30 Jahre Sozialgenossenschaft Tagesmütter

Vor 30 Jahren hat sich eine Gruppe engagierter Frauen zusammengeschlossen und familienergänzende Kinderbetreuung organisiert. Inzwischen ist daraus die Sozialgenossenschaft Tagesmütter geworden. Wie die Genossenschaft heute dasteht verraten die im Sommer 2022 gewählte Obfrau Claudia Lambeck und Geschäftsführerin Barbara Fulterer.

Bei der Frage „Was eine gute Tagesmutter oder Kinderbetreuer ausmacht“, sind sich die Obfrau der Sozialgenossenschaft Tagesmütter, Claudia Lambeck, und die Geschäftsführerin Barbara Fulterer einig: Es ist die Liebe zu den Kindern und die Passion für ihre Arbeit: "Die vielen engagierten und selbstbewussten Frauen im Team sind das größte Potenzial der Genossenschaft."

Derzeit betreuen 60 Tagesmütter und 150 Kitas-Mitarbeiterinnen, inklusive Verwaltungspersonal der Genossenschaft über 1.000 Kinder pro Jahr. Die Mitarbeiterinnen arbeiten sowohl zu Hause als auch in den 33 Strukturen mit jeweils 10 bis 20 Kindern. Auch während der Sommerprojekte und am Nachmittag deckt die Sozialgenossenschaft Tagesmütter Betreuungslücken der Eltern. Letzteres wird laut Barbara Fulterer immer wichtiger: „Frauen sind heute immer besser ausgebildet und möchten nach der Schwangerschaft wieder zurück in ihren Job. Und dies ist nur mit einer gut funktionierenden Kinderbetreuung möglich." Claudia Lambeck zufolge steigt der Bedarf an außerfamiliärer Kinderbetreuung: „Viele Eltern würden ihre Kinder am liebsten schon vorgeburtlich anmelden, weil sie wissen, dass es kaum Plätze gibt. Oftmals rufen Frauen verzweifelt an, weil sie nicht wieder arbeiten können, wenn sie keinen Betreuungsplatz haben.“ In den Ballungsgebieten Bozen, Meran, Brixen und Bruneck sei es besonders schwierig einen Betreuungsplatz zu bekommen. Die große Nachfrage erklärt sich Claudia Lambeck auch durch die veränderten Familiensituationen: „Die traditionelle Familie ist heute eher die Ausnahme. Vielfach sind Großeltern jung und arbeiten noch. Hinzu kommen viele Zuwanderer, die keine Familie zur Unterstützung der Kleinkindbetreuung im Hintergrund haben.“ Aus ihrer Sicht sollte man den ganzen Weg der Kinder von 0 Jahre bis zur Matura neu denken und überlegen, was Sinn macht und das dann durchziehen von der Vorschule, über die Grundschule bis zur Matura. Auf diese Weise könnte auch der Bürokratiedschungel vereinfacht werden, so die Obfrau.

Trotz großer Nachfrage und steigender Angebote gibt es in Bezug auf die allgemeine Wertschätzung des Berufsbildes Aufholpotential. Barbara Fulterer zufolge wäre mehr Anerkennung für die Arbeit der Tagesmütter und Kinderbetreuer wünschenswert. Das ist auch der Grund, dass sich das Team der Sozialgenossenschaft im kommenden Jahr verstärkt um Lobbyarbeit und Stärkung des Berufsbildes kümmern wird. Die Geschäftsführerin unterstreicht: „Der Beruf Tagesmutter und Kinderbetreuer muss wieder attraktiver werden, weil sonst keine jungen Frauen die Ausbildung machen. Tagesmütter und Kinderbetreuer leisten jeden Tag viel für Kinder, die davon ihr Leben lang profitieren, denn der Arbeit liegt ein pädagogisches Konzept zugrunde.“ Der Dienst ist also viel mehr als nur Betreuung oder Unterbringung des Nachwuchses, sondern vielmehr eine Möglichkeit soziale Kompetenz, Frustrationstoleranz oder Wissen uvm. zu erlernen.

Aufholpotential gibt es auch in finanzieller Hinsicht. Claudia Lambeck begrüßt die derzeit diskutierte Gehaltsaufbesserung für Menschen, die im Bereich Kinderbetreuung arbeiten. Es sei wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen oder Gemeinden läuft schon gut. Dennoch werden ihr zufolge viele gute Ideen am grünen Tisch geboren: „Bei der Errichtung von Tagesstätten werden wir häufig vor vollendeten Tatsachen gestellt. Gemeinden nehmen bestehende Strukturen und versuchen diese zu adaptieren. Und dann ist das einfach gemacht und fertig.“ Die Sozialgenossenschaft Tagesmütter würden sich in dieser Hinsicht oft mehr Rücksprache mit den Zuständigen vor Ort wünschen.

Auf die 30 Jahrfeier angesprochen betont Claudia Lambeck, Obfrau der Sozialgenossenschaft Tagesmütter: „Es macht stolz, dass eine Idee, die von Frauen aus der Notwendigkeit heraus geboren wurde, 30 Jahre gehalten, sich bewährt und weiterentwickelt hat.“ Die Geschäftsführerin Barbara Fulterer ergänzt: „Dass wir diese Idee, weitertragen und mit neuem Schwung und Ideen bereichern dürfen, das möchten wir feiern.“ Die Jubiläumsfeier ist für den 16. Dezember 2022 in Seis geplant. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause ist das Fest eine erste größere Veranstaltung in Präsenz. Dabei stehen vor allem der Austausch und das Zusammensein der Mitarbeiter im Vordergrund. Denn die Mitarbeiter sind das Gesicht der Genossenschaft, sagt Fulterer: „Sie machen die Genossenschaft aus. Dies wertzuschätzen und zu ehren ist Anlass für das Fest.“ Im Rahmen der 30-Jahr-Feier ist auch ein Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Sozialgenossenschaft geplant, zudem sollen die Tagesmütter und Kinderbetreuer untereinander vorgestellt werden.