Der letzte Halt

Die Sozialgenossenschaft EOS ist seit Jahren das (oft letzte) Auffangnetz in Südtirol für Jugendliche mit psychischen Problemen. Eine Bestandsaufnahme einer Idee, die erfolgreich soziale Schwerarbeit und Business verbindet.

Als 2011 auf Betreiben der EOS die Fachambulanz  für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Krankenhaus Bruneck öffnete war die Skpesis im Pustertal groß. Eine eigene Einrichtung mit Fachpersonal bestehend aus sieben Stellen, ausgerechnet im kleineren Spital Bruneck, und dazu „frei“ zugänglich, ohne die Notwendigkeit der Einweisung eines Facharztes. „Viele hassen mich dafür bis heute“, meint Barbara Pizzinini, Geschäftführerin der EOS. „Aber es ist wichtig, dass die Jugendlichen direkt dorthin kommen können, unkompliziert und in allen Bedarfsfällen. Das ganze ist eine runde Sache. Wir haben Psychotherapeuten bzw. Psychologin, Ergotherapeuten, Logopäden, Tanz- und Bewegungspädagogen, eine Kinder- und Jugendpsychiaterin, eine Sozialpädagogin und Sozialassistenten in unserem Team. Momentan sind es 12 Personen, die sich um die Fälle kümmern. Sie treffen sich auf Augenhöhe und betreuen die Jugendlichen gemeinsam von Fall zu Fall. Eine sehr moderne Form der Jugendarbeit, die in Südtirol längst über das Pustertal hinaus in Anspruch genommen wird und zur Eröffnung der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie am Krankenhaus in Meran geführt hat.“

Business as usual
Barbara Pizzinini ist stolz, dass es die Sozialgenossenschaft EOS geschafft hat, auch dieses Projekt gegen Widerstände zu verwirklichen. Es ist der vorerst letzte Stein im Mosaik einer bereits längeren Erfolgsgeschichte. Nach der Eröffnung der sozialpädagogischen Villa Winter 1995 in Bruneck, mittlerweile eine sozialtherapeutische Einrichtung, folgte 1999 das Projekt „Begleitetes Wohnen“ in Bruneck und Bozen, 2009 die Villa Sommer in Leifers. Dazwischen entstanden die Projekte „Ambulante Sozialpädagogische Familienarbeit“ sowie das Projekt Arbeitsintegration JAI, u.a. mit einem Cafe in „Mokkacino“  oder der Überahme der Bar im MMM Museum Ripa auf Schloss Bruneck. Mit der Fachambulanz hat die Sozialgenossenschaft mittlerweile eine beachtliche Größe erlangt, was Betreuungszahlen und Bilanzzahlen betrifft. Auf 300 bis 400 involvierte Familien schätzt Barbara Pizzinini die Dimension der Reichweite der EOS. Auch die Umsatzzahlen haben sich Jahr für Jahr gesteigert: so liegt die EOS bei mittlerweile 4,3 Mio.€, das Arbeitsintegrationsprojekt JAI alleine bei 511.000€. Dass die EOS wirtschaftlich auf festen Füßen steht, ist für Barbara Pizzinini ein Ergebnis harter Arbeit, aber auch eine Grundausrichtung: „Die Stärke der EOS ist, dass es uns gelingt, das Soziale mit der Wirtschaft zusammen zu bringen.  Ich war nie der Typ Mensch, der irgendwo um Beiträge gebettelt hat. Wir bekommen auf unseren Umsatz bei der JAI genau 65.000 Landesbeitrag und sonst nix. Jeder Cent darauf ist eigens verdient. Und ich will, dass das so bleibt. Auch weil das öffentliche Geld einfach nicht mehr da ist, das muss jeder kapieren.“

Gemeinsame Wege
Business-like also das Prinzip nach der die EOS tickt. Jedes Projekt wird von der Genossenschaft oder in Zusammenarbeit mit dem Raiffeisenverband auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüft. Neben dem „business-as-usual-Prinzip“ ist die EOS aber mit seinen rund 100 Mitarbeitern aber vor allem noch ein sozial denkender Betrieb, der es laut Pizzinini verstehe, seine Funktion als oft letztes Auffangnetz für Jugendliche in Südtirol zu erfüllen. Ein Netz, das man weiter ausbauen will. Die nächste Vision ist schon da. So schwebt der EOS vor, die Südtiroler Radwege gemeinsam mit anderen lokalen Sozialgenossenschaften wie „Südtiroler Kinderdorf“ oder „LA STRADA – Der Weg“ zu gestalten. Laut Pizzinini könnten hier wertvolle Arbeit sowohl für die Öffentlichkeit und für die Jugendlichen selbst zusammengebracht werden. Mit der richtigen Marketingstrategie profitieren dann beide – vor allem die Jugendlichen. Und auch deren Umgebung.