„Qualität kennt keine Kompromisse“

Hans Terzer zählt zu den bekanntesten Weinmachern in Italien und darüber hinaus. Seit 1977 ist er Kellermeister der Kellerei St. Michael. Nach 47 Jahren hat er diese äußerst erfolgreiche Tätigkeit mit Ende August nun beendet. Ein ganzer Abschied ist es aber dennoch nicht. Im Interview blickt er nicht nur zurück, sondern auch voraus und unterstreicht, dass für ein kleines Weinbauland wie Südtirol auch weiterhin die Qualität an erster Stelle stehen muss.

Hans Terzer, seit 1993 auch Präsident des Verbandes der Südtiroler Kellermeister, ist einer der Pioniere der Weißweinbereitung im Land und eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der Südtiroler Weinwirtschaft. Als kompromissloser Qualitätsverfechter führte er die Kellerei St. Michael zu besonderen Erfolgen und blieb dabei seinem Leitspruch „Qualität kennt keine Kompromisse“ stets treu. Als er 1977 mit 21 Jahren als Kellermeister begann, war die Weinwirtschaft in Südtirol aber am Boden und die Ausgangslage auch in der Kellerei St. Michael alles andere als rosig.

Hans Terzer: Das Image der Kellerei war lädiert, wir hatten über 85 Prozent der Anbaufläche mit Vernatsch angebaut und dieser Vernatsch wurde damals fast ausschließlich in der Ein- oder Doppelliterflasche auf dem deutschen Markt umgesetzt zu relativ tiefen Preisen. Das hat natürlich dazu beigetragen, dass die Traubenauszahlungspreise für die Weinbauern relativ bescheiden waren.

Ab Mitte der 80er-Jahre setzte sich immer mehr die Qualitätspolitik in der Weinwirtschaft durch, verbunden mit Namen wie Luis Raifer, Alois Lageder und  Hans Terzer. Was war damals die große Vision?

Wir haben natürlich auch damals andere Weinbaugebiete besucht, wie etwa einige Betriebe in der Toscana oder auch in Frankreich. Das waren damals unsere Vorbilder. Wir haben gesehen, dass man auch mit Wein Geld verdienen kann und dass man aber auf Qualität setzen muss.

Die Weinbauern waren jetzt plötzlich viel mehr gefordert. Woran erinnern Sie sich besonders, wenn sie an die wechselvolle Beziehung zu den Mitgliedern denken und daran, wie Sie ihre Qualitätsansprüche als Kellermeister durchzusetzen vermochten?

Es war sicherlich nicht einfach. Ich hatte es teilweise mit einer Nachkriegsgeneration zu tun, denen Trauben zu Boden schneiden teilweise als Frevel betrachteten. Es ging dann darum, die Mitglieder langsam auf den Weg der Qualitätspolitik zu bringen. Dazu brauchte es ab und zu auch viel Härte und Druck und nicht nur Dialog.

Sie waren als Kellermeister viel in den Weinbergen der Mitglieder unterwegs und experimentieren bis heute gerne, um besondere Qualitätsweine zu kreieren. Welche Geschichten und Highlights fallen Ihnen dazu ein?

Da gibt es viele Geschichten. Einmal war ich auf einem Rundgang durch einen Weißburgunderweingarten auf einige Reben Sauvignon gestoßen, von denen ich eigentlich nichts wusste, da ich die Sorte damals kaum kannte. Ich ließ diese wenigen Reben separat ausbauen und die Rebstöcke vermehren. Das ist eigentlich der Ursprung und die Geschichte rund um den Sauvignon St. Valentin, der  heute sicherlich zu den bekanntesten Sauvignons Italiens zählt.

"Ein bisschen zurückdrehen und das Leben genießen"

 

Nach 47 Jahren beendet Hans Terzer seine aktive Tätigkeit als Kellermeister

Kellermeister Hans Terzer hat in seiner langen Karriere eine Reihe namhafter Auszeichnungen in der Weinwelt erhalten. Unter anderem kürte ihn der Weinführer Gambero Rosso schon 1997 zu einem der zehn besten „Winemaker“ weltweit als „Hans, il perfezionista e fuoriclasse“. Und der Weinführer Gault&Millau kürte ihn 2023 zur "Weinpersönlichkeit des Jahres".

Nach 47 Jahren als Kellermeister der Kellerei St. Michael hat Hans Terzer mit Ende August seine Tätigkeit als Kellermeister der Kellerei St. Michael beendet. Ein vollständiger Abschied ist es aber dennoch noch nicht, denn Terzer bleibt in der Kellerei weiterhin nohc beratend tätig.

Alles weitere werde man sehen, als erstes möchte er dann „aber einmal ein bisschen zurückdrehen und das Leben genießen“, sagt der Kellermeister. Unabhängig wird seine Expertise als „Winemaker“ wohl weiter sehr gefragt sein.

 

Die Weine von Genossenschaftsbetrieben wurden von den Weinführern in Italien lange ignoriert, was sich mit der steigenden Weinqualität aber geändert hat. Ihre Kellerei erhielt dann über die Jahre aber sehr viele Auszeichnungen. Welche waren für Sie dabei wirklich besonders wichtig?

Wichtig war sicherlich die Auszeichnung von Gambero Rosso als „Kellerei des Jahres 2000“, was uns sämtliche Türen der italienischen Restauration und von renommierten Weinbaubetrieben öffnete. Es gibt dann Auszeichnungen für die Kellerei wie für meine Person, die in der Summe auch alle wichtig waren.

Mittlerweile gibt es sehr viele Weinführer und Wein-Preise. Hat sich deren  Bedeutung über die Jahre hin verändert?

Auf jeden Fall. Meiner Ansicht nach gibt es heute fast zu viele dieser Weinführer und Weinpreise. Man muss schauen, wo macht man mit und welche Weinführer sind wichtig – von Parker über Suckling und Gambero Rosso und andere mehr. 

Als Kellermeister und Betriebsleiter gestalten Sie Sortenpolitik, Geschäftsführung und Verkauf wesentlich mit. Welche Trends sehen Sie heute in der Weinbranche und worauf muss dabei auch eine Kellereigenossenschaft achten?

Der Trend geht im Moment sicherlich in Richtung Weißwein und das ist für uns von großer Wichtigkeit. Weißweine, die vielleicht nicht zu aromatisch sind, die auch nicht zu Alkohol lastig sind, die eben durch Frucht und Mineralität bestechen. Wo wir aber  aufpassen müssen, ist natürlich die Preis-Leistung. Wir haben preislich allmählich einen Zenit erreicht, der gerade im unteren Qualitätsbereich, also bei den Basisweinen, nicht mehr überschritten werden sollte. Also das Preis-Leistungs-Verhältnis muss in nächster Zeit sicherlich sehr stark beleuchtet werden.

Seit einigen Jahren gibt es einen Trend zu entalkoholisierten Weinen, ein Segment, das in Zukunft eine maßgebliche Rolle spielen wird?

Dieses Segment wird sicherlich eine Rolle spielen gerade bei jungen Leuten bzw. bei Einsteigern oder bei Menschen, die eben Alkoholkonsum meiden. Aber ich glaube, für unsere Weine wird dies kaum eine Bedeutung haben, da sind wir wahrscheinlich preislich in einer höheren Sphäre. Dieser Trend ist für andere Weinbaugebiete sicherlich von größerer Wichtigkeit.

Werden aus Südtiroler Sicht die hohe Weinqualität und hochpreisige Weine weiterhin den Markt bestimmen? Oder welche Weinstilistiken sehen Sie langfristig als erfolgversprechend?

Hohe Weinqualitäten und teilweise hochpreisige Weine werden sicherlich von größter Wichtigkeit sein, sie sorgen dafür, dass das Image hochgehalten wird, dass wir uns international und national mit den besten Weingütern messen können. Allerdings  müssen wir versuchen, unser Terroir bestmöglich zum Ausdruck zu bringen. Ich glaube nicht, dass es was bringt, wenn wir in Zukunft auch vermehrt auf den Ausbau in Amphoren usw. setzen, sondern wir müssen doch unsere Südtiroler Stilistik beibehalten.

Bis heute kommen in Südtirol jährlich immer wieder neue Weinbauflächen dazu. Braucht es noch zusätzliche Flächen oder sehen Sie darin eine Gefahr?

Ich glaube nicht, dass wir unbedingt die Weinfläche in Südtirol noch ausbauen müssen. Wir können aber die Weinbauflächen, die beispielsweise der Urbanisierung zum Opfer fallen, vielleicht in höher liegenden Gebieten erneuern, müssen aber auch da vorsichtig sein. Wenn es um Neuflächen in unserem Betrieb geht, setzen wir größte Aufmerksamkeit auf die Qualität des potenziellen Weingartens. 

Sie haben immer großen Wert auf Marken- und Imagepflege gelegt. Die Kellerei hat heute  eine starke Marke besonders in Italien. Welche Bedeutung hat dies konkret für den Verkauf und für die Preisbildung der Weine?

Natürlich eine sehr große Bedeutung. Beispielsweise hatten wir in der schwierigen Zeit der Pandemie zwar Einbußen, die sich aber im einstelligen Prozentbereich bewegten. Das zeigt aber auch, wenn man eine starke Marke und einen guten Namen hat, ist das Vertrauen der Kundschaft in den Betrieb und in die Produkten besser gewährleistet.

Die Kellerei St. Michael zahlt neben der Kellerei Terlan die höchsten Traubenpreise aus. Daneben setzt sie ein starkes Qualitätsmanagement um. Was macht die Kellerei, um die guten Auszahlungspreise weiter zu garantieren oder zu steigern?

Wir müssen versuchen, die Weinqualitäten in den Weinbergen zu steigern, das heißt,  von der Basislinie vermehrt in die höheren preislich auch attraktiveren Weinqualitäten umzusteigen. Das wird uns dazu bringen, die Preise der Trauben in Zukunft wahrscheinlich nochmals leicht zu steigern.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung in der Südtiroler Weinwirtschaft – hat sie ihren Zenit bereits oder gar überschritten?

Ich bin positiv eingestellt, wir sind ein kleines Weinbauland, haben mit Italien einen riesigen Markt, der nach Weißwein lechzt und unsere Weisweine schätzt. Wenn wir also auch in Zukunft auf Qualität setzen und uns preislich im Rahmen bewegen, sehe ich da überhaupt kein Problem. 

Nach 47 Jahren haben Sie mit Ende August ihre Tätigkeit als Kellermeister in der Kellerei St. Michael. Wie schwer fällt es Ihnen, diese sehr erfolgreiche Tätigkeit abzuschließen?

Es gab schon einmal einen Südtiroler, der sagte „Mander es isch Zeit“. Das gleiche gilt für mich – es ist jetzt so langsam Zeit loszulassen, es fällt sicherlich nicht allzu leicht. Wir haben aber in der Zwischenzeit ein junges, gutes Team aufgebaut, die Mitarbeiter, denen ich teilweise meine Arbeit übergebe, sind seit einigen Jahren schon mit mir. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Sache funktioniert und dass es so wenn nicht sogar besser weitergeht.

Sie übergeben einen genossenschaftlichen Vorzeigebetrieb. Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Kellerei und was möchten Sie ihrem Nachfolger Jakob Gasser mitgeben, den Sie in den letzten Jahren mit aufgebaut haben?

Der Kellerei wünsche ich vor allem, dass der eingeschlagene Weg konsequent weiterverfolgt wird und die Marke St. Michael Eppan auch in Zukunft nochmals verstärkt werden kann. Mein Nachfolger Jakob arbeitet seit sechs Jahren mit mir sehr eng zusammen. Was ich ihm mitgeben möchte, ist, dass er seinen Weg geht im respektvollen Umgang mit den Gaben der Natur, mit den Gaben unserer Weinberge, und dass er versucht, das in die Flasche zu bringen, was uns unsere wunderschöne Landschaft eben gibt.