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Veronika Mahlknecht Stampfer: „Es ist wichtig mitzureden und Dinge voranzubringen.“

Veronika Mahlknecht Stampfer - 2014 zur Bäuerin des Jahres gekürt und seit 2019 Bezirksbäuerin von Bozen - liebt neue Herausforderungen. Das ist auch der Grund, warum sie sich im Führungsgremium einer Genossenschaft engagiert.“

Raiffeisen Nachrichten: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich als Verwaltungsrätin im Verband der Südtiroler Kleintierzüchter engagieren?

Veronika Mahlknecht Stampfer: Ich bin seit 2020, inzwischen in der zweiten Legislaturperiode, im Gremium, und als ich mich aufstellen ließ, war sonst niemand da, der sich für den Verwaltungsrat gemeldet hat – auch kein Mann. Da es keinen Vertreter für den Bereich „Schweine“ im Verwaltungsrat der Südtiroler Kleintierzüchter gab, habe ich mich gemeldet, weil es wichtig ist, mitzureden und Dinge voranzubringen – wie aktuell den Schlachthof in Bozen. Da muss dringend etwas getan werden, denn die Struktur entspricht nicht mehr den modernen Anforderungen. Das gilt natürlich auch für die Schlachtung von Schafen, Ziegen oder Rindern und nicht nur für die Schweine, die wir züchten. Diese kommen mit etwa drei Monaten zu uns und bleiben rund sechs Monate, bis sie mindestens 150 Kilogramm wiegen. Wir sind einer der wenigen Betriebe in Südtirol, die Schweine für das Südtiroler Bauernspeckprogramm mästen und sie auch selbst verarbeiten.

Wie würden Sie die Arbeit als Verwaltungsrätin beschreiben?

Ich bringe mich ein, aber immer geht nicht alles durch, das ist auch gut. Man muss sich abstimmen. Im Gremium findet man gemeinsam zu Entscheidungen, das dauert oft zwar länger, ist aber mit allen abgestimmt.

Wie fühlen Sie sich als Frau im Gremium?

Das war für mich nie ein Thema. Ob Frau oder Mann, ich habe mich immer schon gerne engagiert und eingebracht. Teilzuhaben, mitzureden und mitzugestalten, das war mir immer schon wichtig. Das ist auch der Grund, warum ich bei den Bäuerinnen mitarbeite und Bezirksbäuerin von Bozen geworden bin. Man lernt viele Menschen und Bereiche kennen und baut sich ein gut funktionierendes Netzwerk auf. Das ist besonders für Frauen wichtig.

Hatten Sie jemals das Gefühl, dass das Frausein sie an Ihrem Weiterkommen und Engagements gehindert hat?

Nein, das war nie ein Thema. Auch wenn mein Vater noch sehr traditionelle Vorstellungen hatte. Ich war die Älteste und hätte gerne den elterlichen Hof übernommen. Doch das stand nie zur Diskussion, weil ich ja eine „Gitsch“ war und aus Sicht meines Vaters somit ungeeignet. Ansonsten muss ich sagen, konnte ich immer schon viel umsetzen und mein Leben frei gestalten. Auch meine Mutter ist noch heute mit 82 Jahren eine offene und freie Frau. Wir Frauen können alles genauso gut schaffen wie Männer - bis auf wenige körperlich schwerere Arbeiten vielleicht.

Was fällt Ihnen leicht oder gelingt Ihnen gut?

Ich liebe Herausforderungen, daran wachse ich. Geht nicht, gibt es nicht…

Wenn ich Dinge übernehme, mache ich sie ordentlich, daher kann man sich auf mich hundertprozentig verlassen. Ansonsten organisiere und gestalte ich gerne. Dies bestätigen auch meine Kinder (lacht).

Welches war Ihre bisher größte Herausforderung im Leben?

Da fällt mir nichts dazu ein. Immer wenn Neue Dinge anfallen, erledige ich das. Ich habe bisher immer einen Weg oder eine Lösung gefunden. Hier kommt mir zugute, dass ich sehr flexibel bin. Und mich auch an Veränderungen schnell und gut anpassen kann.

Wie ist es Ihnen gelungen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen?

Das war nie ein Thema für mich, obwohl wir hier nicht mit mehreren Generationen auf einem Hof leben. Mein Mann und ich haben den Bauernhof neu errichtet und unsere drei Kinder sind hier aufgewachsen. Es war eine bewusste Entscheidung in Absprache mit meinem Mann, dass ich zu Hause bleibe und den Bauernhof übernehme und auf die Kinder aufpasse. Inzwischen sind sie schon groß. Und klar gab es immer auch Entscheidungen, die ich alleine treffen musste. Aber genau daran bin ich gewachsen. Mein Mann ist Geschäftsführer in Völs, also arbeitet er tagsüber, und da konnte ich ihn auch nicht immer anrufen.

Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Optimistisch, verlässlich, engagiert.

Wo finden Sie Ausgleich zu Ihrer Arbeit?

In der Natur und auch bei den Tieren im Stall. Mir gefällt die Arbeit sehr. Im Moment haben wir 25 Schweine und rund zehn Kälber. Wenn ich bei den Tieren bin, kann ich am besten abschalten. Ansonsten genieße ich meine Freiheit auf dem Hof. Ich empfinde es wirklich als großes Glück hier leben zu dürfen. Ich kann mir die Arbeit selbst einteilen, kann mich in den verschiedenen Vereinen einbringen und wenn ich möchte, und wenn ich möchte, gehe ich auch einfach mal auf den Berg. Diese Freiheit hat man nicht, wenn man angestellt ist.

Was bedeutet Führung für Sie?

Führung ist immer ein sich abstimmen und gemeinsam Entscheidungen treffen. Es ist ein Miteinander. Ich sehe Führung so und nicht, dass einer sagt bestimmt und was zu tun ist und die anderen führen aus. Klar muss man oft einfach Entscheidungen treffen.

Wann empfinden Sie das Gefühl stark zu sein?

Immer schon fühle ich mich stark, so wie ich bin, ist es gut und ich möchte eigentlich nichts ändern. Ich bin insgesamt ein sehr positiver Mensch, und das macht mich stark.

Gibt es Menschen, die Sie inspirieren?

Hm, nein, eigentlich nicht… vielleicht mein Mann. Denn wenn es manchmal Dinge gibt, bei denen ich anstehe, kann ich gut mit meinem Mann reden, und er bringt oft andere Gedanken und Perspektiven ein, so dass ich Dinge anders sehen kann.

Was möchten Sie Frauen sagen, die sich überlegen, in einem Gremium mitzuwirken?

Jede Frau sollte es ausprobieren, denn es kann nichts schief gehen. Sicher kann man nicht nur in einem Gremium sitzen, da braucht es auch Vorbereitung und Einsatz. Aber wenn man sich eingearbeitet hat, kann man mitreden und gestalten. Und das motiviert dann wieder weiter.

Haben Sie zum Abschluss noch einen Wunsch?

Dass alles so bleibt wie es ist. Also dass es uns allen und vor allem unseren Kindern und ihren Familien gut geht. Und dass auch die kommende Generation Freude mit der Landwirtschaft hat.

Vielen Dank für das Gespräch!