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Heidi Felderer, Obfrau Zentrum TAU: „Jeder kann und soll mit seiner Kompetenz weiterkommen.“

Heidi Felderer, eine Unternehmerin aus der Baubranche, ist seit rund vier Jahren die Obfrau der Sozialgenossenschaft Zentrum TAU. Wie es zu ihrem Engagement für eine Sozialgenossenschaft kam, erklärt sie im Interview.

Raiffeisen Nachrichten: Wie kommt es, dass Sie als Bauunternehmerin zur Obfrau einer Sozialgenossenschaft geworden sind?

Heidi Felderer: Die Sozialgenossenschaft Zentrum Tau war und ist bei mir im Betrieb (Anmerkung: Gewerbegebiet Pillhof) eingemietet. Mit der Zeit hat sich eine Freundschaft mit dem vorherigen Obmann und Gründer Georg Reider entwickelt. Bevor er aus privaten Gründen weggezogen ist, fragte er mich in einem persönlichen Gespräch, was er mit der Sozialgenossenschaft tun solle. Sie hätte sich bewährt und sei so wertvoll. Es bräuchte jemand, der die Führung übernimmt, jemand der nicht so weit weg ist. Auch mir war die Sozialgenossenschaft inzwischen ans Herz gewachsen, und es hätte mir leidgetan, alles mit seinem Wegziehen sterben zu lassen. Und daher habe ich gesagt, ich mache es, wenn er mir im Hintergrund noch beiseite steht. Denn Sozialbereich war bis dahin nicht mein Bereich, den ich gelernt habe.

Was ist Ihnen als Obfrau des Zentrum Taus wichtig?

Als die Genossenschaft nur Mieterin war, merkte ich, wie wichtig solche kleine, familiäre Strukturen sind. Ich habe gesehen, dass die Arbeit des Zentrums tiefgründig ist und vielen Menschen weiterhilft, v.a. in unserer schnellen Welt. Dieses Zentrum mitten in der Gewerbezone mit den vielen Arbeitsplätzen hat mir sehr gefallen. Und daher wollte ich schauen, dass es am Leben bleibt. Das Zentrum Tau passt genau hierher. Wir alle brauchen es, hereinkommen und einmal durchschnaufen.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Engagement?

Ich arbeite ehrenamtlich und investiere eigentlich nicht so viel Zeit. Das geht, weil ich großartige Mitarbeiterinnen habe, welche die Genossenschaft selbständig führen. Zwischendurch bin ich immer da mit Rat und Tat, daran liegt mir persönlich viel. Das Engagement gibt mir persönlich viel: es bringt mich immer wieder auf den Boden zurück. Mir tut es gut, wenn ich die Räume hier betrete und spüre, dass man auch im Alltag einfach mal fünf Minuten zur Ruhe kommen kann und muss. Es gibt viele verschiedene Angebote für Bewegung, Gesundheit, Kommunikation oder Persönlichkeitsentwicklung. Hier kann man eine Stunde oder länger von seinem Alltag aussteigen. Daher nutze ich das Angebot ebenfalls.

Was war die bisher größte Herausforderungen Ihres Lebens?

Die größte Herausforderung für mich ist alles unter einen Hut zu bringen. Ich sitze mittlerweile auf sehr vielen verschiedenen Stühlen: ich bin Bauunternehmerin, habe drei Kinder, arbeite in verschiedenen Verwaltungsräten, bin Obfrau der Sozialgenossenschaft und sitze auch im Gemeindeausschuss der Gemeinde Eppan als Wirtschaftsreferentin. Die Herausforderung ist eigentlich jeden einzelnen Tag zu meistern und den verschiedenen Rollen gerecht zu werden.

Und wie gelingt Ihnen das?

Mit viel Konzentration, Fleiß und Arbeit an mir selbst. Ich nehme mir auch immer wieder Auszeiten. Und natürlich durch viel Hilfe: es gibt überall viele Helfer und Helferinnen, eine starke Familie und einen fleißigen Ehemann.

Wie gestalten Sie eine Auszeit?

Verschieden, wenn es die Zeit zulässt ein bisschen Sport in der Früh oder mal zwei bis drei Tage weg von allem, dann bin ich auch nicht erreichbar. Das muss auch Platz haben.

Wann empfinden Sie das Gefühl stark zu sein?

In der Organisation bin ich sicher stark, also ich kann sehr viel leisten, je mehr Druck, umso besser werde ich.

Sie behaupten sich in einer Männerdomäne, wie gelingt Ihnen das?

Mut, Hartnäckigkeit und eine gewisse Selbstsicherheit. Diese Eigenschaften haben mich hierhergebracht. Als drittes von drei Mädchen musste ich mich schon von klein auf behaupten. Ich bin im Familienbetrieb aufgewachsen. Und eine gewisse Selbstsicherheit ist sicher in die Wiege gelegt.

Wie stehen Sie zum Thema Frauenförderung?

Für mich ist das kein Thema, war es nie. Für mich ist klar, dass jeder mit seiner Kompetenz weiterkommt, kommen soll und kann. Für mich gibt es in der Arbeitswelt keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Im Betrieb und außerhalb gebe ich allen dieselbe Chance sich zu beweisen. Bewertet wird die Kompetenz und nichts anderes. So bin ich auch immer aufgetreten und daher habe ich mich bei meinem Start im Bauunternehmen auch nicht schwergetan. Ich war einfach da und machte um mich herum keinen Wirbel. Ich habe auch von Anfang an gleichberechtigt auf der Baustelle mit Männern mitgearbeitet. Für mich gibt es da keinen Unterschied.

Sie fördern also nicht bewusst Frauen?

Unbewusst schon, ich glaube, dass ich für viele Frauen ein Vorbild sein kann. Sich alles zutrauen und probieren, ohne Rücksicht auf Verluste, das lebe ich auch meinen Töchtern vor. Jedes Gremium, jeder Betrieb oder Verein, eigentlich alles, was wir haben, funktioniert gemischt besser. Wir Frauen müssen es uns nur selbst zutrauen, ich glaube das ist der springende Punkt. Man muss nicht separat gefördert werden, sondern einfach zupacken.

Viele Frauen sind mit Care-Arbeit beschäftigt und haben deshalb nicht die Zeit, sich in Gremien zu engagieren. Was könnte man in dieser Hinsicht ändern?

Das stimmt. Leider sind wir hier seit Jahren auf einem unveränderten Stand der Dinge. Care-Arbeit ist sehr aufwendig, nicht nur zeitlich, sondern auch mental. Ich habe größten Respekt vor allen, die diese Aufgaben in der Familie erfüllen. Aufbau von Netzwerken und Gemeinschaftsressourcen in denen Care-Arbeiterinnen Unterstützung und Austausch finden können, um Isolation zu vermeiden und den Zusammenhalt zu stärken, wäre hilfreich. Die politische Lobbyarbeit hat noch viel Luft nach oben, um die Anliegen und Bedürfnisse sichtbar zu machen.

Wie legen Sie Führung an?

In all meinen Strukturen, auch in meinem Betrieb, gibt es nur ganz flache Hierarchien. Das ist das Um und Auf, v.a. heute mit der neuen Generation. Da braucht es keine Hierarchien, sondern man muss auf den einzelnen Menschen eingehen. Wenn man als Unternehmen so klein ist wie wir, schafft man es leichter ganz persönliche Verbindungen aufzubauen, sonst hat man weder Mitarbeiterinnen im Bauunternehmen noch in der Sozialgenossenschaft. In den letzten Jahren haben wir beispielsweise zwei Konsortien gegründet zusammen mit anderen Betrieben. Auch da halten wir Hierarchien flach. Es funktioniert meiner Meinung nach am besten.

Wie definieren Sie Macht?

In einer Position zu sein, wo man selbst Entscheidungen treffen kann, finde ich schön. Ich bin aber nicht jemand, der jemand anderen spüren lässt, eine höhere Position zu haben, das mag ich gar nicht. Ich habe mir eine Position erarbeitet mit der „Macht“ selbst zu entscheiden, was mir gefällt und was ich tun oder nicht tun möchte. Ich muss nichts, das genieße ich am meisten.

Welche drei Eigenschaften beschreiben Sie als Person am besten?

Das sollte jemand anderer sagen. Aber sonst: Spontan, mutig und freiheitsliebend.

Was macht sie privat und beruflich glücklich?

Am aller glücklichsten machen mich meine drei gesunden Kinder. Dafür danke ich jeden Tag. Ansonsten bin ich genau dort, wo ich sein möchte im Moment. Schauen wir mal was da noch kommt (lacht).

Vielen Dank für das Gespräch!