I contenuti di questa pagina sono disponibili solo in lingua tedesca

Haidrun Achammer: „Denkt an eure Zukunft!“

Haidrun Achammer studierte als eine der ersten Frauen in Südtirol Volkswirtschaftslehre in Innsbruck, unterrichtete, arbeitete im Gemeinderat, in einem Wirtschaftsbüro und baute zusammen mit ihrem Mann das Unternehmen Markas auf. In Südtirol gilt sie als Vorreiterin in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Raiffeisen Nachrichten: Sie blicken auf ein erfolgreiches Leben zurück. Vereinbarkeit von Familie und Beruf zieht sich da wie ein roter Faden durch. Wie kam es dazu?

Haidrun Achammer: Da muss ich ausholen: ich habe meinen Vater sehr früh verloren. Als Tochter einer alleinerziehenden und berufstätigen Mutter habe ich gelernt selbstständig zu sein. Meine Mutter war Schneiderin und hat uns drei Geschwister aufgezogen. Sie stellte auch klar „Nach der Matura musst du selbst schauen.“

Ich habe in Bozen das Klassische Lyzeum besucht und wollte weiterstudieren, wusste aber nicht genau was. Jemand brachte mich auf Volkswirtschaft. Auch wenn ich keine Ahnung davon hatte, wollte ich es ausprobieren. Und so habe ich als eine der ersten Frauen in Südtirol in Innsbruck Volkswirtschaft studiert, finanziell unterstützt vom Land Südtirol und Österreich. Nach dem Studium bin ich in Sterzing geblieben und habe unterrichtet. Das hat mir gut gefallen, daneben habe ich aber noch an der Uni Innsbruck den Magister nachgeholt. Denn mein bisheriger Titel Diplomvolkswirtin war in Südtirol nicht anerkannt. Ich habe mich auch dafür eingesetzt, dass der Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften als „Laurea di economia politica“ anerkannt wurde. Später habe ich begonnen neben dem Lehrberuf in einem Wirtschaftsbüro mitzuarbeiten. Dann habe ich geheiratet, die Kinder sind gekommen und später bin ich in die Politik gegangen.

Es hat sich so ergeben, dass ich in den Gemeinderat Sterzing hineingewählt worden bin. Also in Innsbruck hatte ich nie den Eindruck, als Frau benachteiligt zu sein. Im Sterzinger Gemeinderat plötzlich schon, trotz Doktortitel. Da musste ich einfach etwas tun. Ich habe in Sterzing eine Frauengruppe aufgebaut und wurde dann Vorsitzende vom Beirat für Chancengleichheit. Das war eine interessante und intensive Zeit für Frauen. Später als meine Kinder älter waren, bin ich in die Firma meines Mannes eingestiegen.

Sie haben sich dafür eingesetzt, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelebt wird?

Ja genau. Als Geschäftsführerin der Firma Markas arbeitete ich neben meinem Mann. Wir hatten getrennte Aufgaben für Außenbeziehungen, Verkauf, Organisation und Qualität. Ich war für die Verwaltung zuständig. Für die Angestellten haben wir immer im persönlichen Gespräch Lösungen gesucht und waren da recht flexibel. Insgesamt glaube ich schon, dass ich ein bisschen Vorreiterin war. Denn ich war immer schon überzeugt, dass Frauen mehr aus sich machen müssen. Besonders im Beirat für Chancengleichheit habe ich von Frauen gehört, die beim ersten Kind ihre Arbeit aufgegeben haben, obwohl sie ihnen gefiel, weil sie dachten, der Mann verdient eh genug, ich bleibe jetzt bei den Kindern. Sie dachten nicht weiter an ihre Zukunft. Und später, als die Kinder aus dem Haus waren, hatten sie keine Erfüllung mehr, die Kinder waren weg und oft auch der Mann und sie selbst hatten nichts mehr: kein Dach über dem Kopf, keinen Beruf und kein Geld. Da habe ich mir gesagt, da muss ich etwas tun zur Unterstützung der Frauen. Im Beirat haben wir Infoveranstaltungen und Vorträge organisiert, sind viel herumgefahren, um unsere Arbeit vorzustellen und über die damalige Pensionsreform zu informieren. Wir haben auch über die gendergerechte Sprache gesprochen.

Über gendergerechte Sprache?

Ja, das haben wir eingeführt. Ich erinnere mich noch daran, als ich im Gemeinderat saß, hat der Bürgermeister die Gemeinderäte begrüßt und ich sagte: Moment, ich als Gemeinderätin bin auch da. Mich hat das gestört, wenn nur die männliche Form verwendet wurde und daher habe ich dazu immer wieder etwas gesagt.

Und jetzt sind sie Präsidentin der Holding Markas...

Ja 2010 haben mein Mann und ich die Firma an unsere Kinder übergeben und gesagt, jetzt machen wir es uns fein und dann ist mein Mann leider erkrankt und 2013 gestorben…. Ja das war ein großer Einschnitt für mich.

Wenn sie heute zurückblicken, gibt es etwas auf das sie stolz sind?

Nein, eigentlich bin ich nur dankbar.

Dankbar…

Ja dankbar, dass mir einiges gut gelungen ist und dass ich sehr viel Glück hatte. Immer wieder habe ich nette Menschen getroffen, mit denen ich gut ausgekommen bin. Heute versuche ich etwas zurückzugeben mal da als Sponsorin, mal dort als Sponsorin. Ich bin auch dankbar, dass meine Kinder tüchtig sind und dass wir gut miteinander auskommen. Und dass wir die Übergabe so gut hingekriegt haben. Es war damals schon eine große Firma. Und dass ich es jetzt hingekriegt habe mich zurückzuziehen freut mich ebenfalls. Aber da habe ich auch wieder Glück, weil sie so tüchtig sind. (lacht).

Wie würden sie sich in drei Begriffen beschreiben?

Das ist schwierig. Ich bin optimistisch und halte mich ans Lebensmotto: „Alles wird gut.“ Denn irgendwie geht es immer. Darauf baue ich. Ich habe die Gabe die positiven Seiten des Lebens herauszuholen.

Wie gelingt ihnen das?

Ich bin gerne in der frischen Luft und geh spazieren und wandere. Da werde ich durchgelüftet und bekomme neue Ideen. Und nachher geht es mir besser.

Was würden Sie jungen Frauen heute raten?

Denkt an eure Zukunft! Es ist wichtig, früh genug ans Alter zu denken, denn alt und arm ist einfach furchtbar. Was ist, wenn die Kinder aus dem Haus sind, oder wenn mit dem Mann etwas passiert, Wie kann man sich absichern? Als ich endlich etwas verdient habe, habe ich mir ein Konto eingerichtet und bereits damals eine eiserne Reserve angelegt.

Auch heute noch rate ich jeder Frau mit kleinen Kindern sich Hilfe zu suchen und weiterzuarbeiten, auch wenn das stressig ist. Sicherlich müsste die Politik mehr Geld in die Hand nehmen und in Ganztagesschule und Nachmittagsbetreuung investieren. Es kann nicht sein, dass der Kindergarten um halb 3 aus ist. Auch im Sommer braucht es ausreichend Betreuungsplätze. Es wird inzwischen eh mehr getan und Männer helfen heute auch mit, muss man sagen.

Was raten Sie einer Frau, die sich überlegt in einem Genossenschafts-Gremium mitzuarbeiten?

Mach das bitte, Männer denken darüber überhaupt nicht nach, die engagieren sich einfach. Ich würde ihr sagen, du schaffst das, du brauchst am Anfang nur ein bisschen zuhören und kommst da rein. Und wenn du Schwierigkeiten hast, dann suche dir Hilfe und du wirst sehen, dass du es schaffst.

Vielen Dank für das Gespräch!