut F.W. Raiffeisen täglich.

Wir können zuversichtlich in die Zukunft blicken. Unsere Stärken sind das solide Eigenkapital, gute Gewinne, keine Kreditausfälle und kaum Personalwechsel. Zu schaffen machen uns nur die stetig wachsenden bürokratischen Auflagen, welche es als kleine Bank mit begrenzter Mitarbeiterzahl zu stemmen gilt.

Dass unser Bankmodell in unserem Einzugsgebiet gut funktioniert, hat die Vergangenheit bereits gezeigt. Für die Zukunft hoffen wir das Beste und sind zuversichtlich, dass uns die Kunden auch weiterhin ihr Vertrauen schenken werden.

Vielen Dank für das Gespräch!