„Aktionsplan Berglandwirtschaft“

2015 hat die Südtiroler Landesregierung den „Aktionsplans für Forschung und Ausbildung in Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften“ ins Leben gerufen und das Versuchszentrum Laimburg und die Freie Universität Bozen mit dessen Umsetzung beauftragt. Was konnte bisher umgesetzt werden?

Die Südtiroler Berglandwirtschaft steht vor der Herausforderung, qualitativ hochwertige Lebensmittel zu produzieren, die sich im Wettbewerb mit Produkten aus klimatisch und topographisch günstigeren Gebieten durch ihre Qualität und die Garantie ihrer regionalen Herkunft auszeichnen müssen.

Im Jahr 2015 rief die Südtiroler Landesregierung einen Aktionsplan ins Leben und beauftragte das Versuchszentrum Laimburg und die Freie Universität Bozen damit, die wissenschaftliche Forschung und Ausbildung in den Bereichen Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften zu verstärken. Ziel des Aktionsplans ist es, die Primärerzeugnisse der Südtiroler Berglandwirtschaft nicht nur während ihrer Erzeugung wissenschaftlich zu begleiten und dadurch wettbewerbsfähiger zu machen, sondern auch während ihrer Verarbeitung zu typischen Südtiroler Produkten von hoher Qualität.

Versuchszentrum Laimburg und Freie Universität Bozen haben den Aktionsplan in den letzten Jahren mit zahlreichen Initiativen und Projekten umgesetzt: Mit mehr Forschungskapazitäten, zusätzlichem Personal, neuer Ausrüstung und Maschinen sollen die neu gewonnenen Erkenntnisse nun in die landwirtschaftliche Praxis überführt werden. Dazu finden verschiedene Veranstaltungen zum Wissenstransfer sowie Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen für Landwirte, Schüler etc. statt.

Der Aktionsplan für Forschung und Ausbildung in Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften

Mit Dekret Nr. 1016 vom 01.09.2016 beauftragte die Südtiroler Landesregierung das Versuchszentrum Laimburg und die Freie Universität Bozen in Zusammenarbeit mit dem Beratungsring Berglandwirtschaft BRING, dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und der Abteilung 22 22 Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsbildung damit, einen Aktionsplan für Forschung und Ausbildung in den Bereichen Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften umzusetzen.

„Die Bewahrung unserer landwirtschaftlichen Familienbetriebe ist eine Notwendigkeit, um den ländlichen Raum am Leben zu erhalten. Aber auch Tourismus und Gastronomie sowie die lokale Lebensmittelindustrie profitieren von der Berglandwirtschaft. Unser Hauptziel liegt darum darin ländliche und periphere Gebiete sowie deren landwirtschaftlicher Produkte und deren Wettbewerbsfähigkeit durch Forschung, Beratung und Ausbildung zu stärken. Nur durch die Sicherung und Steigerung des Einkommens wird es möglich sein, diese Betriebe zu erhalten. Mit dem „Aktionsplan Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften“ möchten wir einen großen Schritt in diese Richtung machen“, unterstreicht Agrarlandesrat Arnold Schuler.

„Dank der Initiative und des Willens der Südtiroler Landesverwaltung konnten konkrete Schritte zur Entwicklung und Innovation der wissenschaftlichen Forschung unternommen werden. Durch den Aktionsplan hatten wir die Möglichkeit, neue Mitarbeiter einzustellen, eine größere Anzahl von Projekten durchzuführen und unsere Forschung auszuweiten. Darüber hinaus konnten wir in Ausrüstung und Maschinen investieren. Zusammenfassend gesagt: Wir haben unsere Forschungsleistung erhöht, um der heimischen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung objektive wissenschaftliche Erkenntnisse und Grundlagen zur Verfügung zu stellen und damit deren Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern“, erklärt Michael Oberhuber, Direktor des Versuchszentrums Laimburg.

„Gerade in einem kleinen Land wie Südtirol ist es wichtig, dass Forschungsinstitutionen gemeinsam an wichtigen Themen für das Land zusammenarbeiten. Dies ist im Bereich Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologien hervorragend gelungen, sowohl durch die Vernetzung der beteiligten Forscherinnen und Forscher, als auch durch die räumliche Nähe der Laborinfrastrukturen am NOI Techpark und die Unterstützung durch den Aktionsplan“, freut sich Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Freie Universität Bozen.

Forschung im Bereich Berglandwirtschaft

Im Bereich Berglandwirtschaft sieht der Aktionsplan eine Reihe von Projekten vor, mithilfe derer der Anbau von Kulturpflanzen und die Aufzucht von Nutztieren in Berggebieten optimiert werden sollen. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse sollen neue Marktnischen erschlossen und so die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gesteigert werden.

Am Versuchszentrum Laimburg untersucht der Fachbereich Berglandwirtschaft unter der Leitung von Giovanni Peratoner unter anderem die Auswirkungen unterschiedlicher Düngerarten, führt Sortenprüfungen und -vergleiche von Ackerkulturen, Obst und Gemüse durch, und analysiert und pflegt die Saatgutdatenbank.

An der Freie Universität Bozen widmen sich die Forschungstätigkeiten im Bereich Berglandwirtschaft unter der Leitung von Matthias Gauly, Professor für Nutztierwissenschaften, zwei Bereichen: Einerseits wird die Produktion von Milch und Fleisch mit besonderem Augenmerk auf Tierwohl und Tiergesundheit analysiert, andererseits wurden neue Konzepte der Betriebskooperation entwickelt. In Zusammenarbeit mit IDM Südtirol hat die Freie Universität Bozen eine gesamtheitliche Abschätzung des Potenzials für die Produktion von Qualitätsfleisch in Südtirol durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass beispielsweise im Jahr 2016 nur rund 20 % des gesamten Rindfleischbedarfs der Südtiroler Einzelhaushalte und Hotellerie mit regional erzeugtem Rindfleisch gedeckt wurden.

Darüber hinaus arbeiten die Freie Universität Bozen und das Versuchszentrum Laimburg am Standort „Mair am Hof“ in Dietenheim bei Bruneck im Projekt „Systemvergleich“ zusammen. Hier werden die Vor- und Nachteile einer Grundfutter- und weidebasierten Milcherzeugung mit einer weidetauglichen Rinderrasse („Low-Input-System“) im Vergleich zur gängigen intensiven Milcherzeugung („High-Input“) untersucht. Ziel des Projekts ist es, eine fundierte Wissens- und Entscheidungsgrundlage für interessierte Landwirte zu erarbeiten. Der Versuchsbetrieb „Mair am Hof“ steht künftig allen Praktikern zur Besichtigung und den Schülern der Fachschule Dietenheim zu Ausbildungszwecken zur Verfügung.  

Forschung im Bereich Lebensmittelwissenschaften

In den Lebensmittelwissenschaften beschäftigt sich die Forschung mit der Weiterverarbeitung von Primärprodukten, der Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln, der Typizität und dem Nachweis ihrer Herkunft sowie mit technologischer Innovation in Prozessen der Lebensmittelverarbeitung. Dank der Förderung aus dem Aktionsplan konnten am Fachbereich Lebensmitteltechnologie des Versuchszentrums Laimburg zahlreiche innovative Projekte gestartet werden: Die Arbeitsgruppe „Obst- und Gemüseverarbeitung“ beschäftigt sich unter anderem mit der Entwicklung innovativer nährstoffreicher getrockneter Apfelsnacks mit bisher unerreichten Konsistenzeigenschaften. Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe „Fermentation und Destillation“ eine Mini-Malz-Anlage errichtet, um Malz im Labor im Pilotmaßstab herzustellen. „Eine solche Dienstleistung könnte zur Etablierung eines vollständig regionalen Produktionsprozesses führen, wodurch die Wertschöpfung der landwirtschaftlichen und Betriebe in Südtirol gesteigert würde“, erklärt Lorenza Conterno, Leiterin des Fachbereichs Lebensmitteltechnologie am Versuchszentrum Laimburg.

Förderung gibt starke Impulse

Mit den Mitteln des Aktionsplans konnten diverse Forschungsprojekte direkt finanziert werden, wodurch auch zusätzliches Personal eingestellt und Investitionen in neue Ausrüstung und Maschinen getätigt werden konnten. Am Versuchszentrum Laimburg wurden bisher insgesamt 56 durch den Aktionsplan geförderte Projekte umgesetzt. Davon sind neun bereits abgeschlossen und 47 noch in Bearbeitung. „Dank des Aktionsplans konnten wir insgesamt 14 Personen einstellen, die in verschiedenen Forschungsbereichen unserer vier Institute tätig sind“, unterstreicht Angelo Zanella, Leiter des Instituts für Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie am Versuchszentrum Laimburg. „Diese Förderung hat der Forschung und Versuchstätigkeit einen starken Impuls gegeben, von dem die lokalen landwirtschaftlichen und Lebensmittelverarbeitenden Betriebe profitieren."

Wissenstransfer: Neue Webseite informiert über den „Aktionsplan Berglandwirtschaft“

Die im Rahmen des „Aktionsplans Berglandwirtschaft“ gewonnenen Forschungsergebnisse werden über verschiedene Kanäle an die landwirtschaftliche Praxis und an die lebensmittelverarbeitenden Betriebe weitergegeben.

Eine neue Webseite auf dem Internetportal des Versuchszentrums Laimburg (http://www.laimburg.it/de/forschung/aktionsplan.asp) gibt einen Überblick über die im Rahmen des Aktionsplans laufenden Forschungstätigkeiten und den Veranstaltungen, die das Versuchszentrum organisiert, um die gewonnenen Erkenntnisse an die Praxis weiterzugeben.

 

Das Versuchszentrum Laimburg

Das Versuchszentrum Laimburg ist die Forschungsinstitution für die Landwirtschaft und Lebensmittelqualität in Südtirol. Das Versuchszentrum Laimburg betreibt vor allem angewandte Forschung mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Südtiroler Landwirtschaft zu steigern und die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zu sichern. Über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jährlich an etwa 350 Forschungs- und Versuchsprojekten aus allen Bereichen der Südtiroler Landwirtschaft, vom Obst- und Weinbau bis hin zu Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie. Das Versuchszentrum Laimburg wurde 1975 gegründet.

Die Freie Universität Bozen

Die 1997 gegründete Freie Universität Bozen bietet mittlerweile über 30 Studienprogramme. An der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik setzt sie einen Fokus auf Forschung und Ausbildung im Agrarsektor: Neben dem Bachelor in Agrar-, Lebensmittel- und Bergumweltwissenschaften spezialisieren die Masterstudien in den Bereichen Lebensmittelwissenschaften (Food Sciences for Innovation and Authenticity), Bergumweltwissenschaften (Environmental Management of Mountain Areas) und Gartenbauwissenschaften (Horticultural Science), teilweise in Partnerschaft mit internationalen Universitäten. Mit den Forschungslabors am NOI Techpark stößt die Universität zudem große Forschungskooperationen im Lebensmittelbereich an.