|

Sozialgenossenschaft Zentrum Tau bietet Lehrgang für „Positive Konfliktberatung“

Ab 5. September startet in der Sozialgenossenschaft Zentrum Tau in Eppan (Gewerbezone Pillhof) ein zertifizierter Lehrgang zum Thema "Positive Konfliktberatung" - für alle, die an einer positiven Gestaltung der Zukunft mitwirken wollen und, wie in der Ausschreibung des Kurses steht: „Die Welt besser hinterlassen (möchten), als sie sie vorgefunden haben.“

Dietlinde Perathoner ist Sozialarbeiterin mit Magister in Forschung und Innovation von Pädagogik und Sozialer Arbeit, zertifizierte „Positive Konfliktberaterin“, Projektleiterin für „Moreway“ und Mitglied bei der Deutschen Gesellschaft für positive und transkulturelle Psychotherapie (DGPP). In Südtirol hat sie bereits zahlreiche Menschen im beruflichen wie im privaten Umfeld begleitet oder Selbsthilfegruppen auf den Weg gebracht. Zusammen mit Diplom-Psychologin, Personaltrainerin und Supervisorin Birgit Werner aus Deutschlandwird sie im Lehrgang "Positive Konfliktberatung" in Südtirol unterrichten.

Den zertifizierten Lehrgang „Positive KonfliktberaterIn“ haben wir nach Südtirol gebracht, weil es unserer Auffassung nach in unseren Breitengraden keine ausgereifte Konfliktkultur gibt.“ Der Grund liegt ihr zufolge in der hierarchischen, patriarchalen Evolutionsgeschichte, in der es Menschen nie gelernt hätten mit Konflikten umzugehen. „Da haben einige wenige gesagt was zu tun ist und die anderen mussten es ausführen, ohne Wenn und Aber. Viele Menschen bei uns haben Angst vor Konflikten und haben sich daraus alle möglichen Konfliktvermeidungstrategien angeeignet. Dabei sind es genau die Konflikte, welche der Motor für jede persönliche und gesellschaftliche Entwicklung sind. Konflikte gehören zum persönlichen und gesellschaftlichen Wachstum dazu. Im Grunde sind auch nicht die Konflikte das Problem, sondern die Art wie wir damit umgehen“, sagt Perathoner.

Als Fan von Gerald Hüther und seinen Schriften über die Würde ist Dietlinde Perathoner bei einem Würdetreffen in Köln auf die positive Konfliktberatung gestoßen. Ein Thema, das sie bis heute nicht losgelassen hat: „Überall wo es Menschen gibt, gibt es verschiedenste Konflikte, welche … das hängt auch von  Kultur und vielen weiteren Faktoren ab.“

Einen Konflikt sieht sie als Dialog, der - wenn positiv angelegt - auf einer gemeinsamen Ebene auf Augenhöhe beginnt, über Reden und Aushandeln mit Respekt zu einer Lösung führt, wobei sich beide Parteien weiterentwickeln und einen Gewinn daraus ziehen… aus dem ursprünglichen Konflikt entsteht ein gemeinsames Drittes.

Die Methoden und Werkzeuge, um Konflikte auf kreative Weise zu lösen, wie das Balancemodell, das KES - Konflikteinsteige-Modell oder das fünf Stufenmodell für die Strukturierung von Beratungsprozessen, lernen die Teilnehmenden im Lehrgang. Auch ein Genogramm wird herangezogen, denn viele Konzepte werden transgenerationell und unbewusst von Kultur und Herkunftsfamilie übernommen, z.B. Konzepte von Eltern/Urgroßeltern, die in der Vergangenheit ihre Berechtigung hatten, heute jedoch nicht mehr aktuell sind. Werden sie bewusst gemacht, kann man sie überwinden: „Wir zeichnen die Familie auf, und schauen uns die Konzepte an, die für den betreffenden Mensch ein Leitfaden sind und sie schlussendlich dort hingebracht haben, wo sie heute in einem Konflikt stecken aus dem sie selbst nicht mehr herausfinden.“

Perathoner ist davon überzeugt, dass man mit diesem Know-how jeder Konflikt gelöst werden kann, sogar alte und verkrustete Konflikte, wo man sich denkt, die zwei Parteien sind so weit auseinander, da kommt man nicht mehr hin… hier braucht es vielleicht ein bisschen mehr Zeit.“

Die gesamte Beratung stützt sich auf die positiven Psychologie und einem positiven Menschenbild: „Wir richten unseren Fokus in jedem Augenblick auf die gesunden Anteile im Menschen. Wir würdigen all das, was er selbst schon versucht hat um den Konflikt zu lösen; das sind große Ressourcen, die vorhanden sind und gestärkt werden, das setzt Kraft und Energie frei, an dem eigenen Thema dranzubleiben und weiterhin heranzugehen.“

Da jeder Mensch eine andere Herkunftsgeschichte, Entwicklung und andere Konzepte hat, wird in der positiven Konfliktberatung immer nach persönlichen Lösungen herangegangen. Jede Lösungsstrategie wird gemeinsam erarbeitet und nicht als irgendeine Methode übergestülpt. Alles ist auf das Persönliche zugeschnitten. Die Beratenden sehen sich als Schatzsuchende, die Menschen helfen, ihren Weg zu ihren eigenen Lösungen freizuschaufeln. Nach Abschluss einer Beratung sind sie wieder voll eigener Autonomie.

Die einjährige Ausbildung mit Start am 5. September ist bereits die dritte dieser Art in Südtirol. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der bisherigen Lehrgänge waren begeistert: „Das war die beste Entscheidung in meinem Leben. Denn man lernt nicht nur eine neue Perspektive zum Thema „Konflikte“, sondern man geht Konflikte mit Freude an, da wir an ihnen wachsen und hinterher noch mehr Verbundenheit spüren, als vorher“, so eine Teilnehmerin aus Eppan.

„Es ist eine äußerst wertvolle und grundlegende Begegnung mit sich selbst, denn wir haben alle eine Verantwortung für dieses Leben… und jede:r von uns kann einen Beitrag für eine bessere Welt geben. Und die Fähigkeit Konflikte zu lösen ist eine Bereicherung, persönlich wie gesellschaftlich", so Perathoner zum Abschluss.

Das Zentrum Tau, ursprünglich "Projekt Tau" wurde 1996 im Franziskanerkloster von Kaltern von Georg Reider, Counselor, Supervisor und Begleiter mit dem Anliegen gegründet, alternative und spirituelle Erwachsenenbildung und Jugendarbeit anzubieten. Der Name des Zentrums Tau leitet sich ab vom letzten Buchstabe des hebräischen Alphabetes ab und unterscheidet sich vom TAO der chinesischen Kultur.

Im Laufe der Jahre kamen Angebote für psychologische Begleitung und Therapie dazu. Seit 2011 wirkt das Zentrum Tauin der Gewerbezone von Eppan, in der Pillhofstrasse 37. Mit Erfolg wie die jetzige Obfrau Heidi Felderer unterstreicht. Sie hat die Sozialgenossenschaft von Georg Reider übernommen, als dieser wegzog. Inzwischen nutzt die Bauunternehmerin die Angebote selbst als Ausgleich zum stressigen Alltag. Den zertifizierten Lehrgang zum Thema "Positive Konfliktberatung" hat sie ebenfalls besucht: „ich habe persönlich viel gelernt, sowohl für den privaten als auch den beruflichen Umgang mit Menschen.“