Sticktrend in Villnöss zeigt wie Integration gelingt

Die Sozialgenossenschaft Villnöss zeigt, wie sich modernen Unternehmensgeist und die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen verbinden lässt. Sie bestickt hochwertige T-Shirts, Pullover, Schildmützen und Arbeitskleidung für Firmen im In- und Ausland und gibt Frauen, die hier arbeiten, Sicherheit, Halt und eine sinnvolle Beschäftigung im geschützten Rahmen.

Die Obfrau Johanna Schweinberger-Lambacher, ursprünglich aus Salzburg, gründete im November 2002 zusammen mit ihrem Mann, Oswald Lambacher, die Sozialgenossenschaft Sticktrend Villnöss. Bereits wenige Monate später am 3. März 2003 – nach den notwendigen Anpassungen des Gebäudes - begannen die Stickmaschinen zu surren. Inzwischen werden an einer Sechs-Kopf-, einer Zwölf-Kopfmaschine, und einer Ein-Kopfmaschine im Schnitt 700 Einzelteile an Arbeitsschutz, Kleidung und Werbetextilien pro Tag gefertigt.

Der ursprünglichen Gründung vorausgegangen war eine Machbarkeitsstudie im Tal und der große Wunsch, einen sinnstiftenden Beitrag für Menschen zu leisten, die es schwerer haben im Leben als andere. Dennoch war der Anfang nicht leicht, erinnert sich Johanna Schweinberger-Lambacher: „Die Anfangszeiten waren schwer, muss man sagen, bis man sich einen Kundenstock aufgebaut hat. Aber auch die Arbeit mit psychisch kranken Frauen, das war alles Neuland für uns.“

Inzwischen arbeiten sechs Frauen mit psychischer bzw. körperlicher Beeinträchtigung in einer fixen Anstellung. Margarita arbeitet bereits seit 18 Jahren für die Sozialgenossenschaft. Andere Frauen sind dort seit 16 bzw. 10 Jahren. „Geht es nach den Frauen, möchten sie hier in Pension gehen. Sie bekommen auch Essen hier, alles zusammen, gibt ihnen Sicherheit, Halt und eine regelmäßige sinnvolle Beschäftigung im geschützten Rahmen. Und darum sind sie auch gerne hier. Und würden gar nicht mehr weggehen“, so die Obfrau. Vergleichbare Strukturen in Südtirol/Österreich gibt es nicht: „In Österreich gibt es nur entweder Behindertenwerkstätten oder normale Betriebe. So ein kombiniertes System gibt es nicht. Wir werden etwas gefördert, weil wir Sozialgenossenschaft sind, können aber auch bei den Ausschreibungen mitmachen.“ Einmal pro Woche kommt ein Sozialbetreuer in die Firma: „Der diplomierte Psychologe wohnt nur zwei Minuten in unmittelbarer Nachbarschaft von uns - bei Bedarf ist er in kürzester Zeit hier.“

Seit 2003 arbeitet die Sozialgenossenschaft mit der Firma Konstant Arbeitsschutz aus Oberösterreich zusammen: „Durch diesen Partner sind wir imstande, die Arbeitsschutzkleidung für den autonomen Straßendienst zu veredeln. Seit 20 Jahren läuft alles fair.“

Früher kamen über 80 Prozent der Stickaufträge von dieser Firma. Inzwischen hat sich die Auftragssituation ein bisschen gewandelt. Johanna Schweinberger-Lambacher: "Wir produzieren auch für Südtiroler Betriebe, allen voran für den Straßendienst im Land und das Amt für Forstwirtschaft. Etwa 35 Prozent des Umsatzes generieren wir in Südtirol." Rund 65 Prozent der bestickten Arbeitskleidung wird weiterhin Woche für Woche nach Österreich geliefert: „Das sind die hochwertigen und nachhaltig produzierten Textilien, die wir von unserer österreichischen Partnerfirma Konstant bekommen und veredeln. Diese liefert einerseits und bestellt andererseits die für ihre Kunden benötigten Stickwaren.“

Seit 2018 ist die Sozialgenossenschaft Mitglied beim Raiffeisenverband und seit damals fühlt sich JohannaSchweinberger-Lambacher entlastet v.a. in Bezug auf die buchhalterische Situation: „Da ist Vertrauen da, die Zuständigen im Verband machen eine perfekte Arbeit und das macht es für mich um ein Vielfaches einfacher. Ich habe ein Rundum-Paket und ich schlafe heute ruhiger, alles hat sich zum Positiven gewandelt“, freut sich die Obfrau.

Das Engagement und die Leidenschaft für den Betrieb schöpfen Johanna und ihr Mann aus dem Erfolg: "Der Erfolg gibt uns recht: Die Mitarbeiterinnen gehen glücklich und zufrieden heim und würden am liebsten mit dem Betrieb in Pension gehen. Auch wir möchten das, aber das ist noch nicht spruchreif. Sicherlich wünschen wir uns, dass die Sozialgenossenschaft weiter geht und dass die Auftragslage so bleibt, bzw. besser wird z.B. durch zusätzliche öffentliche Aufträge, denn es gibt noch Kapazitäten. Da müssten wir noch mehr dahinter sein, denn es gibt viele Abteilungen, die uns noch gar nicht kennen, und eigentlich müssten öffentlich Körperschaften 40 Prozent an Sozialgenossenschaften geben."

Irgendwann werden sie sich aktiv um die Nachfolge kümmern, immer im Einklang mit der Firma Konstant: "Die meisten Frauen, die derzeit für die Sozialgenossenschaft arbeiten, können in vier bis fünf Jahre in Pension gehen. Bis dahin hoffen wir, dass die Wirtschaftskrise nicht über uns hereinbricht, denn im Moment versorgen wir viele Unternehmen, die in der Baubranche arbeiten", so die Obfrau abschließend.